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 Betreff des Beitrags: Jakob Lorber
BeitragVerfasst: Sa 11. Jul 2020, 23:34 
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'Die Haushaltung Gottes', Band 2

01] Und der Abedam fragte sie: »So höret denn: Ich habe mit großem Wohlgefallen die Entäußerung eurer Herzen vernommen; also seid ihr alle wahrlich am allerbesten daran, - aber also, wie Ich jetzt unter euch bin, ihr wisset, kann Ich eures freien Lebens wegen nicht verbleiben und muß euch als sichtbarer Vater bald wieder verlassen!

02] Wie dann, so Ich nicht mehr unter euch fußwandeln werde, und ihr bedürft höherer Kräfte und Mächte? Wer wird da wirkend unter euch in Meinem Namen auftreten?

03] Wer wird euch da sogleich beschützen vor jeglichem Übel; und wer wird alsobald abwenden alle grauslichargen Nachstellungen der Welt von euren Herzen, so da niemandem von euch allen innewohnen möchte eine höhere Kraft und Macht als ein teurer Nachlaß von Mir an euch alle, als ein mächtiger Schutz gegen alle Nachstellungen und Versuchungen der Schlange?

04] Bedenket euch, und antwortet Mir! Amen.«

05] Und alle die also prüfend Gefragten antworteten einstimmig: »O Emanuel, Deine Worte sind mehr denn nur die allerreinste Wahrheit allein; o Abba, sie sind Liebe!

06] Daher, wenn unsere fleischlichen Augen auch nicht mehr Dich, o heiliger Vater, Selbst zu sehen werden von Dir die unaussprechliche Gnade haben, wie wir sie jetzt allerunwürdigstermaßen haben, so wirst Du, o Abba, aber ja doch Deine Liebe nicht von uns mit Deiner zurückgekehrten heiligen Sichtbarkeit nehmen, sondern uns verlassenen Kindern gestatten, unsere Herzen an Deiner unendliche und über alles heiligen Vaterliebe zu wärmen und neu zu beleben.

07] O Abba! Dieses allein bitten wir von Dir, daß Du uns allen ewig Vater verbleiben möchtest und uns mit Deiner segnenden Hand nie verlassen möchtest, - so haben wir alle der Kraft und Macht genug, allen Versuchungen zu widerstehen und alle Gefahren der Welt anzukämpfen und völlig zu besiegen!

08] Dein heiliger Wille geschehe jetzt, wie allzeit und ewig! Amen.

09] Und der Abedam rief mit starker, bewegter Stimme aus: »Wahrlich, wahrlich, sage Ich euch, so ihr Meine Liebe habt, da habt ihr alles, - ja mehr, als es alle Himmel der Himmel ewig je erfassen möchten!

10] Ihr habt euch den höchsten Lohn auserkoren, welcher euch ewig bleiben wird, und niemand wird ihn euch nehmen!

11] Wahrlich, wer in Meiner Liebe treu verbleiben wird, von dem wird der Tod fliehen und weichen wie der Schnee vor den heißen Strahlen der Mittagssonne des Sommers!

12] Und so denn bleibe Ich in der Liebe bei euch jetzt, wie in alle Ewigkeiten der Ewigkeiten! Amen.«



002. Kapitel: Größte Sorge der Urväter: Werben um Liebe und Gnade des göttlichen Vaters.
01] Und alle waren außer sich vor Freuden und dankten in ihren Herzen inbrünstigst dem Abedam für solche Verheißung, die da wahrlich ist eine Verheißung aller Verheißungen, da in ihr das nur allein wahre Leben und also auch alle lebendige Kraft und Macht zur Bezwingung und Besiegung aller Dinge wohnt.

02] Da solches diese Urväter wohl wußten, darum bewarben sie sich auch alle auf das emsigste und allein sorgsamste darum, ja, das alleinige Bewerben um Meine Liebe und ihr verbundene Gnade war ihre alleinige Sorge, und das lebendige Streben darnach die einzige Schule und Selbstaufgabe ihres irdischen Lebens, - darum aber auch schon ihre Kinder in einem Alter von sechs bis zehn Jahren weiser und unvergleichbar verständiger waren denn jetzt in dieser nota bene allerfinstersten, wahrhaft allerscheußlichsten Zeit aller Zeiten die allergrößten Gelehrten, die nun nicht viel mehr wissen, als damals die Kinderchen an den Brüsten der Mütter wußten.

03] Denn diese Muttermilch enthielt damals, selbst materiell genommen, nicht selten mehr, denn jetzt in dieser sogenannten aufgeklärten Zeit die größten von Staub und Motten zernagten Bibliotheken der Gelehrten.

04] Was aber enthält jetzt die Muttermilch? - Ich mag es nicht aussprechen! - Oh, was war das Weib damals, und was ist es jetzt!

05] Ich sage euch, unter sieben Tausenden gibt es kaum eine, die da nicht durch ihre überverteufelte Putz- und Gefallsucht nicht selten in einer Sekunde - wohlverstanden in einer Sekunde! - bei hundert Todsünden begeht!

06] Denn wie sehen jetzt ihre verfluchten Kleider aus, besonders an den öffentlichen Orten?

07] Ich mag sie nicht näher bestimmen; nur so viel sage Ich euch, daß zu Hanoch selbst in den letzten allerverworfensten Zeiten die offenbarsten Tageshuren viel züchtiger und ehrsamer sich kleideten und die Hauptschamteile ihres Leibes bei weitem mehr verborgen hielten denn jetzt ein Frauenzimmer von der züchtigsten Art!

08] Hatte damals eine solche Tageshure eine Sache mit einem Manne, so war sie selbst in diesem sich ganz hingebenden Momente also verschleiert und bedeckt, daß der lüsterne Mann von ihr lediglich nichts zu sehen bekam denn allein, darum er zu ihr kam.

09] Aber jetzt fängt schon ein zehnjähriges Kind von einem Frauenzimmer an, ihre hervorstechenden Reize zu erkennen, besieht sich zu wiederholten Malen in einem verteufelten Spiegel, - und wird sie dann erwachsener und erwachsener und gewahrt an sich einen nur einigermaßen üppigen Leib, da möchte sie sich aber auch schon beinahe ganz halbnackt tragen, wenn es nur halbwegs Mode wäre und die Stadtwachen solches duldeten!

10] Doch, was sie sich offenbar zu tun nicht getraut, das tut sie doch vollkommen in ihrem Herzen und studiert und sinnt nur darauf, alle Männer zu verbrennen und zu vergeilen.

11] Wahrlich, wahrlich; sage Ich, eine Frauensperson in der Zeit ist ärger denn ein Hunderttausend der ärgsten Teufel aus der untersten Hölle! Die fliehen doch vor Meinem Namen; eine solche Weibsfigur aber lacht nur über Mich und Meinen Namen und beugt sich nicht im allergeringsten vor Mir, und also auch noch viel weniger vor Meinem Namen, vor dem sich doch alle Himmel, alle Welten und alle Höllen vor Ehrfurcht beugen müssen!

12] Wahrlich, wahrlich, sage Ich euch - wie Ich es vielen in der Zeit schon gesagt habe, entweder offenbar durch wohlvernehmliche Worte oder durch ein heimliches Gefühl im Herzen -, es wäre den Frauenzimmern dieser Zeit unaussprechlich viel besser, so da wäre jede von zehn Millionen Teufeln besessen! Da wäre sie doch noch davon zu befreien; denn für alle diese zehn Millionen Teufel langte die Kraft Meines Namens hinreichend aus, sie alle auszutreiben.

13] Rufe aber auch Meinen Namen zehn Jahre lang über eine jetztzeitige Putzfigur aus, und sie wird von ihrer grenzenlosen Schamlosigkeit und Putz-, Hoffart-, Gefall- und Fang- und Verlocksucht auch nicht einen Faden fahrenlassen!

14] Meinst du, derlei Geschöpfe werden dereinst in die Hölle kommen, etwa in die unterste? Da irrst du dich! So arg und böse und überschrecklich es da auch immer aussehen mag und wirklich aussieht und ist, so wäre aber dieser Ort doch noch viel zu gut für derlei Wesen; denn alle Satane und Teufel allda fliehen doch vor Meinem Namen, müssen sich auf den Boden werfen sogar schon vor jeglichem dahin gesandten Strafengel. Tun solches auch diese Weltfiguren?!

15] Daher ist für sie auch schon gehörig gesorgt auf eine selbst für die höchsten Engel unerhörte Weise!

16] Wenn sie dieses ihr scheußliches Erdenleben gar bald elendst genug beenden werden müssen und sich nicht vom Grunde aus bessern werden und werden Mir Früchte der wahren innersten Buße bringen, wahrlich, wahrlich, wahrlich, diese Brut soll dereinst die ganze unendliche Fülle Meines Zornes ewig, ewig, ewig auf das allerfühlbarste empfinden!

17] O du, Meine reine Ghemela, siehe, welch ein endloser Unterschied da nur waltet zwischen dir und den Weibern und Mägden dieser Zeit! Welch eine Kluft, - die zwei Unendlichkeiten scheidet.

18] Du, o Ghemela, ruhst auf Meinem Herzen; diese aber haben sich so weit, Mich verachtend, von Mir entfernt, daß sie Meine sonst endlos weit langende Hand doch nimmerdar zu erreichen vermag. Siehe, sie sind in eine zweite Unendlichkeit von Mir abgewichen, ja, in die Unendlichkeit Meines allerbittersten Zornes sind sie gewichen!

19] Doch nichts mehr davon, sonst könnte Ich vor der Zeit ergrimmen!

20] Daher gehen wir wieder in unsere schöne Urzeit zurück!

21] Und da der hohe Abedam ihre tief dankbarsten Herzen ansah, da erregte Er Sich abermals und sagte laut zu allen:

22] »Wahrlich, sage Ich euch, die ihr seid von nun an Meine auserwählten Kinder, - Ich werde euch nie verlassen!

23] Solange ihr eure Herzen werdet zu Mir gekehrt haben, da werde Ich sein mit Meiner Liebe segnend bei euch allen und jeglichem besonders nach dem Maße seiner Liebe zu Mir und daraus zu seinem Bruder; und die flammenden Herzens sollen Mich sogar nicht selten zu Gesichte bekommen, besonders wenn sie ihre Herzen vom Anbeginne ihres Seins rein erhalten haben und sich nicht so leicht haben von der Welt berennen lassen!

24] Behaltet in euren Herzen diese Verheißung; denn also sollt ihr sein und bleiben in aller Kraft, Macht und unbesiegbaren Stärke aus dieser Verheißung heraus, darum euch alle Naturwelt untertan sein soll.

25] Wenn ihr aber von der Verheißung in euren Herzen abweichen werdet, so werdet ihr nach dem Verhältnisse eurer Abweichung auch eure Stärke nach und nach verlieren, und Ich werde euch dann stets fremder und fremder werden, und Meine Ohren werden eurem Munde verschlossen werden!

26] Beachtet dieses wohl, und bedenket es tief in euren Herzen, wer Der ist, der dieses jetzt zu euch geredet hat! Amen.«


3. Kapitel: Zusammenführung von Lamech und Ghemela durch Gott.
01] Nach dieser Rede aber berief der hohe Abedam den Lamech zu Sich und stellte ihn der Ghemela vor und fragte sie:

02] »Meine geliebteste Ghemela, siehe diesen Mann an; sein Name ist Lamech, der da ist dir gleich voll der lebendig flammenden Liebe zu Mir. Siehe, diesen Mann will Ich dir geben; denn Ich weiß, er wird dich eher nicht anrühren, als bis Ich ihn zu dir führen werde.

03] Daher hast du nichts zu fürchten; denn also rein du bist in deinem Herzen und bist voll Keuschheit, siehe, desgleichen ist es auch er! Wie du nach ihm kein Verlangen in deinem Herzen trägst, sondern allein nach Mir, also ist auch er beschaffen; wie du vor ihm fliehen möchtest, siehe, desgleichen möchte auch er!

04] Siehe, er ist in allem dir völlig ähnlich; wie du so hat auch er an Meiner Brust der heißesten Liebe Tränen geweint!

05] Und siehe, so jung er auch noch ist, so ist er aber doch voll der höchsten Weisheit, deren nur je ein freier Mensch fähig ist, und besitzt eine große Macht und Stärke nun, die ihm geworden ist aus seiner ebenso mächtigen Liebe zu Mir!

06] So du dich aber von seiner wahren Liebeweisheit aus Mir in ihm überzeugen magst, so gestatte Ich dir, ihm was immer für eine Frage zu geben, darauf er dir dann antworten mag aus seinem eigenen Herzen.

07] Und also frage du ihn, als so du Mich fragen möchtest!«

08] Die Ghemela aber scheute sich sehr vor dem Lamech und getraute sich ihn nicht anzusehen und sagte zum Abedam:

09] Du mein allergeliebtester Jehova, siehe, ich kann nichts herausbringen; denn ich fürchte mich ganz gewaltig vor ihm!

10] Wenn ich Dir gehorchen soll, da befreie Du, mein allein geliebtester Jehova, mein Herz von dieser großen Angst!

11] Ich, Deine Dich allein liebende Ghemela, bitte Dich darum; aber nur so du es willst!«

12] Und der Abedam rührte sie an und sprach zu ihr: »Ghemela, du Reine, dir geschehe nach deiner Liebe zu Mir! Amen.«

13] Und alsbald durchströmte die Brust der Ghemela ein sanftes Wehen sie ward von ihrer Angst befreit, richtete sich auf bekam Mut und fragte sogleich den Lamech:

14] »Lamech! Könntest du mich, eine arme Magd vor deiner Urstammgröße, neben deiner Liebe zu Jehova wohl auch noch lieben?

15] Wäre dir solches möglich? Denn siehe, ich mag nichts denn nur meinen Jehova lieben - und von Ihm aus erst dann alles andere, insoweit es Seine Liebe und Erbarmung in sich birgt und trägt und mir dienen kann zu einem Wegweiser zu Ihm! - Möchtest du mir nun antworten auf diese meine Herzensfrage?

16] Und der Lamech fiel hin auf die Brust des Abedam und sagte weinend: O Du mein allerheiligster, von mir ȟber alles geliebtester Abba Emanuel Abedam!

17] Vergib mir; siehe, mein Herz ist von der Liebe zu Dir so heiß erfüllt, daß es keiner anderen Liebe mehr fähig ist denn allein der süßesten, reinsten, heiligen Liebe zu Dir!

18] O Du mein heiliger, guter, liebevollster Vater, solches weißt Du ja; habe ich denn gesündigt vor Dir, darum Du mich jetzt strafen willst?

19] Wer auch diese Ghemela sein mag, siehe, ich habe ja nie nach ihr verlangt, wie nach keinem Wesen ihres Geschlechtes! Mein Herz war ja allzeit nur nach Dir gerichtet; solches weiß ja jeder meiner Väter vom Seth abwärts bis zu meinem Leibesvater Mathusalah!

20] O Abba Emanuel! Sei mir barmherzig und gnädig, so ich etwa, mir unbewußterrmaßen, vor Deinen allsehendsten, allerheiligsten Augen einen Fehltritt gemacht habe, und erlasse mir diese mir so schrecklich groß scheinende, ja in aller Wahrheit übergroß vorkommende Strafe, - und gestatte mir, zu schweigen auf die Frage, obschon sie ist voll des reinsten Verlangens, aber dennoch kam aus einem Munde, einen solchen ich noch nie erkannt habe! O Abba, Emanuel, Abedam! Dein heiliger Wille! Amen.«

21] Und der Abedam aber griff dem Lamech unter den Arm und hob ihn ein wenig von der Erde empor, stellte ihn dann wieder sanft auf den Boden und sagte darauf zu ihm:

22] »Höre, Lamech, du bist ein eigener Mensch; deine Liebe zu Mir ist größer denn dein Vertrauen! Du liebst Mich aus allen deinen Kräften, - ja, mit aller dir ertragbar möglichen Glut deines Herzens liebst du Mich; aber was dein Vertrauen betrifft, so steht dieses in gar keinem Verhältnisse mit deiner so glühenden Liebe.

23] Wie kann es dir aber bei Meiner Liebe gegen dich und bei deiner Liebe gegen Mich auch nur selbst um die mitte Nacht beifallen, Ich möchte oder könnte dir, da Ich dir aus dem Himmel einen Lohn in aller Reinheit bestimmte, eine Strafe bescheiden?!

24] Könntest du solches gegen einen weltfremden Menschen, der dich über alles lieben würde, verhängen?

25] Wie magst du denn so etwas dir von Mir beifallen lassen? Und das aus purer Schwäche deines fest sein sollenden Vertrauens zu Mir?

26] Siehe, was sich Mir nähern kann wie diese Ghemela, eine allerreinste Tochter des Zuriel, und daher sicher Meiner Liebe völlig würdig ist, - was Ich auf Meinen Händen getragen habe, -wie sollte dir so etwas je zu einer Strafe gereichen?!

27] Daher aber sagte Ich dir jetzt dieses, auf daß du dir solches wohl zu Gemüte führen solltest und sollest wohl bedenken, welchen Wert eine Gabe hat, die du aus Meiner Hand empfängst!

28] Siehe, sie hat außer ihrem Vater noch nie einen Mann in ihrem Herzen erkannt - darum sie eine große Angst ergriff bei der Nennung deines Namens schon, geschweige erst beim Anblicke deiner Person!

29] Ich forderte sie auf, dich um etwas zu befragen, da bebte sie vor großer Scheu vor dir am ganzen Leibe; allein sie gedachte bei ihrer großen Furcht, daß sie Mir Gehorsam schuldig ist, darum sie Mich um Stärkung bat, um Mir gehorchen zu können.

30] Hast du denn solches an ihr nicht bemerkt?! Wie kannst denn du hernach Meinen Willen, durch sie an dich gerichtet, für eine Strafe halten?!

31] Kennete Ich dich nicht in deiner Reinheit und größten Liebe zu Mir, so wärest du jetzt dieses Lohnes verlustig geworden! Allein für dich spricht die reine Flamme deines Herzens; daher hast du keine Schuld vor Mir, sondern allein eine kleine vor der reinsten Ghemela.

32] Gib ihr darum, was sie, durch Meinen Willen getrieben, von dir verlangte, damit du auch diese Schuld tilgest! Amen.«

33] Und der Lamech erkannte seinen Irrtum, bat die zitternde Ghemela um Vergebung und gab ihr dann eine wahrhaft Meiner würdige Versicherung seiner reinen Liebe zu ihr, darob er, sie und alle Umstehenden zu den freudigsten Tränen gerührt wurden.

34] Und also wurde sie sein alleiniges geliebtes Weib; es blieben aber beide keusch bis in die späteste Zeit, da der Lamech hundertzweiundachtzig Jahre alt wurde und sodann erst auf Mein Geheiß den Noha zeugte.

35] Seht, das war eine Ehe, wahrhaft im Himmel geschlossen! Also sollen alle Ehen geschlossen sein - und werden!

4. Kapitel: Der Gott wohlgefälligste Dank: die wortlose Liebe in der tiefsten Demut des Herzens. Lamech und Ghemela, das reinste Ehepaar der Urzeit.
01] Du (d.i. Jakob Lorber) wünschest des Lamech Rede an die Ghemela zu vernehmen; so mag sie hier ja auch folgen.

02] Also aber lautete die Abbitte und die Liebeversicherung von Seite des Lamech an die Ghemela, nachdem er zuvor noch Mir tiefst im Herzen für die Ermahnung dankte, wie da nun folgt:

03] »O Abba Abedam! Du siehst und sahest ja schon von Ewigkeit her mein Herz, - daß es schon von der frühesten Kindheit sich mit nichts als nur mit Dir beschäftigte, von nichts als nur von Dir und Deinen endlosen Wunderwerken nicht selten sogar manchmal zum Überdrusse der Väter unermüdet gerne plauderte, - ja daß ich selbst oft aus allen meinen Stimm- und Leibeskräften in meiner übergroßen Freude, so ich nur den Namen Jehova nennen hörte, sang und sprang.

04] Solches hast Du, o Abba Abedam, allzeit an mir gesehen, und all die Väter waren nicht selten zeitweise Zeugen meines lauten Frohsinns in Deinem Namen.

05] Siehe, weil ich nie etwas anderes denn allein nur Dich in meinem Herzen liebend erfaßt habe, darum auch kam es mir nun ganz entsetzlich vor, meine Liebe zu Dir teilen zu müssen denn ich wußte nicht, wie innigst die Liebe der Ghemela mit Deinem Herzen verbunden ist! Allein Dir, o Abba, alle Liebe, allen Preis, alles Lob, allen Dank, daß Du mir nun erleuchtet hast mein Herz, - darum ich jetzt ersehe, daß durch den Besitz Ghemelas meine Liebe zu Dir nicht nur nicht geteilt, sondern nur mit ihrer Liebe um vieles verstärkt und vermehrt wird!

06] Du hast ihr ein ewiges Zeugnis gegeben, wie rein sie ist, und wie völlig Deiner Liebe würdig.

07] Ja, ich erkenne nun, wie sie Dich erwählt hat zum alleinigen Gegenstande ihrer reinsten und heißesten Liebe so hast auch Du sie Dir erwählt für Dein der allerunendlichst höchsten Liebe vollstes, über alles heiligstes Vaterherz!

08] Ja, ich erkenne nun auch, daß Du mich allergnädigst ausersehen hast, dieses herrliche Kleinod Deiner Liebe mir anzuvertrauen, auf daß ich es mit Deiner Liebe und Gnade in mir Dir getreu beschützen und so rein, wie es jetzt, Dir wohlgefällig, ist, fortwährend erhalten solle!

09] Siehe, o Abba Abedam, solches erkenne ich nun durch Deine heilige Vaterliebe und durch Deine Gnade; es ist alles herrlich und recht! Aber nun kommt eine andere Frage, welche da ist eine Frage von der höchsten Wichtigkeit für mich, und diese Frage lautet:

10] O du allerliebevollster, heiliger, guter Vater! Wie aber soll ich Dir danken für solche Gnade, Liebe und Erbarmung, daß Du mich Nichts - vor Dir - gewürdigt hast eines solchen heiligen Amtes, da ich beschützen und bewahren soll diejenige, die Du auf Deinen heiligen Händen getragen hast und hast sie gesegnet für Dich und hast ihr Herz erfüllt mit Deiner Liebe?'

11] O Abba, sage mir doch gnädigst, was ich nun tun soll, um Dir für diese so endlose Gnade doch nur einigermaßen gebührendst danken zu können!«

12] Und der Abedam entgegnete ihm: »Höre du, Mein geliebter Lamech, so jemand die Größe Meiner Erbarmung und Gnade an sich und in sich lebendigst erkennet, daß er dann in seinem Herzen zu Mir für immer erbrennt, so zwar, daß er sich Dankes ohnmächtig fühlt ob der Größe Meiner Wohltat an ihm, und findet auch keine Worte, mit denen er das seines Dankes ausdrücken möchte, wovon sein ganzes Inneres in den höchsten und reinsten Flammen der Liebe seines Herzens zu Mir steht, - siehe, das ist der Mir wohlgefälligste Dank!

13] Denn, wer noch mit Worten Mir danken und Mich loben und preisen kann, der hat die Größe Meiner Wohltat, die Ich ihm angedeihen ließ, noch nicht in ihrer endlosen Größe zu beachten angefangen, und hat auch Mich, den großen, heiligen Geber, noch nicht erkannt, darum er dann auch die innerste Tiefe der wahren Demut in sich noch nicht ergriffen hat und seine Zunge auf weltliche Weise in Bewegung zu setzen vermag!

14] Siehe, an einem solchen Zungendanke habe Ich kein Wohlgefallen, und wenn er selbst aus den Worten der allerhöchsten Engel bestünde!

15] Wie es aber mit dem Wortdanke sich verhält, so verhält es sich auch mit dem Tatdanke. Wer da dächte, er könne sich durch seine Handlungen Mir dankbar bezeigen, so sie entsprechen möchten völlig Meinem Willen, siehe, der auch ist in einer großen Irre; denn was kann jemand denn tun, daß Ich seines Dienstes benötigte, als könnte Ich solches ohne ihn nicht zuwege bringen?!

16] Wer da Meinen Willen mag vollziehen, durch wen mag er denn solches?

17] Ist es nicht Meine Kraft in ihm, die solches ihn vollbringen macht, da für er Mir ja doch wieder nur den höchsten Dank schuldig ist!

18] Wie möchte aber jemand Mir damit danken, dafür er Mir nur den Dank alles Dankes schuldet?!

19] Wer mir alsonach aber allein gültig und wohlgefällig danken will, der danke Mir durch die Liebe wortlos in der tiefsten Demut seines Herzens, und Ich werde seinen Dank ansehen und ihn also annehmen, als wäre er etwas vor Mir!

20] Und siehe, du Mein geliebter Lamech, also ist auch dein Dank ein rechter Dank, da du nicht weißt, wo du anfangen und wo du enden sollst, da dich die Erkenntnis der Größe Meiner Liebe und Erbarmung zu dir verschlungen hat und du nichts mehr und weiter kannst als Mich nur über alles lieben!

21] Damit du aber vollkommen versichert bist Meines Wohlgefallens, so wende dich nun zu der Ghemela, und gib ihr die verlangte Antwort! Amen.«

22] Und der Lamech trat alsbald hin zu der Ghemela und sagte zu ihr: »Ghemela, du reinste Geliebte Jehovas, du wirst mir ja wohl vergeben in deinem reinen, von heiliger Liebe erfüllten Herzen, darum ich aus eben dem Grunde mich gegen dich unartig benommen habe; denn siehe, da ich vor dir nie ein Wesen deiner Art angesehen habe und alle meine Sinne nur zu deinem und meinem Jehova gerichtet waren, so war es ja wohl auch natürlich, daß ich dich für ein paar Augenblicke übersehen mochte, da ich fürchtete, meine Liebe zwischen dir und Jehova teilen zu müssen, zu welcher unklugen Idee mich - glaube es mir - so ganz eigentlich deine Frage selbst verleitete. Allein, wie du es selbst sicher verständlich genug vernommen haben wirst, da mir hier mein, dein und unser aller allein geliebtester Abba Abedam Emanuel allergnädigst die Augen geöffnet hat und gezeigt hat Seine heilige Absicht und mir nun vollends klar geworden ist, daß ich meine Liebe zu Ihm allein nicht zu teilen nötig habe zwischen Ihm und dir, sondern daß ich dadurch meine Liebe zu Ihm nur erhöhen kann, und das stets mehr und mehr, und dazu noch vollends erkannt habe deine Reinheit - darum glaube ich auch fest, du wirst mir aus demselben heiligen Grunde meine Unart nachsehen, aus welchem Grunde ich mich gegen dich ein wenig versündigt habe!«

23] Und die Ghemela schob ein wenig ihr überreiches Goldhaar von ihrem Angesichte und sah den Lamech freundlichst an.

24] Als der Lamech nun ihr himmlisch schönes Antlitz gesehen hatte, da verlor er beinahe den Atem und wandte sich alsbald wieder an den Abedam und sagte in der tiefsten Rührung seines Herzens:

25]« Nein, nein, o Du heiliger Vater, - solch eines überhimmlischen Lohnes bin ich mitnichten würdig! Wahrlich, wahrlich, vor diesem überhimmlischen Engel bin ich ja nur ein finsterer, sündiger Wurm im Staube der Erde!

26] Nein, nein, Du heiliger Vater, jetzt erst erkenne ich meine vollste Unwürdigkeit! O wie gar nichts muß vor Dir meine Liebe zu Dir gegen die Liebe dieses reinsten Engels sein!

27] Wahrlich, es wäre mir leichter mit den offensten Augen schnurgerade in die Mittagssonne zu schauen, als nur drei Augenblicke lang das Antlitz dieses überhimmlisch reinen und unaussprechlich schönen Engels Deiner Liebe, o Du heiliger Vater, anzublicken!

28] Wenn Zuriel ihr Vater ist, wenn es überhaupt möglich ist, daß ein Mensch je Vater eines solchen Engels sein oder werden kann, so gib, o Du heiliger Vater, ihm sie wieder zurück, auf daß er sie fürder noch, wie bis jetzt, beschütze und getreulichst bewahre! Doch Dein heiliger Wille geschehe!«

29] Es fing aber der Zuriel an zu weinen und trat hin zum Lamech und sagte zu ihm: »O Lamech, warum schlägst du meine Tochter aus, da sie dir doch Jehova Selbst zuerkannt hat? - Sei nicht so hart, und siehe hin, wie sie weint!«

30] Der Abedam aber sagte zum Zuriel: »Zuriel, sei ruhig und kümmere dich nicht der Tränen Ghemelas, und denke dir: Was Ich zusammengefügt habe, wird keine weltliche Macht mehr trennen!

31] Siehe, der Larmech ist nicht hart, sondern nur zu weich ist er, - darum Ich ihn nun feste, auf daß er wird der Mann deiner, aber mehr noch - verstehe es! - Meiner Tochter!

32] Und du, Lamech, beuge dich zur Ghemela, reiche ihr deine rechte Hand, und erhebe sie dir zum Weibe, und stelle sie an deiner Liebe Seite vor Mir her, damit Ich euch segne für alle Zeiten der Zeiten! Amen.«

33] Und der Lamech ließ sich nun zu diesem Geschäfte nicht mehr zwei Gebote geben, sondern er gehorchte reinen Geistes, bückte sich zur Ghemela nieder und redete sie mit folgenden Worten an:

34] »O Ghemela, du meine schutzbefohlene Liebe Abba Emanuels, so lasse dich denn erheben von mir, der ich deiner völlig unwürdig bin, aber doch der heilige Vater mich deiner gewürdigt hat, - ja, lasse dich erheben zu meinem reinsten in Jehova geliebtesten Weibe! Amen.«

35] Und die Ghemela erhob sich behende und ging mit ihm vor Jehova hin; und Er segnete sie und befahl ihnen vorzugsweise, die Reinheit der Herzen beständig zu bewahren und zu behalten die Keuschheit ihr Leben lang. Und sie gelobten und wurden das reinste Ehepaar der Urzeit.

5. Kapitel: Die Einsegnung des jungen Paares durch die Urväter. Stiftung weiterer vier Ehen durch Gott.
01] Nach dieser Handlung aber berief der Abedam den Jared, Henoch und Mathusalah zu sich und sagte zu ihnen:

02] »Höret, eure freundschaftliche, brüderliche und väterliche Hütte ist hinreichend geräumig, um neben dem Lamech auch sein Weib zu beherbergen!

03] So lange ihr miteinander in Frieden und Eintracht untereinander unter einem Dache, Mich allein liebend, wohnen werdet, werde auch Ich Wohnung nehmen mitten unter euch; ob sichtbar oder unsichtbar, das sei eurer Liebe einerlei!

04] Ich werde Mich euch öfter zeigen und segnen euer Haus!

05] Und so nehmet denn das junge Ehepaar auf in Meinem Namen! Amen.

06] Und die drei fielen vor dem Abedam nieder und dankten in der allertiefsten Demut dem Abedam für diese hohe Gnade und übergroße Erbarmung.

07] Der Abedam aber hieß sie wieder aufstehen, um zu empfangen nach Sitte der Liebe von alters her das junge Ehepaar.

08] Und alsbald erhoben sie sich und nahmen das Ehepaar in ihre Mitte und segneten es. Und nachdem sie es gesegnet hatten, küßten sie zuerst die Ghemela und dann den Lamech auf die Stirne und gelobten, ihnen allzeit ihren väterlichen Segen im Namen des Herrn angedeihen zu lassen; nach dem aber führten sie das Ehepaar nach dem Willen Abedams auch hin zum Adam und zur Eva, damit der Adam den Lamech und die Eva aber die Ghemela segnete.

09] Es waren aber diese ersten Menschen der Erde also gerührt, daß sie kaum die Segensworte über die Lippen zu bringen vermochten, und die Eva sagte weinend zum Adam: »Siehe, du Haupt meines Lebens, dieses Paar sagt mir stillschweigend, wie wir uns vor dem Herrn hätten verhalten sollen!

10] Oh, da wäre unter unseren Füßen keine finstere Schlammtiefe entstanden!

11] O daß doch je der Fluch von der Erde wieder genommen werden könnte!

12] Und der Abedam sagte zur Eva: »Du hast einen gerechten Kummer; doch siehe, hier schon vor Deinen Augen ist von Mir der Grund gelegt zu derjenigen Quelle, aus welcher seiner Zeit ein lebendiges Wasser quellen wird über die ganze Erde und wird sie waschen vom alten Fluche.

13] Aus der Ghemela aber wird die reine Linie ihren Anfang nehmen, und wenn die Erde wird getauft werden mit dem lebendigen Wasser über und über, alsdann auch wird sie bald geläutert werden durch Lamechs Feuer aus den Himmeln, wodurch sie ganz gereinigt wird von ihrem Fluche und wird wieder werden zu einem Mir wohlgefälligen Sterne am Himmel, da ihr Licht weite Strahlen spenden wird durch all die ewigen Räume der Unendlichkeit!

14] Wie die Erde soll kein anderer Stern der Ewigkeit erzählen die höchsten Wunder Meiner Erbarmung!

15] Doch nirgends auch wehe der Schlange so sehr als auf diesem Schauplatze Meiner Erbarmungen!

16] Ich sage dir, Eva: Wo Ich Meine größten Erbarmungen ausgegossen habe, da auch soll Mein höchster Grimm ausgegossen werden!

17] Alle zahllosen Sterne sollen gerichtet werden nach ihrer Art von den Engeln; aber der Erde Schlangenbrut und Natterngezüchte werde Ich Selbst richten und werde ihr geben den verdienten Lohn im ewigen Feuer Meines allerhärtesten Grimmes und allerbittersten Zornes.

18] Wahrlich, wahrlich, in dem allerdichtesten Zornfeuer Meines Grimmes wird der Drache Kahins mit allen seinen Gefangenen seine große Bosheit ewig büßen müssen, und es wird da ihrer endlos großen Schmerzen ewig nimmer ein Ende sein; und des großes Angst-, Jammer- und Schmerzgeschrei wird von niemandem mehr gehört werden; sie werden in die vollste Vergessenheit übergehen, daß da von niemandem mehr je ihrer gedacht werden soll.

19] Ich aber werde ewig gegen sie Meine Ohren verstopfen, Meine Augen gänzlich abwenden von ihnen und sie gänzlich aus Meinem Herzen vertilgen.

20] Damit auch Ich ihrer gänzlich vergessen werde können, so sollen ihre Namen auch ganz aus Meiner Liebe Erinnerung verrtilgt werden und sollen allein aus Meinem höchsten lebendigen Feuerzorne ein ewig allerschrecklichstes Leben haben, das ohne Ende sein wird wie das Meiner Liebe und aller Meiner Kinder in der allerhöchsten Wonne und Überseligkeit!

21] Darum Eva, lebe Mir und sei unbekümmert! Du vermagst ja die Erde doch nicht zu reinigen mit all deiner Sorge; darum habe Ich dir jetzt dieses enthüllt, daß du ruhig sein sollest der Erde wegen.

22] Siehe, es wird bald kommen, daß der Sünde Flut ihre Wogen über die Berge selbst zusammenschlagen wird und wird sie treiben bis zu den Wolken; aber siehe, dieses Ehepaares Früchte werde Ich tragen auf Meinen Händen über alle die tötenden Wogen und werde ihnen dann zubereiten ein neues, reines und überfruchtbares Land! Darum freue dich dieser Meiner großen Verheißung in der Ruhe und Liebe deines Herzens; denn Ich habe ich verjüngt und gereinigt in dieser Ghemela! Verstehe es wohl in deinem Herzen! Amen.«

23] Darauf aber berief Er den Mathusalah zu sich und den Zuriel samt seinen anderen vier Töchtern und sprach:

24] »Mathusalah, siehe, du hast noch vier wohlgeratene Söhne, die Mir lieb sind und wert und teuer; siehe hier ihre Weiber!

25] Und du, Zuriel, siehe da hinter dem Lamech die vier Brüder, die Ich deinen Töchtern geben will!«

26] Und der Zuriel weinte vor Freude und sagte: »O Jehova, wie bin ich solcher Gnade von Dir würdig geworden?«

27] Und der Abedam entgegnete ihm: »Dieweil du tapfer gekämpft hast vor aller Welt und hast diese deine einzigen fünf Kinder Mir so rein wieder sehend gegeben, wie rein Ich sie dir als Blinde gegeben habe!

28] Doch sollen aber diese vier Paare nicht im Hause Jareds wohnen, sondern sie werden schon in gerechter Entfernung um die Hütte Jareds ihre neuen, reinen Wohnungen mit allem versehen antreffen, wo sie wohnen sollen in aller Reinheit ihrer Herzen und aller Keuschheit ihrer Gemüter; so werde Ich zur gerechten Zeit auch ihnen Kinder des Lichtes geben in gerechter Zahl!

29] Und nun kommet auch ihr vier neuen Paare zu Mir, damit Ich auch euch segne und euch annehme zu Meinen Kindern! Amen.«

30] Und die vier Paare fielen hin zu den Füßen Abedams und dankten Ihm in der Tiefe ihrer Herzen.

31] Er aber richtete sie auf und segnete sie und übergab sie endlich den Segnungen der Väter und sagte endlich zu dem vor übergroßen Freuden weinenden Zuriel:

32]« Zuriel, jetzt komme aber auch du her zu Mir und empfange für deine Treue den größten Lohn!

33] Siehe, jetzt mache Ich dich zu einem großen Engel und setze dich zu einem treuen Wächter und unsichtbaren Beschützer aller Meiner Kinder, und du wirst von nun an allzeit Mein Angesicht schauen und dich freuen in Meinem Lichte! Amen!«

34] Und er rührte den Zuriel an, und der Zuriel ward leuchtend mehr denn die Sonne und verschwand bald aus aller Angesichte.

6. Kapitel: Zuriel als Schutzgeist der Neuvermählten. Prüfung der Liebe des neuen Ehepaares.
01] Als aber alle, die da anwesend waren, sahen, was da geschehen war, ergriff sie eine große Angst, und sie fürchteten sich sehr ob dieser Tat, und keiner getraute sich, den hohen Abedam um etwas zu fragen. Allein die Ghemela sammelte sich nach kurzer Zeit und ging hin zum Abedam, fiel vor Ihm nieder und bat Ihn in der Tiefe ihres Herzens um die gnädigste Erlaubnis, Ihn um etwas fragen zu dürfen.

02] Und der Abedam aber erwiderte ihr zuvorkommend: »Meine überaus geliebte Ghemela, ist dir nicht ein wenig bange um deinen Zuriel, der da war der Vater deines Leibes?«

03] Und die Ghemela bejahte diese Frage im Herzen und gab äußerlich mit ihrem unschuldigsten Kopfnicken das wohlerratene Anliegen ihres Herzens zu verstehen.

04] Und der Abedam aber sagte zu ihr, sie tröstend: »Meine überaus geliebte Ghemela, meinst du etwa, der Zuriel ist darum aus dem Dasein verschwunden, dieweil du ihn nicht mehr mit deinen Augen sehen kannst?

05] O sei darüber völlig getröstet: du wirst ihn noch öfter zu sehen bekommen und mit ihm von noch viel herrlicheren Dingen reden können, als du bis jetzt je gesprochen hast mit ihm!

06] Daß er aber hier im Angesichte aller solche große Gnade empfing, geschah vorerst deinetwegen, damit er dir und deinem Manne ein treuer Wächter und Beschützer werden solle gegen alle Versuchungen der Welt; und so Ich zu euch je und je kommen werde, soll er Mich euch allzeit vorher getreulichst ankündigen.

07] Und zum zweiten aber soll er nun auch aller der Kinder aus dem Mittage ein allgemeiner geheimer Leiter sein, darum er durchschauen wird alleihre Herzen inwendig und wird sie nach Meinem Willen auch gewaltigst erschüttern können, so er in ihnen irgend eine Untreue entdecken oder gewahren wird; und sie werden dann leichtlicher wieder zu Mir kehren und hören dann in ihrem eigenen Herzen Meinen Vaterruf, wie auch gar wohl verstehen den inneren Donner Gottes.

08] Und endlich werden heute noch mehrere vom Mittage her zugerichtet werden, um hinabzusteigen in die Tiefe zu der großen Weltstadt Hanoch, um auch dort den Kindern der Welt, deren ein Teil ist voll der höchsten Greuel, ein Teil aber unter der härtesten Knechtschaft und niedrigsten Sklaverei blutet, Meinen Namen zu verkünden und ihnen zu predigen ernste Buße und wahre Besserung und unverzügliche Rückkehr zu Dem, der schon so lange langmütigst, geduldigst und barmherzigst ihrer Rückkehr harrt!

09] Doch diese Erbarmung wird die letzte sein den Kindern der Schlange!

10] Siehe nun, du Meine allerliebste Ghemela, solches Geschäft wird nun die große Treue Zuriels in Anspruch nehmen; und also habe Ich seiner vonnöten, damit an ihm der Drache merke, daß ein Kleiner von Mir aus größer und stärker ist denn er mit all seinen zahllosen argen bösen Rotten!«

11] Und die Ghemela ward voll Freuden in ihrem liebevollsten und dankbarsten Herzen und fiel dem Abedam wieder zu Füßen.

12] Aber der Abedam hob sie alsbald wieder auf und setzte sie wieder auf Seinen Arm und fragte sie, ob sie nun noch ein Anliegen habe.

13] Sie aber konnte nicht reden vor zu großer Freude, weil sie jetzt sah, daß sie ihr Jehova in der Ehe mit dem Lamech ebenso liebhat wie zuvor, da sie noch keinen Mann an ihrer Seite hatte.

14] Der Abedam aber drückte sie ans Herz und rief den Lamech herbei und fragte ihn: »Lamech, wie bist du zufrieden mit der Ghemela? Siehe, sie vergißt deiner auf Meiner Hand! Was sagt dir dazu dein Herz«?

15] Und der Lamech antwortete, sich an die Brust Abedams werfend: »O Vater, Du heiliger lieber Vater! So Du mein Herz jetzt nicht zusammenhältst, so vernichtet es eine nie empfundene endlos große Liebe zu Dir.

16] (Weinend:) O Vater, als Du mir diese überhimmlisch reine Ghemela zuerkanntest und gegeben hast aus Deiner heiligen Hand, da dachte ich: Wie werde ich Dich lieben können wie zuvor, so ich meine Liebsorge allein zu Dir werde teilen müssen mit der Ghemela?

17] Und als ich sie dann erhob, da fürchtete ich mich, daß meine Hand sie verunreinigt haben möchte, darum sie dann nimmer so rein und Dir so lieb sein möchte, wie sie ehedem war.

18] Allein, da ich sie, die Du mir zur Verwahrung und Beschützung übergabst, nun wieder auf deiner Hand sitzend erschaue, - o Vater, Du lieber, heiliger Vater! - siehe, so ist's nunvöllig aus mit meinem Herzen!

19] So Du mich nicht erhältst, so sterbe und vergehe ich vor zu großer, über alles dankbarster Liebe zu Dir, o Du mein, mein, mein überheiliger, überguter Vater!«

20] Und der Abedam beugte sich nieder zum Lamech und sagte zu ihm: »Geliebter Lamech! Siehe, der Vater hat noch eine freie Hand; setze auch du dich darauf und erfahre, wie sehr Ich euer aller Vater bin!«

21] Und der Lamech getraute sich nicht, denn er hielt sich für viel zu unwürdig; aber der Abedam ermutigte ihn, - und alsbald erhob der Abedam auch ihn und drückte ihn an die heiligste Brust und sagte dann zu beiden:

22]« Wie ihr jetzt seid, also bleibt fortan, so werdet ihr dieses heiligen Platzes nie, ja ewig nie verlustig werden!

23] Ihr seid das erste Kindleinpaar, die Ewigkeiten her Ich auf Meinen Händen trage erschaulich; solches aber soll ein ewiges Gedenkzeichen für alle nachfolgenden Kinder bleiben, daß nur diejenigen wahrhaft Meine Kinder sein und werden werden, welche sich von Mir werden ergreifen, ziehen und also wie ihr auf Meinen Händen tragen lassen.

24] Welche aber nicht euerm Beispiele nachfolgen werden, diese werden auch wenig Liebe und noch viel weniger Lebens von Mir empfangen.

25] Nun aber siehe du, Mein Lamech, die Seele Meiner und deiner Ghemela an!«

26] Hier blies Abedam dem Lamech in die Augen; und der Lamech ersah die Ghemela in einer also glänzendst lichten Gestalt, deren Glanz unvergleichlich heller war als das Zentrallicht aller Sonnen.

27] Er fuhr bei diesem Anblicke zusammen; als er aus dieser Betäubung sich nach und nach erholte, da erst fing er an zu weinen und wußte sich vor Liebe zu Mir nicht zu helfen.

28] Der Abedam aber sagte zur Ghemela: »Ghemela, siehe, der reine Lamech weint vor Liebe zu Mir! Trockne mit deinen Haaren ihm die herrlichen Tränen aus den Augen, und solche Tat soll allzeit dir und allen deinen Nachfolgerinnen zukommen!«

29] Und die Ghemela umarmte zum ersten Male mit ihren zartesten, weichesten und wahrhaft himmlisch schönsten Armen den Lamech; mit ihrer Stirne und mit ihren überzarten Wangen aber trocknete sie Lamechs herrliche Tränen aus seinen Augen, da beide der heilige Vater in diesem Momente noch auf Seinen Händen trug.

30] Darauf aber trug Er sie hin zu den Vätern, küßte sie beide und gab sie dann segnend wieder den Vätern mit der Bemerkung:

31] »So rein, wie diese hier sind, sollen Mir alle geborenen Kinder wiedergegeben werden! Ich bin ihr Ursprung; zu diesem Ursprungsollen sie also wiederkommen für ewig. Amen.«

7. Kapitel: Gottes Anweisung zur Eisen- und Stahlbereitung. Das eine, was not ist: das Vertrauen und die Liebe zu Gott.
01] Und als der Abedam die Ghemela und den Lamech den Vätern übergeben hatte, da trat Er alsbald hin zu den vier anderen Ehepaaren und sagte zu ihnen:

02] »Höret! Was Ich euch jetzt sagen werde, das sollt ihr dann auch alsbald ins Werk setzen, das heißt heute noch nicht, aber wohl schon an den nächsten Werktagen.

03] Solches aber ist, das Ich euch sage: Im Innern der Erde gibt es eine Art Gestein, das da ein rötliches Aussehen hat und ist nicht also hart wie ein anderes Gestein; so man es aber hebt, da hat es ein Gewicht, das da merklicher ist denn das Gewicht eines anderen gleich großen Steines. Dieses Gestein entsteht aus den von der Erde verschlungenen Strahlen der Sonne und ist fast allenthalben in den Bergen vorhanden, weil eben nur die Berge in sich zumeist hohle Gänge haben, in deren steter Feuchtigkeit die von der Erde verschlungene Kraft der Strahlen aus der Sonne sich sammelt, für sich selbst mit Hilfe der Einwirkung des anderen nächtlichen Gestirns am Firmamente eine eigene Aus- und Gegenkräftung (Polarität) bekommt und endlich nach und nach fester und gediegener wird. Und sooft das Gewässer der Erde von 13555 Jahren zu 13555 Jahren mit der halben Rückkehr der Sonne seine Aus- und Gegenkräftung wechselt und bei dem jewaigen nahe 7000 Jahre langen Vollüberstande dieses in den hohlen Gängen der Gebirge angesammelte Strahlengestein gehörig durchsalzt, so ist dieses Gestein dann beim abermaligen Rücktritte der Gewässer schon also reichlich und solid vorhanden, daß es die nächsten 13555 Jahre nicht leichtlich verbrauchen werden. Das Zurückgebliebene, Unverbrauchte dieses Strahlengesteines, wenn es auch schon mehrere tausend Gewässerstandswechslungen durch bestanden hat, so wird es darum doch nicht schlechter, sondern gerade nur besser.

04] Seht, bis jetzt ist dieses Strahlengestein noch von niemandem benützt worden, außer seit einiger Zeit von einem Königssohne aus Hanoch! Jedoch wurde diesem nur der Unrat dieses Gesteins gezeigt; und doch hat die Erde schon seit ihrer Entstehung mehr als tausend Erhöhungen mit derselben Zahl solcher Gewässerstandsveränderungen erlitten!

05] Und es ist ein großer Nutzen in Bergen für die Weisen aus Liebe verborgen; solches offenbare aber Ich euch darum, daß ihr es weise benützen sollt.

06] Sammelt es, und läutert es im Feuer, und Ich werde euch durch euren Geist zur rechten Zeit ein eben, wie und wozu ihr es verwenden sollt!

07] Seid ihr aber einmal Meister der Kunst geworden dann lehrt es auch eure Brüder, und lehrt aber sie alle auch den weisen, uneigennützigen Gebrauch davon.

08] Darum aber habe Ich euch neue Wohnungen zubereitet und sie dazu gehörig mit allem versehen, dessen ihr euch bei dieser neuen Kunst werdet allerzweckmäßigst bedienen können. Den Gebrauch aller der schon vorrätigen Werkzeuge wird euch alle der Geist lehren. Obschon einige von euch schon seit den ersten Zeiten Versuche gemacht haben, die euch von Mir geschenkten Werkzeuge nachzumachen, so wollte die Sache aber doch niemandem so ganz gelingen, da ihr nicht das rechte Metall gefunden habt; doch da Ich Selbst euch nun das rechte angezeigt habe, also werdet ihr euch nun selbst dieselben Werkzeuge verfertigen können, wie ihr sie sonst immer schon verfertigt heimlich von Mir erhieltet.

09] Jedoch, wie sonst allzeit Ich euch allen alles dieses gab ganz umsonst, also müßt es auch ihr tun; da ihr euch aber damit beschäftigen werdet, um zu nützen euren Brüdern, da mögen dann wohl auch eure Brüder darauf sehen, daß sie euch versehen mit Speise und Trank.

10] Doch niemals für eure Arbeit sollt ihr solches verlangen; sondern das man euch bringen wird, das eßt und genießet dankbar! Aber auch keiner solle darum etwas von euch verlangen, darum er euch etwas gegeben hatte; sondern allein die Liebe sei euer gegenseitiger Verkehr!

11] Das also zubereitete Gestein möget ihr Sideleheise benamsen.

12] Seid vollkommen in allen Dingen und mächtig in der lebendigen Liebe, so werde auch Ich beständig mit Meiner segnenden Hand unter euch sein und werde euch ziehen, lehren und zurichten in allen Vollkommenheiten! Amen.«

13] Es trat aber nach dieser Lehrrede Abedams alsbald der Adam zu Ihm und fragte Ihn: »Heiliger liebevollster Vater! Du hast vorher des Erdgewässerwechselstandes erwähnt. Siehe, so vielleicht gar bald demnach das Meer unsere gegenwärtig bewohnten Ländereien verschlingen wird, was wird da mit uns denn geschehen?

14] Möchtest Du uns darüber nicht auch einen Wink geben, so Dein heiliger Wille es wäre?!

15] Und der Abedam lächelte über diese Frage und sagte dann zum Adam: »Adam, sorge dich lieber um etwas Besseres, so du dich schon durchaus sorgen willst; denn diese Sorge ist zu eitel töricht.

16] Denke dir von jetzt an noch eine Zeitendauer von dreizehntausend Jahren! Wahrlich, in dieser Zeit wird dich in einem ganz anderen Zustande deines Seins das Wesen der Erde wohl gar wenig mehr kümmern, - und Menschen, die in der Zeit die Erde bewohnen werden, werden Zeit genug haben, der rückkehrenden Flut zu weichen, nachdem ihr Steigen und Fallen also langsam vor sich geht, daß dasselbe nur von tausend zu tausend Jahren erst einen bemerkbaren Unterschied gibt, und zudem all das Gewässer erst von dieser nördlichen Erdhälfte seinen Rücktritt begonnen hatte.

17] Siehe daher, wie eitel und leer deine törichte Furcht ist!

18] Ich sage dir aber, wie auch euch allen: Sorget euch allein um die Reinheit eurer Herzen und um die wahre innerste Liebe zu Mir! Was aber die Leitung der Weltkörper betrifft, da seid mit eurer Sorge ferne; denn solche zu leiten und ordentlich zu erhalten verstehe nur Ich allein, und Meine Macht, Kraft und Gewalt und Meine Weisheit genügt ewig der ganzen Unendlichkeit!

19] Ich sage euch: Ihr sehet noch matte Sterngruppen aus den endlosen Fernen der weiten Unendlichkeit zur Nachtzeit zu euch herabschimmern, und der Erde späteste Bewohner werden sie auch noch sehen, - und doch war die alte Erde noch nicht gegründet, als sie aus ihrem nahe Ewigkeiten langem Sein zunichte geworden sind!

20] Also wird's auch dieser Erde und diesem sichtbaren Himmel ergehen; doch Meine Worte und Meine Kinder werden nimmerdar vergehen!

21] Möchtest du, Adam, dich nicht etwa auch darum zu sorgen anfangen?

22] Darum aber sage Ich euch: Sorget euch um alles der Welt gar nicht, sondern laßt in allem Mich sorgen; denn ihr könnet mit allen euren Sorgen auch nicht ein Stäubchen zuwege bringen.

23] Darum (weil) ihr aber schon sorgen wollet, da sorget ihr allein, sorglos zu werden, und daß eure Herzen rein und stets voller und voller von der wahren inneren Liebe zu Mir werden möchten; denn darin besteht allein das ewige, unzerstörbare Leben, daß ihr Mich allzeit erkennet und über alles liebt! Amen.«



8. Kapitel: Gottes Aussendungsrede an die zehn Boten nach Hanoch.
01] Nach dem aber berief der Abedam den Sethlahem, den Kisehel, dessen sechs Brüder und noch zwei Söhne des Kisehel, die da nicht minder ihrem Vater waren voll Eifer, Feuergeist und voll von allerlei nützlichen Erkenntnissen in allerlei Dingen, so daß da nun in allem zehn Männer vor dem Abedam standen.

02] Da sie aber vor Ihn hinkamen, fielen sie alsbald auf ihre Angesichter nieder vor Ihm und lobten und priesen überlaut Seinen allerheiligsten Namen Jehova.

03] Als aber der Abedam sah, daß sie ihrem Herzen genug getan hatten, da hieß Er sie alsbald erstehen und sagte zu ihnen: »Höret, ihr Männer aus dem Mittage! Was Ich euch nun enthüllen werde, das tuet unverzüglich an dem von Mir euch in eurem Geiste angezeigten Tage!

04] Solches aber verlangt von eurem freien Willen Meine Liebe und Erbarmung, daß ihr euch bedünken (entschließen) sollt, hinabzugehen in die Tiefe zur Stadt Hanoch, allda ihr Menschen antreffen werdet, die von Mir lediglich nichts mehr wissen und leben mit und untereinander, ärger, ärger - denn Hunde, Katzen, Wölfe, Bären, Löwen, Tiger, Hyänen und Schlangen auf einem Haufen beisammen!

05] Sie stinken schon bis in den obersten Himmel vor Unzucht und der allerscheußlichsten Hurerei und ermorden sich gegenseitig, und vergießen das Blut ihrer Brüder und Schwestern und schonen sogar ihrer Alten nicht.

06] Ja, Ich sage euch, ihr Frevel geht so weit, daß ihr König, der da auch Lamech heißt, Mir sogar vor noch gar nicht langer Zeit einen Krieg angekündigt hat und wollte aus großem Grimme gegen Mich, darum (weil) Ich sein arges, grausames Kriegsheer unter der Anführung Tatahars des Bösen von den reißenden Tieren vernichten ließ, die Erde sogar mit Feuer vernichten.

07] Allein das ist nicht das ärgste der vielen Laster, die er gegen Mich begeht; sondern hört und vernehmet:

08] Da Ich es zuließ, daß ihm alle seine Beischläferinnen untreu wurden aus Furcht um ihr Leben und entflohen sind hierher, und zwar unter die Mitternächtler, und ihm auch noch entflohen sind seine beiden Weiber und seine Tochter Naeme , - seht, darum hat er nun einen solchen Haß gegen Mich, daß er nichts anderes tut, als allein fast Tag und Nacht nur nachsinnt, wie er Mich so recht auf die allerschändlichste Weise verunheiligen möchte und könnte! Er hat allenthalben Wächter und Spione aufgestellt, die da die Menschen beobachten und behorchen müssen, was sie tun und reden. Er hat ein Loch in die Erde machen lassen, füllte es zur Hälfte mit Unrat, zeichnete Meinen Namen auf eine mit Unflat beschmierte Tafel aus Stein, verfluchte hernach die Tafel und warf sie dann vor vieler Augen unter den scheußlichsten Lästerungen in das besagte Loch und gebot den niedrigsten Sklaven, darauf zu scheißen und endlich mit von ihm verfluchter Erde das Loch wieder zuzuwerfen.

09] Gleich darauf kündigte er sich ihnen selbst als den allein allerhöchsten Gott an und gebot dann jedem bei Strafe des martervollsten Todes, ihn anzubeten.

10] Und die Wächter und Spione müssen strenge nun darauf achten und hören, daß ja von niemandem Mein Name mehr genannt wird; wer solches täte, dem stehen die entsetzlichsten Todesstrafen bevor!

11] Den Sklaven verbot er das Reden so ganz und gar, daß, so von einem was immer für ein Wort vernommen möchte werden, ihm sogleich die Zunge aus dem Munde gerissen werden solle; so sie sich aber verständigen wollten untereinander, da sollen sie solches mit tierartigem Gebrülle tun.

12] Auch sollten sie nicht also wie er auf zwei Füßen gehen, sondern auf allen Vieren gleich den Tieren, das heißt auf den Händen und Füßen; gerade stehen dürften sie nur bei der Arbeit.

13] Auch darf sich dieses Sklavenvolk nicht paaren. Wehe dem, der nun mit einem Weibe etwas hätte; dem stehen die schändlichsten Verstümmelungen bevor.

14] Aus dem Grunde er nun auch schon Tausende von den Sklavenweibern und ihren Töchtern hinrichten ließ.

15] Sehet, also geht es nun in der Tiefe zu! - Es gibt aber außer Hanoch noch zehn große Städte, welche diesem Meinem größten Feinde alle dienstbar sind, und es geht in keiner um ein Haar nun besser zu denn in Hanoch.

16] Sehet nun ferner, und höret: Das Blut der Armen schreit zu Mir um Rache; darum habe Ich Mich ihrer erbarmt und will euch als Rächer und Befreier dieses Volkes hinabsenden; doch sollt ihr niemanden töten, auch den Lamech nicht; sondern ihnen allen verkündigt frei und offen Meinen Namen und Meinen Zorn und das nahe bevorstehende Gericht Meines Grimmes, so sie sich nicht möchten alsbald in der strengsten Buße und Reue über alle ihre Frevel zu Meinem Namen wenden!

17] Den Lamech selbst aber laßt mit eigenen Händen das besagte Loch aufgraben, die mit Meinem Namen bezeichnete Tafel wieder herausnehmen, sie reinigen mit reinem Wasser und sie dann erst waschen mit den Tränen seiner Reue!

18] So er sich aber solches zu tun weigern wird, dann macht Gebrauch von eurer Macht und laßt eine Plage um die andere über ihn kommen, und das so lange fort, bis er sich in euren Willen fügen wird!

19] Hebet nicht nur seine, sondern jede Herrlichkeit auf, so daß sie sich alle als Brüder und Schwestern völlig gleich sein sollen, und nur die Weisesten aus dem gemeinsten Volke setzt ein zu ferneren Leitern des Volkes; aber laßt sie nicht beziehen je die Paläste der Könige, sondern in den einfachsten und niedrigsten Hütten sollen sie wohnen.

20] Wenn sie von euch als fähig erkannt werden und als tüchtig zur Leitung und Aufsicht, dann legt auch ihnen eure Hände auf die Stirne und auf die Achsel, und erteilt ihnen dadurch die nötige Kraft.

21] Fürchtet allda niemanden, und laßt euch selbst nicht blenden von der großen Pracht und Üppigkeit dieser Städte; denn all die Städte sind jetzt da unten und werden allzeit sein Werke der Schlange. Daher laßt euch von keinem Glanze bestechen, sondern seid als Meine Propheten diesen Völkern äußerlich überstrenge ernstlich und unerbittlich, aber innerlich desto voller von der wahren Nächsten- und Bruderliebe!

22] Für euch aber sei dort keines Bleibens; sondern so ihr werdet alles geordnet haben, dann kehret wieder zurück in eure Heimat, und kehret ohne wichtige Ursachen nicht mehr zu leicht wieder zurück in die Tiefe!

23] So ihr aber von der Tiefe heimziehen werdet, da waschet euch zuvor am ganzen Leibe, damit ihr nicht den Tod auch hierher verschleppet; denn die Tiefe ist nun voll Pestilenz und voll Todes geworden.

24] Und nun empfangt Meinen Segen, und seid standhaft, stark, mächtig und gewaltig in allen Dingen, solange ihr nach Meinen Worten handeln werdet!

25] Die ganze Natur gehorche eurem Winke, und die Vögel der Luft sollen untertan sein eurem Worte; so das Feuer, so die Luft, so das Wasser, also auch alles Getier, und alle bösen und finsteren Mächte.

26] Aber hütet euch ja, jemandem etwas zuleide zu tun, - sondern trachtet nur, jedermann zu helfen!

27] Den Hartnäckigen könnet ihr strafen, - aber nicht, daß er nur leide, sondern, daß er besser werde!

28] Solches alles beachtet wohl in Meinem Namen! Amen.«

29] Mein Segen mit und in euch. Amen, Amen, Amen.



9. Kapitel: Sethlahems Dankrede und Preis der Demut.
01] Nach dieser Bestimmungsrede Abedams dankten die Zehn allerinbrünstigst Ihm, darum sie fürs erste erkannt haben Jehovas unendliche Barmherzigkeit, Liebe, Geduld, Langmut und Sanftmut, und fürs zweite, darum Er ihnen eine so große Gnade erwies, daß Er gerade sie, die sich nun für die Allerunwürdigsten hielten, erwählt hat zu Werkzeugen Seiner großen Erbarmungen.

02] Und der Sethlahem öffnete endlich seinen Mund und sagte zu allen seinen Miterwählten: »Brüder, jetzt ist meine Weissagung in die herrlichste Erfüllung übergegangen!

03] Ich habe euch allen ja zu öfteren Malen gesagt, so ihr manchmal behauptet habt, daß der erhabenste, heiligste, große Jehova nur an den erhabenen, großen und glänzenden Dingen Sein Wohlgefallen haben könne, daß solches sicher nicht der Fall sein werde, sondern auf uns bezogen gerade nur im Gegenteile.

04] Je geringer jemand ist, je ärmer, je demütiger, je furchtsamer vor Ihm und sich zurückziehender von der Welt, je einfältiger in aller seiner Rede und Handlung, je sich geringschätzender denn alle seine Brüder, je dienstfertiger gegen alle, und je weniger um sich selbst besorgt, desto wohlgefälliger wird man ganz sicher Ihm werden; denn also schloß ich:

05] »Hätte Jehova Sein größtes Wohlgefallen an den großen und glänzenden Dingen, so würde Er auch sicher ihnen Zungen und eine bei weitem größere Sprachvollkommenheit gegeben haben, als wir sie je zu fassen vermöchten; uns aber hätte Er dann stumm gelassen.

06] Allein, wer hat noch je einen Baum reden hören, wer je einen Berg, wer einen Strom, wer das Meer, wer je die Erde, die Sonne, den Mond und die Sterne?!

07] Und ich redete weiter, weiter durch die Gnade des Herrn, als ihr mir das Gras und andere kleine sprachlose Dinge entgegenhieltet: ,Das bescheidene Gras, wenn es auch nicht sprechen kann, ist sicher um tausend Male gesegneter denn ein stolzer, hochmütiger Baum; man darf nur die unschätzbare Nützlichkeit desselben betrachten.

08] Es gibt uns das Brot; es ernährt unsere Kühe, Schafe und Ziegen; wie viele Tiere und Tierchen, die wir gar nicht kennen, leben vom Segen des bescheidenen Grases, während von einer stolzen und hohen Zeder nicht einmal ein hungriger Bär etwas herabreißen kann zur Stillung seines Hungers!'

09] Und wieder weiter sprach ich zu euch: ,Sehet an die Bäume! Je kleiner sie sind, desto gesegneter und lieblicher und süßer ist auch ihre Frucht, und wir genießen sie mit großer Freude, dankbar dem heiligen Geber.

10] Wer aber möchte seine Zähne an die harte, ungenießbare Frucht der großen, hohen und überaus majestätischen Eiche setzen und ihren Segen mit den Schweinen teilen? Oder wer mit den Raben um die taube Frucht der Zedern einen eigennützigen Streit eingehen? Und die Zapfen der hohen Tannen, wessen Gaumen möchte diese Kost wohl behagen?!'

11] Und noch weiter redete ich zu euch: ,Sehet die Gewässer, die Flüsse und die Bäche! Solange sie bescheiden bleiben und recht klein in ihren Betten, so lange auch bleiben sie rein bis auf den Grund, daß es eine wahre Lust ist, sie anzusehen; fangen sie aber an zu wachsen und werden größer und mächtiger, - wie werden sie da auch alsbald trüber! Und was früher das bescheidene reine Bächlein gesegnet hatte, das und noch viel mehr zerstört und verheert hernach der mächtig angeschwollene Bach, Fluß und Strom!

12] Der segenvolle Regen fällt nur in kleinen Tröpfchen; ist er aber angeschwollen zu großen Tropfen, da kommt er mit großem Sturme und schlägt, was er sonst in seiner Bescheidenheit hätte aufrichten und beleben mögen, nur verderbend zu Boden.'

13] Und ich hätte euch noch manches gesagt über die stete Armut und Geringfügigkeit; allein damals schwebte in euren Herzen noch ein ganz anderer Geist, und alle eure Gottwohlgefälligkeitsbegriffe prangten entweder auf den höchsten Gebirgsspitzen, wo nicht gar manchmal über allen Sternen!

14] Allein, was ich selbst damals nur mühsam für mich, für euch und alle meine Kinder der Schöpfung abgelauscht habe, sehet, dasselbe zeigt mir und uns allen jetzt in übergroßer Klarheit der große Abedam Jehova Emanuel Selbst, daß Er nicht ansieht das Ansehen, die Größe, den Glanz und die Pracht der Dinge dieser Welt, und ist Ihm eine Mücke lieber denn ein Mamelhud; denn der Mücke gab Er sogar ein Flügelpaar zum Fliegen, aber das Mamelhud muß sich schwerfällig und mühsam fortschleppen auf der Erde Boden und suchen für seinen großen Bauch die nötige Nahrung.

15] Also seht nun die Erfüllung meiner Weissagung, o Brüder! Wie herrlich hat es sich nun vor unseren Augen enthüllt!

16] Der Herr, unser aller allmächtiger Schöpfer, unser heiliger Vater, Jehova der Ewige, der Unendliche in Seiner Liebe und Weisheit, Er, das Licht alles Lichtes, die Kraft aller Kräfte, die ewige Macht aller Mächte, Er Er Selbst hat es uns allen nun gezeigt daß vor Ihm nur die Niedrigkeit der wahren Demut im Verbande mit der reinen Liebe zu ihm etwas gilt, alles andere aber gänzlich ohne Wert ist.

17] O Brüder, wer faßt da die unendliche Größe Seiner Erbarmung, Liebe und Gnade!

18] Er hätte uns ja ebenso leicht können zur Gewinnung Seiner Vaterliebe und somit des ewigen Lebens das Hochstreben, den Glanz und alle Prachtsucht zur Bedingung geben! Allein nur äußerlich betrachtet, abgerechnet Seine ewige Ordnung, - wie entsetzlich teuer wäre uns dann Seine Gnade zu stehen gekommen?!

19] Aber wie leicht ist nun das ewige Leben zu gewinnen! Denn in meiner größten Niedrigkeit kann ich es und jeder erhalten als ein freies Geschenk von Ihm, dem so überguten, heiligen Vater!

20] O Du lieber Vater Du! Wie überaus freue ich mich nun, daß Dir nur die demütige Niedrigkeit wohlgefällt, und nicht der Glanz, den ich und wir alle uns nie hätten zu eigen machen können!

21] O nimm dafür den ewigen Dank unserer Herzen gnädigst an; Dir allein sei daher alle Ehre, aller Ruhm und aller Preis von uns allen, daß Du uns angesehen hast in unserer Niedrigkeit und hast uns erwählt zur Dämpfung und Löschung der Hoffart der Welt in Deinem Namen!

22] Erhalte uns alle aber auch in der beständigen Demut und Liebe zu Dir und allen Brüdern ewig! Amen.«




10. Kapitel: Kisehels Rede über Jehova als Mensch.
01] Und nachdem der Sethlahem diese seine wohl zu beachtende Rede beendet hatte, ermutigte sich auch der Kisehel und trat hin zum Sethlahem und richtete folgende recht sehr zu beherzigende Worte an ihn, sagend nämlich:

02] »Bruder Sethlahem, du weißt ja, worin unser Unterricht oder vielmehr unser Erkennen, das wir noch hier empfingen, bestand!

03] Jehova war uns verkündigt worden auf eine Art, die selbst unsere größten Gedanken von Ihm rein vernichtete.

04] Wir wußten wohl von Seiner unendlichen Größe, Macht und Kraft, wir plauderten gar vieles manchmal von Seiner möglichen Wesenheit, aber welcher von uns allen hätte sich damals auch nur unterstanden zu denken, Jehova, der ewige, heilige Vater wäre gleich uns ein Mensch, wenn auch der allerunendlichst vollkommenste?!

05] Da wir uns aber eben durch unsere schiefe Erkenntnis den Jehova nicht als einen Menschen, sondern als etwas dem Wesen nach also Ungeheures, davon wir uns alle auch nicht den leisesten Begriff mehr machen konnten, vorstellten, so war dann ja auch einerseits natürlich, daß unsere freilich überläppischen Gottwohlgefälligkeitsbegriffe nicht viel anders ausfallen konnten, als unsere Vorstellung von Ihm Selbst beschaffen war.

06] Siehe also, lieber Bruder, es waren wohl unsere Herzen beständig mit Gott beschäftigt, allein du hattest zwar die Gnade, Jehova von einer richtigeren Seite erfaßt zu haben denn ich, wer aber hätte zwischen uns den Schiedsrichter machen sollen oder können?

07] Welchen tastbaren Beweis hättest du für deine Ansicht und deinen Glauben aufstellen können, dadurch uns deine richtigeren Ideen wären einleuchtend geworden?

08] Siehe, auch du hattest nichts denn allein für dich deinen Glauben, also wie ich für meine Ansicht nichts hatte als leider freilich wohl nur meinen irrigen Glauben.

09] Und so lebtest du zwar im Lichte, aber du warst blind und ahntest das Licht nur, weil der zugleich erwärmende Strahl dasselbe gewisserart dich in der Nähe gewahren ließ.

10] Ich aber hatte zwar offene Augen, stand aber in der dichtesten Finsternis und sah darum fürs erste nichts und konnte dazu fürs zweite auch kein Licht ahnen, weil durch die große Nacht meiner Gedanken sich auch nicht ein besserer Strahl ziehen und verbreiten wollte.

11] Und so glaube ich nun, lieber Bruder, wir sollten uns jetzt dessen nicht mehr rühmen, was vergangen ist, ob es der Wahrheit auch entweder näher oder ferner war; denn das eigentliche Rechte hatte doch keiner, - und hätte er es auch gehabt, womit aber mochte er es verbürgen?!

12] Daß unser aller heiliger Vater ist gleich uns ein Mensch, und ist ein einiger Gott, - siehe, das fehlte uns allen. Der Irrtum lag nicht in unserem Willen, sondern nur in unserer Vorstellung. Wir waren samt und sämtlich arme Toren und ich der größte wohl darunter; doch jetzt hat Der da, der nun unter uns ist heilig, überheilig, gut, übergut, unser aller liebevollster Vater uns allen aus unserer großen Not, Blindheit und Armut geholfen. Er steht sichtbar vor uns, und wir alle erkennen in Ihm den ewigen, heiligen Vater und den allmächtigen, ewigen Schöpfer aller Dinge; darum auch sei aller Dank, alles Lob, aller Preis, alle Ehre, aller Ruhm, alle Liebe und alle Anbetung Ihm von uns und allen unseren Kindern dargebracht!

13] Es ist zwar, lieber Bruder, deine Weissagung in vielen Stücken eingetroffen, besonders was die Erörterung dessen betrifft, was die dem Vater und Herrn allein wohlgefällige Demut, Niedrigkeit und Unansehnlichkeit betrifft; aber von dem, daß der Jehova auch ist ein Mensch, von Seiner so endlosen Liebe, Gnade und unbegreiflich allerhöchsten Erbarmung, - Bruder, davon hat wohl uns allen nie etwas geträumt. Und wennschon von uns Jemand von Ihm eine solche Vorstellung gehabt hatte, so war es der stets stille und verschlossene Zuriel mit seinen Töchtern; allein, er zog sich ja stets also in die verborgensten Winkel zurück, und es war schwer, auch nur ein Wort aus ihm zu locken.

14] Wir übrigen alle wußten aber ja zusammen nichts! Solches ist dir selbst ja erst gestern durch den lieben Henoch klar geworden, wie weit wir es mit unserer Weisheit und Weissagung gebracht haben!

15] Ich meines Teiles - abgesehen von dem, daß du der Wahrheit stets unbestimmbar näher warst denn ich aber denke nun also:

16] Wir sollten uns unseres früheren Zustandes wie immer auf gar keine Art mehr rühmen, sondern dafür lieber allein Dem, der da unter uns ist, alle Ehre und allen Ruhm darbringen.

17] Dein Gutes bleibt gut, insofern es von Ihm aus gut ist; für sich allein und von dir aus allein aber ist es um kein Haar besser denn mein ehedem Grundfalsches.

18] Doch ich sage dir jetzt, mein Bruder, ich danke dem Herrn für meine damalige Finsternis; denn sie war ja der Grund meiner jetzigen Demut und war dadurch ja auch eine große, wennschon verhüllte Gnade von Ihm.

19] Daß sie aber eine Gnade war siehe, das erkenne ich daraus, daß ich mich ihrer nie werde rühmen können!

20] Du aber hattest Licht, und es zieht dein Herz der Ruhm dieser Gnade! Wahrlich, Bruder, du bist zwar mir gleich erwählet, - aber so du mir nun dein früheres Licht für meine frühere Nacht geben möchtest, so möchte ich mich sehr lange bedenken, zu tauschen mit dir!

21] Darum rate ich dir um deiner selbst willen, für die Zukunft nicht mehr viel Erwähnens davon zu machen, - sondern bleibe lieber ganz mein lieber, demütiger Bruder! Denn siehe, vor Dem, der Sich jetzt uns naht, stehen wir beide ja gleich blank und nackt; darum bleibe du mein lieber Bruder jetzt, wie ewig! Amen.

22] Nach diesem letzten Worte war auch schon der hohe Abedam bei ihnen eingetroffen, legte Seine Hände auf beider Achseln und sagte: »Zu diesem Amen spreche auch ich Mein mächtiges Amen.

23] Wahrlich, Kisehel, du bist stark geworden und bist von allen der mächtigste; darum sollst du auch ein Führer sein der übrigen! Dir, Sethlahem, aber solle die Weissagung verbleiben; doch so wahr auch deine Rede war und so wohl getroffen jedes Bild, ist Mir die Rede Kisehels lieber, darum er mehr, denn du für dich, die rechte Demut predigte.

24] Siehe, dich hat deine Rede erhöht, den Kisehel aber die seine erniedrigt! Was meinst du nun, derwelche Mir näher kam?!

25] Siehe, es ist gut also zu reden, wie du früher geredet hast; aber es ist nicht gut, von sich zu reden! Denn wer immer da etwas Wahres spricht, woher kommt ihm denn solches?

26] Darum sollst du dich dessen nicht einmal sichtbar freuen, darum Ich dir mehr gab denn deinem Bruder, da dich sonst dein Bruder an Meiner Statt rühmen möchte, der du doch nur ein schwaches Werkzeug Dessen warst, der dich berufen hatte, und dem allein aller Ruhm gebührt!

27] Euer allergrößter Ruhm aber sei eure Demut und wahre, innere Liebe zu Mir; dann werdet ihr leben!

28] Siehe, solches ist Mein Wille! Dein Wort ist wahr und gut, da es ist aus Mir; aber lebe du vorerst ganz darnach, so wirst du leben ewig! Amen.«



11. Kapitel: Das Wesen der wahren Demut.
01] Der Kisehel aber, als er solche Erhöhung vom Abedam vernommen hatte, sah den Abedam wehmütig an und wollte zu reden anfangen; allein der Abedam kam ihm zuvor und sagte zu ihm:

02] »Kisehel, Ich habe es schon in deinem Herzen gelesen, was du Mir sagen und um was du Mich bitten möchtest!

03] Du möchtest gerne der Geringste verbleiben; du möchtest nicht ein Führer der andern sein, sondern möchtest dich lieber von den andern führen lassen.

04] Solches ist das Bestreben in dir, daß du lieber möchtest von den andern bestimmt werden, als daß du die andern bestimmen sollest; du möchtest viel lieber gehorchen, als den andern Verhaltungsregeln vorschreiben.

05] Du möchtest lieber der Letzte als der Erste Meiner Knechte sein und möchtest gerne der Stärkste sein, um allen zu dienen, und möchtest aber doch auch wieder der Schwächste sein, um vor niemandem etwas voraus zu haben!

06] Siehe, also erst lobe Ich dich ganz vollkommen; du bist Mir ein überwerter Mann geworden. - Das ist das Größte: Wer wahrhaft sein will der Letzte und der Geringste, der ist bei Mir der Größte; denn nichts als die wahre Demut macht euch wahrhaft groß vor Mir!

07] Weil du aber also wahrhaft vom Grunde aus demütig bist, darum - weil du in allem vor deinen Brüdern und Kindern sogar möchtest aus großer Liebe zu Mir sein der Allergeringste und hast dadurch das herrliche Wort Sethlahems nicht verschmäht in deinem Herzen und hast es lebendig gemacht in dir durch die Tat vor Mir in deiner Liebe zu Mir, - siehe, darum auch bist du wahrhaft der Erste aus allen den Erwählten!

08] Denn sie brauchen keinen Führer in der Weisheit, da sie damit alle hinreichend ausgestattet sind; sie brauchen keinen Führer in der Liebe, - denn sie alle kennen Mich und haben Herz genug, um Mich über alles zu lieben; sie brauchen keinen Führer in der Kraft, denn solche haben sie empfangen dir gleich; sie brauchen keinen Führer in der Macht, - denn Ich habe keinem einen geringeren Teil gegeben.

09] Auch brauchen sie keinen Führer in der Gewalt, - denn jeder von euch hat den gerechten Anteil von Mir erhalten; und sie brauchen keinen Führer in Meiner Gnade, - denn ihr seid alle von Mir ja für einen und denselben Zweck erwählt worden.

10] Aber sie brauchen einen Führer in der beständigen Demut! Denn alles kann jeder von Mir empfangen und kann sich nehmen aus Meinem unendlichen Vorrate, soviel er nur immer will: er kann lieben, soviel er mag und will; er kann sich nach seinem Wunsche also stärken durch den Glauben, daß es ihm ein leichtes wird, mit seinem Willen Berge zu versetzen; er kann seinen Willen selbst also mächtig machen, daß seinem Worte Tausende und abermals Tausende werden folgen müssen; er kann sich in der Bestimmtheit seiner Rede eine solche Gewalt zu eigen machen, daß ihm alles wird blindlings gehorchen müssen! Allein nicht also auch verhält es sich mit der Demut; diese ist jedes Menschen Eigentum.

11] Diese kann und darf Ich niemandem geben, sondern - wie du es jetzt soeben von Mir Selbst erfährst nur lehren und begehren. Das ist der Acker, da Ich ernten will, da ich nicht säe und den eigentlichen Samen streue in das Erdreich - und doch ernten will!

12] Die Demut ist das einzige, das ihr Mir geben könnet, ohne es eigentlich vorher von Mir empfangen zu haben.

13] In der wahren Demut besteht die eigentliche, allerhöchste Freiheit des Lebens, daher auch die größte Vollkommenheit desselben. Durch die Demut könnet ihr sogar euch in Mir der unantastbaren Heiligkeit Meiner Gottheit nahen, - ja die wahre Demut ist des Menschen höchste Weisheit, die höchste Liebe, die höchste Kraft alles Lebens, die Macht und die höchste Gewalt, vor der die ganze Unendlichkeit ehrfurchtsvoll erbebt!

14] Die Demut ist die innerste, allerhöchste Kraft, Macht und Gewalt in Mir Selbst. Alles, was da füllt die ganze Unendlichkeit, ist durch die Demut entstanden und ist aus ihr hervorgegangen.

15] Begreifst du nun, Mein geliebter Kisehel, warum Ich dich zum Führer der übrigen berufen habe?

16] Siehe, dieweil du wahrhaft von ganzem Herzen aus vollkommen demütig bist!

17] Dieses aber ist auch dasjenige was allen deinen Miterwählten mehr oder weniger mangelt.

18] Es kann aber alles heilige, von Mir Selbst euch Gegebene bei Ermangelung der gerechten Demut in Verderbliches statt Segnendes verkehrt werden, so diese höchste Kraft in euch nicht bei weitem vorherrschend ist vor allem andern.

19] Bei dir aber ist sie der bedeutendst vorherrschende Zug nun deines Lebens; darum auch sollst du - und bei dieser Gelegenheit sage Ich dir sogar mußt du ihnen allen ein leitendes Vorbild sein und eine lebendige Regel, nach welcher sie sich zu richten haben, wollen sie Segen bringen der Erde alldort, da so übermächtig sie drückt der alte Fluch der hochmütigen und lügenhaften Schlange.

20] Euch allen aber rate Ich, ja unverzüglich in die Fußstapfen des Kisehel zu treten, sonst möchtet ihr wohl statt des Segens, dahin ihr berufen seid, nur noch größeres Verderben bringen!

21] Bedenket wohl diese Meine Worte, und tuet darnach, sonst werdet ihr fallen und das von euch gesegnet werden Sollende mit euch!

22] Höret, und versteht es wohl! Amen.«





12. Kapitel: Die Grenzen des Führeramtes.
01] Auf diese Rede dankten alle dem Abedam für die so hohe Gnade, daß Er ihnen in der Demut des Kisehel einen Führer bestimmt hatte, und sagten dann einstimmig:

02] »O Abedam, auf dem Dein Vertrauen ruht, dem dürfen wir alle sicher wohl auch trauen! Daher Dir ewig Dank, Lob und Preis für den, welchen Du also gnädigst über uns gestellt hast; er wird uns allen sicher ein weiser Führer sein in Deinem allerheiligsten Namen und Deinem göttlichen Willen und Wohlgefallen! Amen.«

03] Und der Abedam setzte hinzu: »Ja, Amen sage auch Ich; aber solches merket euch alle noch hinzu:

04] Ich bin der Erste und stehe noch jedem näher denn der von Mir euch gegebene Führer.

05] Daher sollt ihr auch allzeit in eurem Herzen früher zu Mir denn zum Führer gehen, wann ihr eines Rates benötiget, und Ich werde dann eure Herzen empfänglich machen zur Aufnahme des Rates aus dem Munde des Führers und werde euch schon zuvor mit dem erfüllen, was euch hernach erst der Mund des Führers bestätigen wird, darum ihr dann das Wort des Führers nicht als sein Wort, sondern als Mein Wort in euch allen erkennen werdet.

06] Und so diene euch der Führer nicht etwa, als solle er euch Gesetze und Regeln vorschreiben, sondern nur, daß er euch bestätige Meinen Willen in euch!

07] Wenn aber jemand nicht eher selbst zu Mir kommen wird, der wird vom Führer dann harte Stöße gar oft empfangen, da ihm dieser Worte künden wird und Pflichten auferlegen, von denen ihm nie etwas geträumt hatte, und deren Ausübung ihm dann auch schwerer fallen wird, als wäre ihm ein ganzer Berg zum Tragen auferlegt worden.

08] Also - Ich bin der Erste; dann erst kommt der, der äußerlich Mein Wort in euch bestätigt! Amen.

09] Nach dem aber entließ sie der Abedam und hieß sie Ihm zu folgen und bei Ihm zu verweilen, solange Er sichtbar unter den Kindern verweilen werde.

10] Nach dem aber berief Er den Jura, den Bhusin und den Ohorion zu Sich.

11] Und als sich diese eiligst zu Ihm begaben und vor Ihm auf ihre Angesichter niederfielen, hieß Er sie alsbald wieder erstehen und sagte zu ihnen:

12] »Ihr werdet jetzt sicher alles vernommen haben, was alles schon hier erörtert worden ist, somit Meinen Willen vollkommen und klar, insoweit es jedem von euch zu handeln darnach leicht möglich zusteht.

13] Doch euch habe ich nicht für die Tiefe bestimmt, - daher habt ihr da, wie alle andern, auch keine Pflicht; aber nun bestimme Ich euch alle gleichermaßen für die Demut, wollt ihr wahrhaft Meine Kinder sein und haben ein vollkommen freies, ewiges Leben aus Mir.

14] Ich brauche euch nicht mehr über die Demut zu sagen, als Ich von ihr schon zu den Erwählten gesagt habe, sondern nur zu ermahnen habe Ich euch noch, daß auch ihr euch vor allem der Demut eurer Herzen befleißigen sollt; denn ohne die wahre, innere Demut seines Herzens kann Mich niemand wahrhaft liebend in seinem Herzen erfassen und dadurch dann leben ein vollkommenes, ewiges Liebeleben aus Mir.

15] Wann immer ihr Mich werdet lieben wollen, euer Herz aber wird nicht stark genug sein, Mich mit flammender Liebe zu erfassen, sondern wird sich müssen allein mit den trockenen Gedanken von Mir sich beschäftigend begnügen (welcher Zustand gleich ist dem, da jemand möchte recht mit Geisteswärme etwas ergreifen, hatte aber schon zuvor ein paar Nächte nicht geschlafen, darum sich ein Stumpfsinn gerade dann seiner bemächtigen wird und eine große Schlaflust, wann er sich's gerade vorgenommen hatte, im Feuer seines Geistes zu wirken), so denket, es fehlt euch an der wahren Demut; denn sie ist das eigentlichste Grundfundament alles Lebens.

16] Habet ihr aber das nicht, was ist da eure Liebe? - Ein nächtlicher Traum! - Was Meine Erbarmung an euch? - Das Berühren eines Steines mit einem Stocke! - Was Meine Gnade? Ein Licht einem faulen Baumstocke! Mein Wort? - Ein unvernommener Schall einem toten Erdklotze! - Was Meine Liebe zu euch? - Das Wehen eines sanften Windes über ein unempfindliches Steingeröll! -Ja, was am Ende Ich Selbst? - Nichts als ein schales Denkbild ohne Sein, oder was da ist einem Tiere, das in der Meerestiefe und in dem Erdinnern schläft, der Strahl der Sonne!

17] Darum also befleißigt auch ihr euch vor allem der Demut! Wenn ihr derselben innerste Wurzel werdet gefunden haben, dann habt ihr auch vollends Mich gefunden in aller Macht, Kraft und Gewalt und Meine Liebe, Gnade und Erbarmung und das ewige Leben und seine Herrlichkeit in allem dem!

18] Nehmet somit auch ihr hin Meinen Segen, und seid weise Führer und Lehrer aller eurer Kinder! Lehret aber auch ihr sie alle, zuvor Mich zu suchen; und haben sie Mich gefunden in der wahren Liebedemut ihrer Herzen, dann erst sollen sie auch zu euch kommen und euch zeigen den großen Fund, den sie überkommen haben.

19] Ich aber erteile auch euch alle nötige Macht und Kraft; diese sollt ihr weise benützen, wann ihr irgend solltet einen Starrsinn merken.

20] Wie aber Ich euch zu leiten eure Kinder nun erwähle, also sollt auch ihr aus eurer Mitte erwählen jene, welcher Herzen ihr voll der wahren Demut finden werdet; aber ja etwa keinen, der danach strebete und möchte mehr sein und größer denn alle seine Brüder, anstatt der Geringste unter ihnen!

21] Auch den nicht, so er sich zu allergeringst stellte, um erwählt zu werden; denn einen Kriecher sollt ihr sogar so lange eures Landes verweisen, bis er, versehen mit Meinem Zeugnisse im Herzen, zu euch zurückkehren wird, und wird euch bitten um die Aufnahme für den geringsten Knecht in eurem Lande.

22] Solches alles beachtet wohl, und seid voll Freundlichkeit gegen alle Fremde, die Ich bald zu euch führen werde; dann werde Ich auch bei euch sein zu allen Zeiten! Amen. Mein Segen mit euch! Amen.«



13. Kapitel: Ansehen und Führeramt.
01] Und nachdem diese drei auch entlassen worden sind, wendete sich Abedam der Hohe zu Abedam, dem bekannten, und fragte ihn:

02] »Abedam, sage Mir, was soll Ich denn aus dir machen? Siehe, die Kinder im Abende haben noch keinen Führer; wie wär's denn, so Ich dich ihnen gäbe?«

03] Und der andere Abedam entgegnete: »O du bester Vater! Fürs erste kann ich Dir auf diese Deine lebenvollste Frage nichts anderes zur Antwort geben als: Es geschehe Dein heiliger Wille! Denn Du weißt es ja ohnehin, daß ich allzeit bereit bin, für Dich ins Feuer zu gehen und mich in alles aus endloser Liebe zu Dir umgestalten zu lassen, was nur immer Dein heiliger Wille aus mir machen möchte!

04] Jedoch, weil dieses Führeramt denn doch immer mit einem gewissen Grade von Ansehen notwendig verbunden ist (vergib mir, wenn ich gewohntermaßen von der Leber geradeheraus sage), welches, ich glaube es fest, auch Du Selbst nicht so ganz und gar vom Amte trennen kannst, solange der Führer das sein und bleiben solle, wozu Du ihn allergnädigst erwählt hast, so möchte ich Dich bloß darum bitten, zuliebe meiner schon alten Demut, die mich eigentlich zu Dir geführt hat, mich samt meiner großen Dummheit mit diesem heiligen Amte zu verschonen. Siehe, es sind da der Kinder in der großen Menge; es werden sich sicher noch mehrere Kisehels darunter finden lassen!

05] Du weißt es ja, daß ich schon von jeher nur meine größte Freude an der möglichst geringsten Stellung hatte, daß ich allzeit um ganze tausend Male lieber gehorchte, als irgendeinem andern ein Geschäft gab; darum also verschone mich mit diesem Amte!

06] Ja, so es Dir recht wäre, - so ganz im unbemerkten Stillen möchte ich wohl Deinen heiligen Namen verkünden; aber nur möchte ich dabei von niemandem als etwas beachtet werden!

07] Ich weiß zwar wohl von Dir aus, daß dann selbst die Demut aufhört, eine eigentliche Tugend zu sein, so man sie nur darum beachtet, weil man sich gewisserart eigenliebig in ihr am wohlsten befindet, - allein, o Du bester Vater, Du siehst ja mein Herz, daß solches bei mir ganz und gar nicht der Fall ist, sondern daß ich nur aus Liebe und allerhöchster Achtung zu Dir demütig und aus diesem Grunde aber auch gegen alle meine Brüder überaus gerne dienstfertig bin, was da solches alles ist meine alleinig größte Freude! Darum verschone mich mit diesem Amte; jedoch Dein heiliger Wille jetzt, wie allzeit! Amen.«

08] Und der hohe Abedam fragte ihn abermals, sagend nämlich: »Also möchtest du wahrhaft kein Führer sein darum, da an diesem Amte irgendein Ansehen haftet, welches du mit dem Amte unzertrennlich glaubst, ohne so recht zu bedenken, daß Ich vielleicht das dir lästige Ansehen vom Amte doch zu trennen vermöchte?'

09] Und der bekannte Abedam erwiderte: »Ja, Herr und Vater Abedam, wenn solches möglich ist, dann magst Du mich zum Führer der Tiger, Hyänen, Löwen, Bären, Wölfe, Luchse, Füchse erwählen, so will ich Dir folgen bis ans Ende der Welt! Wenn Du mich senden möchtest in die Tiefen der Meere, so will ich gehen und dort vollziehen Deinen heiligen Willen, - aber nur das Ansehen hinweg!

10] Ich für mich kann weder die Kraft, noch die Macht und noch die Gewalt gebrauchen, sondern allein Deine Liebe in meinem Herzen; denn so ich gleich den übrigen die Kraft, Macht und Gewalt hätte, wer möchte mich da beschützen vor des Amtes Ansehen?!

11] So ich aber nur Deine Liebe habe in meiner untersten Geringheit, da kann ich jedermann dienen nach der Kraft Deiner Liebe in mir in der allerseligsten Demut meines Lebens!

12] So demnach Dein heiliger Wille es wäre, möchte ich ja wohl ein unbeachteter Führer in Deinem heiligen Namen sein. Amen. »

13] Und der hohe Abedam, sagte darauf zu ihm: »Höre, Abedam, dein Sinn ist gerecht und ganz würdig, sich Meines großen Wohlgefallens zu erfreuen; allein dein Erkennen in Meiner Ordnung der Dinge steht deinem reinen Sinne noch recht weit nach. Denn siehe, es kann ja doch in der Ordnung aller Dinge kein Amt irgend geben, das da nicht mit einem erforderlichen Grade von Ansehen verbunden sein sollte; denn ohne solches Ansehen wäre ja das Amt kein Amt, sondern es wäre bloß eine lose Freistätte des Widerspruches darin jedweder möchte lieber für seine eigene Torheit streiten, denn der Weisheit seines Bruders folgen.

14] Wenn aber das Amt versehen ist mit dem gehörigen Grade von Ansehen, welches da besteht in der erforderlichen Kraft, Macht und Gewalt, so wird der Frevler ja dadurch abgehalten, zu spotten des Amtes und Meiner Ordnung, und wird endlich genötigt, des Amtes Regel zu ergreifen, diese Regel dann wenigstens so lange gezwungen zu beachten, bis er sich dieser Regel also vollends bemächtigt hat, daß sie ihm zur Richtschnur des eigenen Lebens, wie aus ihm selbst hervorgegangen, eigen, fertig und geläufig wird.

15] Siehe nun du, Mein geliebter Abedam, solches kann das Amt ohne einen gerechten Grad des Ansehens nimmer bewirken!

16] Willst du daher Mir ein Diener sein, da mußt du Meinen Willen ganz erfassen und darnach dich verhalten und getreu handeln, und es darf nichts von deinem Willen dabei sein als nur allein der willige Gehorsam, welcher da ist der Same der wahren, inneren Demut.

17] Das Ansehen aber haftet ja ohnehin nicht an der amtshandelnden Person, sondern nur am Amte selbst, welches aber nichts anderes darstellt als Mich Selbst in Meiner Liebe, Gnade und Erbarmung, so es von Mir aus angeordnet und bestimmt wird samt denen, welche da das Amt zu führen haben. Möchtest du Mir daher das Ansehen Meiner Heiligkeit streitig machen?!

18] Es wird zwar in der Zeit der Dinge der Welt wohl noch gar verschiedene Ämter geben, und die Menschen werden sich bis zum Tode abmühen, um ein solches Amt irgend zu erhaschen; diese Ämter werden dann freilich wohl schwerlich von Mir sein, und alle ihre Kraft, Macht und Gewalt wird sein eine euch allen noch fremde Weltmacht!

19] Doch also verhält es sich nicht mit dem Amte, das Ich dir hier auferlege! Dieses Amt erhältst du ja nur zufolge deiner großen Demut; daher nimm es an also, wie es alle anderen angenommen haben, und handle danach, so wirst du wahrhaft leben ein vollkommenes Leben aus und in Mir!

20] Und so empfange denn auch du Meinen Segen, und sei darum ein wahrer, getreuer und lebendiger Führer aller der Kinder des Abends.

21] Dem du aber die Hände auflegen wirst in Meinem Namen, der soll dir gleich ein Führer den Brüdern werden in aller Liebeweisheit aus Mir.

22] Und also nimm hin Meinen Segen, und wie du führest Meinen Namen, also sollst du auch fürder führen Mein Wort, Meine Liebe, Meine Gnade und Meine Erbarmung in aller Kraft, Macht und Gewalt! Amen.«



14. Kapitel: Über die Lasten des Führeramtes und die Schwachheit des Menschen.
01] Und der bekannte Abedam ward also durch und durch ergriffen von der großen Gnade des Herrn, daß er sich gar nicht finden konnte, um Ihm einen Dank darbringen zu können; er war im eigentlichsten Sinne des Wortes und der Bedeutung sozusagen ganz weg und konnte weder reden noch deuten, noch stehen oder gehen.

02] Da aber der hohe Abedam dessen große Verlegenheit gar wohl gemerkt hatte, so trat Er zu ihm hin und rührte ihn an und sprach zu ihm:

03] »Abedam, tue dich auf; denn es ziemt sich nicht, daß ein Mann wie du in eine gar so große Verlegenheit gerät, daß er darob beinahe unsinnig wird. Siehe, solches taten nicht einmal die Mägde, als Ich ihnen gar große Dinge gezeigt hatte und sie auch nicht minder denn dich großer Gnaden teilhaftig werden ließ; und dazu noch kennst du Mich schon länger denn diese!

04] Daher sei ein Mann und nicht ein Hase im Angesichte eines Wolfes!

05] Auch darfst du dich jetzt ja noch nicht von Mir hinwegbegeben, sondern sollst an Meiner Seite verbleiben wie ehedem; darum (weil) du jetzt aber eine wahre und nützliche Bestimmung deines Lebens von Mir erhalten hast, mußt du denn darum unsinnig werden?!

06] Ich sage dir aber: Wenn du erst dein Amt ausübend antreten wirst, dann wird dir erst das größte Licht aufgehen; da wird es dir klar werden, daß Meine Ämter auf dieser Welt nichts weniger als etwa mit Honig überladen sind, sondern desto mehr mit Bitterkeiten aller Art.

07] Da erst wirst du Mir recht danken für die Mitgabe der Kraft, Macht und Gewalt, darum (indem) du erst einsehen wirst, wie arm du wärest in deinem Amte ohne diese Mitgabe.

08] Daher erhebe dich, und danke Mir erst, wenn du alle Süßigkeiten Meines dir nun gegebenen Amtes gekostet haben wirst. Amen.

09] Und nach diesen Worten erhob sich der Abedam, der bekannte, aus seiner Betäubung und fragte den hohen Abedam, ob er nun nicht etwas reden dürfte.

10] Und der hohe Abedam fragte ihn entgegen: »Untersuche zuvor deine Zunge, ob Ich sie mit irgendeinem Stricke an den Gaumen oder an die Zähne angebunden habe!«

11] Und der bekannte Abedam erwiderte: »O Herr und Vater, solches ist mitnichten der Fall!«

12] Und der hohe Abedam sagte zu ihm: »Wenn solches nicht der Fall ist, so magst du ja immerhin reden, wie dir die Zunge gewachsen ist; aber verstehe: nur nicht gar zu stark von der Leber weg, wo die Galle ihr Haus hat, sondern dafür lieber etwas mehr vom Herzen weg, wo das Leben sein Haus hat; verstehe es wohl! Amen.«

13] Und der bekannte Abedam entwand folgende Worte seinem Herzen und sagte: »Abedam, Du großer, heiliger, allmächtiger, liebevollster, gnädigster, sanftmütigster, allerbester Vater, jetzt erst kann ich Dir danken; jedoch nicht mit Worten, nicht mit Gebärden, nicht mit den Händen, nicht mit den Füßen, nicht mit dem Bauche, nicht mit dem Rücken und nicht mit dem Kopfe will ich Dir danken, sondern allein in der stets größeren Demut, Geduld und Liebe meines Herzens will ich Dir danken, und in der Tat will ich Dir ein Opfer darbringen, ein Opfer der Ergebung in Deinen heiligen Willen, ein Opfer der Geduld, ein Opfer der Sanftmut, der Liebe, der Erbarmung und ein Opfer der Beharrlichkeit. Und möchtest Du auch Feuerbrände und glühende Steine auf mich herniederregnen lassen, wahrlich, sage ich Dir, Abedam wird nicht weichen, sondern in Deiner Treue beharren bis ans Ende seiner Tage, und möchten deren noch so viele folgen, als da ist des Sandes im Meere; denn Du wirst mir doch sicher nicht über meine Kraft Lasten auferlegen?!

14] Was aber mit meinen Kräften übereinkommt, das mag ja schon aussehen, wie es nur immer will; es wird alsbald auf meine Schulter genommen werden und dann allergeduldigst getragen bis ans Ende meiner von Dir bestimmten Zeit!

15] Versuche nur eine Probe mit mir zu machen! Stelle mich ins Feuer, oder schicke mich ins Wasser, oder lasse mich den Blitzen nachjagen, oder lasse, was Du, o Vater, nur immer willst magst, über mich kommen, und ich werde es aus Liebe zu Dir geduldigst ertragen!

16] Doch nicht darum verlange ich solches von Dir, als wollte ich Dich von meiner Beharrlichkeit gewisserart überweisen, - denn Du weißt es ja schon von Ewigkeit her, wieviel ich standhaft werde zu ertragen imstande sein; sondern nur darum bitte ich Dich mir eine solche Probe zuzulassen, damit ich daraus für mich selbst ersehen möchte, inwieweit sich meine Stärke der Beharrlichkeit erstreckt, und wieviel der Schwäche noch in mir verborgen ist, und ob ich bei der vielen Bitterkeit Deines Amtes an mir dasselbe völlig zu ertragen werde imstande sein. Dein heiliger Wille! Amen.«

17] Und der hohe Abedam blickte ihn liebernstlich an und sagte dann zu ihm, ihn am Arme fassend:

18] »Abedam, Abedam, du nimmst dir viel vor! Aber bedenke auch dabei wer Der ist, dem du solche Verheißungen machst!

19] Kennst du alle die unendlichen Versuchsmittel, die alle ewig Meinem Willen zu Gebote stehen? Meinst du, es hängt von dir ab, ob du stehen bleibst, oder ob du dich zerfallest zu Tode?

20] Daher bleibe du nur getreu bei dem, was Ich dir anvertraut habe, und bitte dir nicht Lasten von Mir aus, die du in der Wirklichkeit nicht einmal mit halbgeöffneten Augen dir anzublicken getrauen möchtest, und Ich werde mit dir zufrieden sein! Und wenn du Mich schon um etwas bittest, so bitte Mich lieber darum, daß Ich alle Versuchung von dir abwenden möchte, statt dich in Versuchungen zu führen! Dann wirst leichter du bestehen und wirst Mir wohlgefälliger sein, wenn du Mir in dem getreu verbleibest, über was Ich dich gestellt habe, als wenn du, von und neuen Lasten zu Tode gedrückt, dann in aller Verzweiflung zu Mir rufen würdest: ,Herr, errette mich, oder ich gehe zugrunde!'

21] Damit du aber die Torheit deiner Bitte so recht einsiehst, so will Ich dir nur eine Stechfliege auf eine Minute lang auf dein Angesicht setzen, und dir wird diese Minute lang genug werden! Und also geschehe deinem Wunsche nach Amen.

22] Und im Augenblicke saß eine große Stechfliege dem bekannten Abedam im Gesichte und fing ihn an gewaltig zu stechen. Der Abedam erschrak darüber also heftig, daß er beinahe in die Verzweiflung übergegangen wäre, da er der unaufhörlich stechenden Fliege nicht loswerden konnte, hätte ihn der hohe Abedam nicht vor der Zeit davon befreit.

23] Als er von der kleinen Last los war, fiel er dem Abedam alsbald zu den Füßen und dankte Ihm wie ein Neugeborener für diese Errettung vom nahen Untergange.

24] Und der hohe Abedam fragte ihn darauf: »Na, - möchtest du nun auch noch eine kleine Feuerprobe machen?

25] Und der bekannte Abedam erwiderte, am ganzen Leibe zitternd: »O Herr, verschone mich in alle ewige Zukunft nicht nur mit der jetzt versprochenen Feuerprobe, sondern lasse auch nimmer eine solche hartnäckige Fliege über mein Gesicht kommen; denn Deine Versuchungen sind erschrecklich!«

26] Und der hohe Abedam sagte ihm darauf: »Du sollst verschont bleiben ewig; aber verschone auch du Mich mit jeder noch viel erschrecklicheren Torheit vor Mir und bleibe Mir getreu, Amen.«



15. Kapitel: Ungehorsam aus Liebe.
01] Nachdem der hohe Abedam den bekannten Abedam somit geordnet hatte, und dieser dadurch in sich erkannt hatte, daß er mit aller seiner Demut noch bei weitem nicht im rechten Grunde war, und daß eben der Herr ihn erst in den wahren Grund zurück in des Liebelebens Tiefe der Tiefen geführt hatte, da fing er erst auch wahrhaft dem Abedam zu danken an. Und der Abedam stärkte ihn und wandte Sich dann an den Henoch und sagte folgendes zu ihm:

02] »Henoch, wie du es selbst siehst, daß da noch eine und eine halbe Schattenwende abgehen von der geraden Mitte des Tages - es solle aber um eine Schattenwende vor der Mitte des Tages das Opfer des Volkes wegen angezündet werden -, so bliebe uns noch eine halbe Schattenwende übrig!

03] Was deucht dich, das da nützlich wäre, womit wir diesen Rest der Zeit zubrächten?«

04] Und der Henoch, ganz entflammt von der reinen Liebe zu Mir, sagte:

05] »O Abba, Du hast es schon bestimmt und hast zuvor geredet zu meinem Geiste: ,Henoch, siehe, die Kinder aus dem Morgen haben ihren Vater noch nicht zu Gesichte bekommen!

06] Gehe daher hin zu ihrer mäßigen Schar, und berufe alle zu Mir, damit sie Mich sehen und Ich sie segne!'

07] Da ich solches von Dir, o Du Abba, erfuhr, was könnte ich wohl noch denken, das da nötiger wäre, als was Dein heiliger Wille erheischt?«

08] Und der Abedam sprach weiter zum lieben, frommen Henoch: »Lieber Henoch, da du aber solches schon vorher vernommen hast in deinem Herzen, warum gingst du denn nicht sogleich und vollzogst Meinen Willen, sobald du solchen in dir gewahrtest?«

09] Und der Henoch erwiderte: »O Abba, wer kann sich von Dir trennen, solange er Dich wesenhaft lebendig vor Augen, Ohren und allen seinen Sinnen und vorzüglich aber vor und in seinem Herzen über alles liebend hat?!

10] Heilig, ja überheilig ist jegliches Wort, das Du, o Abba, zu unseren Herzen heimlich sprichst, - aber noch überheiliger bist Du Selbst!

11] Denn so Dein überheiliges Wort sich hören läßt in meinem Herzen, da hast Du, o Abba, es also gegeben, daß unsere unlauteren Herzen das Feuer Deiner unendlichen Heiligkeit ertragen können, welches da aus jeglichem Deiner Worte gleich einem großen Licht- und Feuerstrome sich in unsere vor unaussprechlicher Liebe und Ehrfurcht bebenden Herzen ergießt.

12] So Du, o Abba, aber wesentlich vor uns handelst und sprichst, da ist jedes Deiner über-, überheiligsten und allerlebendigsten Worte ein unendliches Lichtfeuermeer!

13] Wenn Du nur ein Fünkchen dieser Deiner Worte, welche nur Dein heiligster Mund auszusprechen vermag, in mein Herz so ganz unverhüllt kommen ließest, was möchte da wohl aus mir werden?!

14] Und so siehe, wie Du schon von Ewigkeiten her gesehen hast: die Ursache dieses meines Ungehorsams gegen Dein überheiliges Wort in mir bist Du, allerheiligster Vater, ja Selbst und meine Liebe zu Dir, die mich gefesselt und überinnigst an Dich, o Abba, gebunden hat.

15] Ich lebe ja nicht mehr ein Leben der mir von Dir gegebenen Natur, der ich durch Deine große Erbarmung schon lange gestorben bin, sondern Du allein bist nun alles Leben und alle Liebe in mir, so, daß ich nicht mehr ich, sondern nur Du alles in allem in mir bist.

16] Und so war auch das Dein Wille, daß ich bleibe, solange Du mich äußerlich nicht mahntest, werktätig zu vollziehen Deinen allerheiligsten Willen.

17] Jetzt aber hast Du mich gemahnt, und solches ist das heilige Zeichen zum Tataufbruche, und siehe, o Abba, meine Füße harren Deines Winkes, obschon ich ganz helle in mir erschaue, daß Du, o heiligster, liebevollster Vater, meines armseligen Dienstes nimmer bedarfst, sondern durch Deine endlose Vaterliebe mir nur etwas zu tun gibst und siehst dann meine nichtige Tat also gnädigst an, als wäre sie etwas vor Dir, während doch nur Du, o liebevollster Vater, es bist, der in Seiner unendlichen Liebe und Erbarmung Sich also unbegreiflich tiefst herabläßt und handelt also verborgen mächtig durch das schwache Werkzeug gleich also, als handelte das Werkzeug für und von sich aus.

18] Darum Dir alle meine möglichst endloseste Liebe jetzt, wie in alle Ewigkeit der Ewigkeiten! Amen.«

19] Und der Abedam sagte darauf zum Henoch: »Henoch, du hast Mir wahrlich eine vollgültigste Antwort gegeben, an welcher durchaus mitnichten etwas auszustellen übrigbleibt, - ja, es möchte wohl der Himmel erster, tiefsinnigster Cherub nicht mehr da gesagt haben, als was du Mir jetzt erwidert hast. Aber dessenungeachtet dürfte doch noch etwas darinnen sein, was um der anderen willen eine stärkere Beleuchtung erfordern möchte, - und dieses ist, daß du als die Ursache deines Ungehorsams Mich vorher genannt hast!

20] Du magst die vollste Wahrheit geredet haben; daß sie aber an dir nicht zum Fehler werde und den andern zum Ärgernisse, so magst du sie wohl leuchtender werden lassen vor den Vätern, Brüdern und Kindern! Amen.«

21] Und der Henoch sagte in der freudigsten Ehrfurcht vor dem Abedam, wie in der allerinnersten Liebe zu Ihm: »O Abba, also verstehe ich dieses, und also auch möchten es alle verstehen:

22] So da jemand hätte eine geliebte Braut, die da wäre voll der innigsten Liebe zu ihm, der Bräutigam aber käme einmal zu ihr in den Garten; als sie ihn nun erkennt und sich über so manches der rein himmlischen Liebe mit ihm bespräche und sie daraus ersähe, wie sehr sie auch der Bräutigam liebt; wenn ihr dann aber der Bräutigam sagte so ganz stille und unvermerkt: ,Höre, du meine geliebte Braut, dort gen Morgen des Gartens wächst eine wunderbar schöne Blume! Möchtest du nicht alsbald hingehen und sie hierher bringen mir zu einem Gedenkzeichen deiner Liebe?'

23] Da aber die Braut den Bräutigam dabei ansieht, da vermag sie sich nicht zu trennen vor zu übermächtiger Liebe zu ihm und gedenkt nicht eher der unschuldigen reinen Blume, als sie der Bräutigam abermals lieblichst gemahnt der Blume.

24] Und also war ja der Bräutigam der süßen Schuld Träger durch seine Liebe, darum die Braut nahe des Blümchens vergessen hätte!«

25] Und der Abedam fragte darauf noch den Henoch: »Henoch, weißt du aber auch, wer dir nun dies Bild gab? Oder ist es auf deinem Grunde gewachsen?'

26] Und der Henoch antwortete: »Ja, o Abba, es ist wahrhaft auf meinem Grunde gewachsen; denn Du, o mein liebevollster, heiliger Vater, bist ja allein mein ewiger Grund!«

27] Und der Abedam sagte laut: »Höret ihr alle! Also reden die Lebendigen allzeit aus dem wahren Grunde; denn Ich Selbst bin der ewige Grund aller ihrer Worte!

28] Darum trachtet alle nach dem, wonach der Henoch allzeit getrachtet hat, so werdet auch ihr des Henoch festen Grund finden!

29] Du, Henoch, aber gehe nun und bringe Mir sieben Blümchen vom Morgen her, und lasse alle die übrigen den sieben folgen! Amen.«



16. Kapitel: Henoch bringt Uranion, seine 6 Brüder und die Kinder des Morgens zu Gott.
01] Und alsbald nach den Worten Henochs und nach der Vollbilligung derselben vom Abedam begab sich der Henoch hin zu den Kindern des Morgens, welche sich nahe an der Grotte Adams gelagert hatten.

02] Als er nun vollends bei ihnen ankam und sie seiner ansichtig wurden, da schrien sie vor Freude und sagten: »Sehet, sehet, der Henoch, der liebevolle, weise Lehrer Henoch, dessen Worten sogar der Erzvater Adam sich willigst unterwarf, kommt zu uns! Ja er ist schon zu uns gekommen und ist schon bei uns, unter uns und in uns!«

03] Und ein Vater des Morgens, namens Uranion, trat vor den Henoch hin und fragte ihn mit der größten und liebevollsten Ehrfurcht:

04] »Vater Henoch, du weisester Lehrer des großen Gottes, der da ist die ewige Liebe und Weisheit Selbst, welche heilige Absicht hat denn uns der hohen Gnade teilhaftig werden lassen, daß du selbst zu uns kamst?

05] Wahrlich, nichts Geringes magst du für uns im Hinterhalte haben!

06] So dein Wille es wäre, möchtest du uns es ja kundgeben; denn solches ist ja unser alleiniges Glück, und wir alle haben noch nie ein anderes gesucht, als nur etwas zu vernehmen von Dem, dessen Name zu heilig ist, als daß unsere Zungen würdig wären, ihn auszusprechen!

07] Daher, du allerehrwürdigster Vater Henoch, gib uns kund, was dich zu unserer großen Armseligkeit hergeleitet hat!«

08] Und der Henoch aber richtete darauf folgende Worte an sie und sagte: »So höret denn, ihr alle meine geliebten Väter, Brüder und Kinder! Fürs erste danke ich euch für eure Liebe gegen mich und alle meine und eure Väter, Brüder und Kinder und lobe eure allzeit rechte Gottesfurcht und allerseligste Liebe des großen, heiligsten, liebevollsten und allersanft- und langmütigsten Vaters in aller großen Demut eurer Herzen, - setze aber fürs zweite hinzu, daß eure große Liebe mich in alle Zukunft mit den nahe vergötternden Ausdrücken eurer liebwärmsten Gefühle verschonen möchte; denn sehet, niemand als nur allein Gott, unser aller liebevollster, heiligster Vater ist es, dem allein alle Ehre, alles Lob, aller Ruhm, alle Liebe und alle Anbetung gebührt!

09] Wir aber sind alle gemeinschaftlich Brüder untereinander, da keiner dem andern ein Herr sein solle, sondern, wie gesagt, nur ein Bruder und eine liebe Schwester und ein liebweiser Vater den Kindern und ein reiner, liebevoller Mann dem Weibe, und so es dem heiligen Vater wohlgefällt, daß ein Bruder den andern führe in aller Liebe, so dieser das Licht des Lebens verlor; was darüber ist, das alles sind wir nur dem heiligsten Vater schuldig.

10] Solches fasset in euer Herz, und höret nun weiter: Du, Uranion, hast mich schon gleich anfangs um die heilige Absicht gefragt, die mich zu euch hierher geführt hat; so vernimm denn, was ich dir nun kund geben werde:

11] Was möchtest du wohl von einem Menschen halten, dessen Wort also mächtig ist, daß es mit dem leisesten Winke schon einen Sturm, wie der gestrige es war, also zunichte macht, als wäre er nie dagewesen?

12] Der mit einem Worte diese ungeheure Prachtgrotte Adams, welche, wie es mehrere von euch heute früh werden bemerkt haben, vom Sturme bis zu Staubtrümmern zerstört ward, wieder also herzustellen vermochte, als wäre sie schon als ein Gebäude von Ewigkeit da gestanden!

13] Ja, ich sage dir, ein Mensch, vor dessen Hauche das Meer flieht, und vor dessen Stimme die ganze Unendlichkeit ehrfurchtsvollst erbebt, vor dessen Blicke die Sonne erlischt, unter dessen Tritte alle Welt zunichte wird, und zu dem er sein Herz wendet, der wird erfüllt mit aller Macht, Kraft und Gewalt über alle Dinge der Welt, und sein Herz wird zu einem allerlebendigsten Feuerbrande der reinsten Liebe, der innersten Demut und des ewigen Lebens aus ihr!

14] Sage mir, was du wohl halten möchtest von ihm! - Doch mich halte ferne jedem deiner Gedanken!«

15] Und der Uranion besann sich einige Augenblicke lang und gab endlich zur Antwort: »O Henoch, deine Worte klingen geheimnisvollst! Wenn es in aller Wahrheit irgend einen solchen Menschen gäbe, welch ein Unterschied wäre da wohl zwischen ihm und zwischen Gott?!

16] Denn was du von ihm aussagst, ist ja alles, was möglicherweise wir uns von Gott denken können, und also müßte dieser Mensch entweder von aller Gottheit selbst durchdrungen und erfüllt sein, oder der Mensch ist Gott Selbst!

17] Denn sonst wäre solches unmöglich zu fassen, wenn da nicht angenommen werden könnte, wie ich es vorher dir kundgab! Denn obschon der Mensch von Gott aus großer erstaunlicher Gnaden fähig ist, gleich wie ein kleines Gefäß, in welches wir sieben Handvoll Wasser tun können, da jeder Tropfen desselben ist ein Sammelplatz von sicher ungeahnten, zahllosen Wundern, aber wie es undenkbar ist, in dieses Gefäß das ganze ungeheure Meer zu bringen, so auch ist es undenkbar, daß es einen uns gleichen natürlichen Menschen geben soll, der für den Besitz rein göttlicher Größe, Kraft, Macht, Gewalt, Liebe, Gnade und Erbarmung also fähig sein möchte, daß er bestünde und nicht alsbald vergehe unter der endlosen Schwere solcher rein göttlichen Fülle!

18] Daher also, geliebter Henoch, drücke dich für uns nicht also geheimnisvoll aus, sondern zeige uns allen klar, was hinter deinem also übermächtigen Menschen steckt!«

19] Und der Henoch erwiderte ihm: »Ich sage dir, Uranion, rufe deine sechs Brüder zu dir, und folge mir dann mit allen deinen tausend Kindern, und siehe dorthin, auf der Morgenhöhe Adams sollt ihr alle diesen mächtigsten Menschen wesentlich näher kennen lernen!«

20] Und der Uranion tat alles nach den Worten Henochs und stand mit seinen sechs Brüdern alsbald wieder ganz fertig da.

21] Und der Henoch besah die Ordnung und erbat sich dann, ihm zu folgen.

22] Fröhlich und voll der größten Erwartung gingen sie der herrlichen Morgenhöhe zu. Als sie derselben aber schon ganz nahe waren, da ergriff sie alle eine große Angst und Bangigkeit, so zwar, daß sie sich kaum weiter getrauten.

23] Der Henoch aber flößte ihnen Mut ein, ihm nur beherzt zu folgen; allein es wollte sein Wort nicht durchdringen. Und der Henoch ward verlegen, einen so schlechten Boten gemacht zu haben.

24] Als er sich aber umsah, siehe, da stand schon Abedam ihm zur Seite!

25] Der Henoch, darüber höchst erfreut, wollte Ihm sogleich seine Not kundgeben.

26] Aber der Abedam sagte zu ihm: »Laß jetzt nur alles gut sein! Soweit deine Kraft zu wirken bestimmt war, hat sie auch treulichst gewirkt; jetzt aber, da Ich dir zu Hilfe kam, hast du keine Sorge mehr, - sondern lasse nun Mich sorgen!«

27] Darauf aber Sich zu den sieben wendend: »Warum fürchtet ihr euch denn weiterzugehen? - Sagt es Mir! Vielleicht weiß Ich ein Mittel, das euch sicher alle Furcht benehmen wird!«

28] Und der Uranion sagte darauf: ,Edelster Bruder und Freund! Es soll hier auf der vollen Höhe sich ein Mensch befinden, der da so mächtig sein soll, als wäre er Gott Selbst! Und dieser Gedanke hemmt unsere Glieder!«

29] Und der Abedam erwiderte ihm: »Wenn ihr sonst nichts fürchtet, dann ist eure Furcht nun schon zu Ende; denn sehet, dieser fürchterliche Mensch bin Ich Selbst! Wahrlich ein Mensch, dem die ganze Ewigkeit und Unendlichkeit, alle Himmel und alle Erden, alle Engel, alle Menschen und alle Kreatur ewig untertan sind und auch ewig bleiben werden!

30] Allein, warum sollt ihr euch darum vor Mir fürchten? Folgt Mir nur mutig, und fürchtet nichts; denn ihr werdet Mich gar bald von einer ganz anderen Seite kennen lernen! Amen.« Und sie alle folgten Ihm.




17. Kapitel: Uranion und Purista bei Adam und Eva. Das Früchtewunder. Das vom Blitz entzündete Opfer.
01] Da aber der Weg nur mehr einige hundert Schritte lang war, so versteht es sich auch schon von selbst, daß die noch übrige Reise nicht mehr gar lange angedauert hat, besonders, wenn man noch den allmächtigen Führer mit in Anschlag nimmt, bis sie die Vollhöhe erreicht haben.

02] Nun also da anlangend, verneigten sich alle die Kinder vor Adam und der Eva und sodann auch vor allen übrigen Hauptstammkindern. Als sie durch diese übliche Art nun allen die gebührliche Achtung und Liebe bezeigten, da ging alsbald der Uranion hin zum Adam und grüßte und dankte ihm im Namen aller und ließ dann hervortreten eine Urenkelin von ihm, namens Purista, welche da in einem aus einer Art Gebirgsgras mit eigener Hand geflochtenen Körbchen dem Adam auserlesene Früchte des Morgens zu überreichen hatte; und sie trat hervor und tat mit großer, zartester Freude, wie es ihr geboten war.

03] Als aber der Adam die überherrlichen Früchte besah, da fing er an, sich ganz gewaltigst zu erstaunen, da er noch nie ähnliche Früchte von solchem Wohlgeruche gesehen und empfunden hatte, und fragte darum die Purista: »Purista, du allerliebstes Töchterchen deines Vaters Gabiel, der da mir ist ein großer Liebling, komme her zu mir, und sage es mir, wo du denn diese gar so überherrlichsten Früchte für mich gesammelt hast!

04] Denn das sind ja Früchte, dergleichen meine Augen vom Uranbeginne meines Seins nie, nie noch gesehen haben! Das sind ja wahrhaft überparadiesische Früchte; ja ich möchte sie im Ernste himmlische nennen

05] Sage mir daher, wo du sie gesammelt hast!«

06] Als aber die Purista selbst die Früchte näher besah, da erschrak sie und wußte nicht, was sie darauf sagen sollte; denn die Früchte kamen ihr selbst nun ganz fremd vor.

07] Und sie rief ihren frommen Vater Gabiel herbei und fragte ihn heimlich: »Lieber Vater, hast du mir denn die Früchte heimlich ausgetauscht?

08] Denn siehe nur hin, das sind doch wahrlich die Früchte nicht, die unser kleines Gärtchen trägt?! Denn solche herrlichen Früchte haben wir ja selbst noch nie gesehen!«

09] Und der Gabiel sagte zu ihr: »Du meine einzige, geliebte Tochter, da ist ein Wunder geschehen! Wie sich die Sache verhält, also erzähle sie auch dem erhabenen Erzvater!«

10] Und die Purista trat nun schüchtern hin vor den Adam und erzählte ihm, wie sich die Sache verhielte.

11] Und der Adam erwiderte darauf: »Ja, ja, es ist, wie ich mir's heimlich sogleich gedacht habe: wir alle sind schon wieder um eine Gnade reicher!

12] Wo der heilige Vater, der allerbarmungs- und allerliebevollste, schon also im voraus Sich wunderbar benimmt, was wird da erst Seine Enthüllung bieten?!

13] O du mein armseliges Herz! Wirst du wohl ertragen solche große Milde des Herrn, unseres allerheiligsten Vaters

14] O Abedam, wer kann Dich loben, wer Dir danken, wer Dich preisen, wer Dich genug lieben und Dich anbeten nach Würde und Gebühr?!

15] Das Gefühl meiner Nichtigkeit und Deiner unendlichen und ewigen Allheit ist alles, was ich Dir zum Opfer darzubringen vermag!

16] Du meine geliebteste Purista aber kehre dich um! Siehe Den an, der gerade hinter dir steht, und danke Ihm aus allen deinen Kräften; denn Der ist es, der dein Körbchen mit diesen himmlischen Früchten angefüllt hat, ohne daß du es merken konntest, wann!«

17] Und die Purista aber sagte darauf zum Adam: »O erhabener Vater der Väter, wenn er das getan hätte, so wäre das ja recht schlimm von ihm; denn er muß ja doch wohl auch wissen daß ich niemanden mag und liebe denn allein meinen himmlischen Vater, und meinen Vater Gabiel und meine Mutter Aora!

18] Bis jetzt floh ich vor jedem Manne, und meine Sehnsucht war stets nur gerichtet nach oben zu dem allein Einen; wie konnte denn dieser Mensch mir solches getan haben?

19] Der muß ja gar nicht wissen, daß es eine Sünde ist, wenn er sich ohne den Willen Gottes einem Mädchen naht, so zwar, daß nicht einmal meine Eltern etwas davon wissen!

20] Siehe, das war ja schlimm von ihm - denn also weiß ich es von meinen Eltern aus -, und darum auch mag, darf und kann ich ihm nicht danken, und wären die Früchte noch vielmal herrlicher, als sie sind!

21] Sage du ihm nur, daß das recht schlimm von ihm war, und er solle das künftighin ja nicht mehr tun, - sonst möchte er sich wohl eine tüchtige Strafe vom himmlischen Vater zuziehen!

22] Für diesmal aber will ich den himmlischen Vater für ihn bitten, daß Er ihn gnädigst verschonen möchte!«

23] Nach diesen Worten bat sie auch inbrünstigst den himmlischen Vater um die Vergebung der Schuld an dem Menschen, der ihr dieses getan hatte.

24] Der Adam aber sagte zu ihr: »Du überschöne, herrlichste, zarteste Blume des erhabenen Morgens wahrlich, ich sage dir, wenn der himmlische Vater nie noch eine Bitte von dir erhört hätte, da glaube es mir, diese wird er sicher nicht unerhört lassen!

25] Ich kann und darf dir's jetzt noch nicht sagen, wie und warum; aber sei nur getröstet, - du wirst es sicher gar bald erfahren!«

26] Und die Purista begnügte sich damit und wurde ruhig.

27] Es berief aber alsbald der Abedam den Henoch zu sich und sagte zu ihm: »Henoch, gehe nun hin und lege das Opferlamm geschlachtet auf den Altar und komme dann alsbald wieder hierher, und siehe dann zu, wie Ich ein Feuer aus dem Himmel auf den Altar werde herniederkommen lassen, welches das Opfer verzehren wird.«

28] Und der Henoch ging alsbald hin zum Altare und erfüllte des Herrn Willen.

29] Und als er zurückkam, da stürzte alsbald ein allerhellster Blitz herab, begleitet von einem weltenerschütternden Donner, so zwar, daß selbst der Henoch darob erschrak; und alsbald auch erbrannte mit sonnenhellen Flammen das Opfer auf dem Altare, und blendend weiße Rauchwolken stiegen vom Altare zum Himmel empor.

30] Da fing's der armen Purista an schlecht zu gehen, und nicht minder allen Morgenkindern; denn sie merkten nun die vom Henoch verkündete Größe und Macht dieses ihnen noch unbekannten Menschen.





18. Kapitel: Uranions Frage nach dem Namen des wundermächtigen Mannes. Puristas kluge Antworten auf die Fragen des unerkannten Herrn. (
01] Nach dieser außerordentlichen Wundertat, während das Opfer noch im vollen Brande stand, begab sich der Uranion alsbald, am ganzen Leibe bebend, hin zum Henoch und bat ihn, daß er ihm den Namen dieses so überaus wunderbar außerordentlichen Menschen sagen möchte.

02] Und der Henoch sagte zu ihm: »Lieber Uranion, so ich dir auch dessen Namen sage, wird er dir wohl zu irgend etwas nütze sein?

03] Siehe, also wie Er Sich hier heißen läßt, gerade also heißt auch ein anderer!

04] Du siehst daraus, daß die Namensbekanntschaft dir zur näheren Erkenntnis dieses Menschen der Menschen gar wenig dienen wird; daher erkundige dich nicht vorher um den Namen, sondern wende dich nur schnurgerade an Ihn, und sei versichert, daß Er dir in drei Augenblicken mehr sagen und dich über mehr belehren wird, als ich es vermöchte in langen Ewikeiten

05] Daher wende dich nur an Ihn Selbst und zwar ohne Furcht und irgendeine Scheu; denn so endlos mächtig Er auch ist, so ist Er aber doch auch ebenso endlos gut, liebevoll, barmherzig, gnädig, milde, sanft, zart, herablassend und die unbegreiflichste Demut Selbst.

06] Daher also scheue dich nicht, und wende dich nur an Ihn!«

07] Diese Worte ermutigten den Uranion; er ging sogleich hin vor den hohen Abedam und richtete folgende Worte an Ihn:

08] »Hoher, erhabenster, mächtigster Bruder - wenn ich dich also nennen darf -, möchtest du mir denn nicht kundgeben, wer und woher du bist? Denn wie ich jetzt gesehen habe, so sind dir ja Himmel und Erde in einem so hohen Grade untertan, daß, so ich nicht mit der größten mir denkbar möglichen Liebe an dem heiligen Vater der Himmel und aller Erden hinge, ich sehr leicht glauben könnte, du wärest entweder dieser heilige Vater Selbst oder aber doch wenigstens ein aller Himmel größter und mächtigster Geist aus der endlosen Reihe der vollkommensten Engel Gottes.

09] So es dein Wille wäre, möchtest du mir ja wohl einiges Licht über dich zukommen lassen.«

10] Und der Abedam ergriff seine Hand und sagte zu ihm: »Uranion, sei über und über frohen Mutes; denn jetzt hat dich das ewige Leben ergriffen!

11] Gehe aber hin zum Gabiel und bringe ihn samt seiner kleinen Familie hierher, nämlich mit seinem Weibe Aora und seiner einzigen Tochter Purista, - und du wirst Mich dann an deren Seite in die volle Genüge deines Herzens kennen lernen Amen.

12] Und der Uranion eilte sogleich hin zum Gabiel richtete ihm den Wunsch Abedams aus und brachte ihn mit dem Weibe und der Tochter sogleich vor den Abedam hin.

13] Als sie nun beim Abedam angelangt waren, da fragte alsbald der Gabiel den Abedam: »Mächtigster der Menschen, was verlangest du von mir?

14] Siehe hier mein geliebtes Weib und da meine mir vom überheiligen, liebevollsten himmlischen Vater geschenkte Tochter! Du bist mächtig genug, um sie mir zu nehmen, - das Teuerste, was ich habe auf der Erde!

15] So du solches willst, wer wird dich zurückhalten können?!

16] Aber siehe, ich habe aber noch etwas viel Köstlicheres, als da sind mein Weib und meine Tochter; siehe, dahier im Herzen ist es tief verborgen!

17] Es ist meine Liebe und mein vollstes Vertrauen auf den heiligen, großen, liebevollsten Vater und allmächtigsten Schöpfer Himmels und aller Erde.

18] Kannst und magst du mir auch diese nehmen?!

19] Und die Purista klammerte sich an den Vater und sagte dann auch zum Abedam: »Guter, lieber, über alles mächtiger Mann, du wirst uns ja doch nicht trennen wollen?!

20] Denn der gute, weise Henoch hat uns ja allen gesagt, daß du auch sehr barmherzig wärest und gnädig!

21] Es gelte ja; - du wirst uns nicht trennen, sondern uns beisammen lassen in der allerseligsten Liebe zu unserem himmlischen Vater!

22] Du wirst ja doch auch diesen so heiligen und über alles guten Vater kennen und Ihn auch lieben, wie wir Ihn lieben!«

23] Und der Abedam fragte darauf die Purista: »Höre, du Meine allerzarteste Purista! Hast du denn den himmlischen Vater einmal gesehen?'

24] Und die Purista erwiderte: »Du mußt nicht bloß,himmlischen Vater' sagen, sondern: ,den allerheiligen, liebevollsten himmlischen Vater' mußt du sagen, nicht aber also glattweg ,Vater', sonst getraue ich mir nicht, dir zu antworten!«

25] Und der hohe Abedam korrigierte Sich nach ihrem frommsten Willen, - darauf sie Ihm dann erst die verlangte Antwort gab, indem sie sagte:

26] »Wo wäre denn irgend ein Mensch auf der ganzen Erde, der sich für so würdig halten möchte, darob er sich dann rühmen könnte, den überheiligen, liebevollsten, himmlischen Vater gesehen zu haben?!

27] Solches können vielleicht wohl die Engel; aber wir unwürdigen Menschen können ja doch solches nimmer!«

28] Und der Abedam fragte sie wieder: »Aber höre, du rein-zart-schönste Purista, - Adam ist doch auch nur ein Mensch, und er soll doch den überheiligen, liebevollsten, himmlischen Vater gesehen und gesprochen haben, nachdem er ist erschaffen worden!

29] Was sagst denn du darauf? Er ist doch auch nicht mehr als ein sündiger unwürdiger Mensch vor Gott?!«

30] Und die Purista entgegnete darauf: »Aber was dir doch nicht alles einfällt! Ist denn der Erzvater auch also ein Mensch, wie wir alle sind?

31] Weißt du denn das nicht, daß Adam der erste Mensch dieser Erde ist und unmittelbar aus der allmächtigen Hand des überheiligen, himmlischen Vaters, der da ist voll der höchsten Liebe, Gnade und Erbarmung, hervorgegangen ist? Darum kann er Ihn ja wohl gesehen und gesprochen haben; ist aber solches auch bei uns Menschen der Fall? - Denke doch nur ein bißchen nach!«

32] Und der Abedam: »Ja, da hast du freilich wieder recht, wenn sich die Sache also verhält; aber jetzt gib acht, was Ich dir jetzt sagen werde!

33] Hättest denn du keine Sehnsucht, den überheiligen, liebevollsten himmlischen Vater zu sehen? - Was sagst du Mir nun auf diese Meine sonderbare Frage?«

34] Und die Purista: »Ja, wohl wahr, eine höchst sonderbare Frage! Wer möchte denn nicht gerne sehen, besonders wenn man Ihn also über alles, alles, alles liebt wie ich?!

35] Aber verstehe, da müßte man aber auch ganz unbegreiflich noch viel, viel, viel frommer sein als ich!

36] Ich bin aber schon zufrieden, daß Sich der übergute, überheilige und liebevollste himmlische Vater von einem armseligen Geschöpfe, wie ich es bin, nur lieben läßt und Sich mir und uns allen durch Seine Wunderwerke und durch den Mund gar frommster Männer zu erkennen gibt.

37] Sage, dürften wir unreinen Menschen etwa mehr von Ihm verlangen?

38] Oder ist das, was wir von Ihm empfangen, nicht schon so viel, daß wir Ihm in alle Ewigkeit nicht genug werden dafür danken können?!«

39] Und der Abedam: »Ja, da hast du schon freilich wohl wieder recht und hast Mich wieder recht schön belehrt; aber siehe, Ich habe dessenungeachtet denn doch schon wieder eine andere Frage:

40] Hast du dir denn noch nie vorgestellt, wie etwa der überheilige, liebevollste himmlische Vater aussehen möchte? Geh' ,geh', und sage es Mir!«

41] Und die Purista: »Aber, - ist das wieder eine Frage! - - Wer dürfte oder könnte das wohl? - Gott ist ja überheilig und ist unendlich! - Nein, ist aber doch das ein Gedanke!

42] Mir ist einmal nur ganz heimlich beigefallen, als könnte Er also aussehen wie vielleicht der Erzvater Adam, - nur unendlichmal größer als er! Und wie lange habe ich mich hernach gefürchtet und habe geglaubt, eine solche Sünde wird mir gar nicht mehr verziehen werden!

43] Wie viele Nächte habe ich hernach gebetet und geweint, bis mir ein frommer alter Mann die Nachricht gebracht hat, daß mir diese Schuld wieder nachgesehen ist! - Siehe, das hat mich dann schon klug gemacht, und jetzt, wo ich schon siebenundzwanzig Jahre alt bin, lasse ich mich schon gar nicht mehr fangen!«

44] Und der Abedam: »Ja du hast Mir nun schon wieder eine gescheite Antwort gegeben; aber gebe nur acht, Ich werde dich denn doch noch fangen! Aber dann wirst du eine große Freude haben!«



19. Kapitel: Eine inhaltschwere Frage Abedams an Purista.
01] Und also sprach der Abedam weiter zu der Purista: »Du hast Mir zuvor gesagt: Der Adam ist aus der Hand des überheiligen himmlischen Vaters, der da ist voll der höchsten Liebe und aller Erbarmung, hervorgegangen; was möchtest du denn nun dazu sagen, so Ich vor euch allen behaupten möchte: Der Adam, wie er leibt und lebt, ist aus Meiner Hand hervorgegangen!

02] Und wenn du ihn der Überzeugung wegen recht ernstlich dann befragen möchtest, er es dir völlig bejahen möchte?«

03] Und die Purista: »Mächtig bist du zwar wohl außerordentlich, aber ob du auch einen Menschen, und dazu noch unsern Erzvater Adam, frei erschaffen hast, das möchte ich wohl bezweifeln, - außer es müßte pur der überheilige, liebevollste himmlische Vater Selbst es also gewollt haben!

04] Und ist das der Fall, so bist ja doch wieder nicht du, sondern nur Er der erhabene, heilige Schöpfer des Adam, und du nur Sein starkes Werkzeug!

05] Was magst du dich hernach dessen rühmen, als wärest du selbst ein Schöpfer? Siehe, solches ist nicht fein von dir!«

06] Und der Abedam: »Aber siehe, du Meine zarteste Purista, Ich liebe ja den überheiligen, liebevollsten himmlischen Vater ebensosehr und noch viel mehr, als alle Menschen zusammengenommen Ihn lieben! Und so das nicht der Fall wäre, und wäre Ich nicht demütig vom Grunde aus, könntest Du da wohl behaupten und glauben, daß Mir solche Macht verliehen werden würde, daß Mir darum die ganze Unendlichkeit auf den leisesten Wink gehorchen muß?!

07] Was sagst du denn nun zu dem, da Ich der nötigen Demut wegen Mich schon eigentlich gar nie rühmen kann, mag und darf?«

08] Und die Purista und ihre Eltern und der Uranion fingen hier ganz gewaltig an zu stutzen, und die herrliche Morgenperle ward nun verlegen und wußte nicht, was sie darauf sagen sollte.

09] Endlich aber ermahnte sie sich doch wieder und fragte ganz schüchtern, noch immer an ihrem Vater festhaltend, den Abedam: »Bist denn aber du auch wirklich also mächtig, daß da deiner Macht kein Ende ist?«

10] Und der Abedam: »Willst du ein Zeichen Meiner Macht, Meiner Stärke und Meiner Allgewalt sehen?«

11] Und die Purista: »Mir war der mächtige Blitz mit dem erschrecklichen Donner ja schon ein hinreichendes Zeichen deiner unbegreiflichen Macht; wer aber also mächtig ist wie du, der ist doch sicher auch stark und gewaltig.

12] Ob du aber auch wirklich endlos mächtig bist, - durch welches Tatzeichen könntest du mich schwaches Würmchen im Staube wohl überzeugen, da ich ewig nie werde Gott gleich die Unendlichkeit überschauen können?

13] Was möchte mir somit ein Zeichen nützen, welches du in irgendeinem endlos fernen Winkel der Unendlichkeit verrichten möchtest? Werde ich es sehen können und mich davon überzeugen?

14] Siehe, solches ist ja unmöglich! Was sollte mir hernach ein solches Zeichen nützen?! Daher lasse es lieber gut sein, und verwende deine große Macht zu etwas Besserem als zur nichts fruchtenden Sättigung menschlicher Neugierde!«

15] Und der Abedam: »Gut gesagt, du Meine liebe Purista; so rein, wie du bist, wahrlich, ist die Sonne Licht!

16] Ich sehe schon, es wird hart werden, dich zu überreden; denn alles, was du Mir nur immer sagst, ist rein und völlig helle wahr! Du willst kein Zeichen, Meine Frage beantwortest du, als redete der weiseste Engelsgeist aus dir, - und also komme Ich durchaus zu kurz bei dir!

17] Aber Ich sehe schon die Ursache; du fürchtest dich noch immer, als möchte Ich dich trennen von deinen Eltern! Doch solches fürchte mitnichten; denn siehe, Ich will deinen Eltern lieber noch tausend solche lieben Töchterchen geben, wie du es bist, als nur ein Haar von deren Haupte trennen! Darum sollt ihr nicht eine solche Furcht vor Mir haben, sondern euch dafür lieber recht traulich zu Mir wenden, und ihr würdet da in einem Augenblicke von Mir mehr empfangen denn also in vielen Jahren.

18] Wahr ist es: Ihr hänget zwar metallfest an dem überheiligen, liebevollsten himmlischen Vater, - aber ihr kennet Ihn nicht! Darum also aber bin Ich ja zu euch gekommen, um euch diesen Vater, den ihr über alles zwar liebt, aber nicht im geringsten richtig erkennet, vollends kennen zu lehren.

19] Siehe, du liebe, allerfrömmste Purista, wie hast du denn diese Meine Absicht in allen Meinen Fragen an dich so ganz und gar verkennen mögen?! Siehe, das war eben nicht weise von dir!

20] Denn solches mußtest du ja doch einsehen, daß Gott, dein heiliger Vater, solche Machtboten, wie Ich es bin, nicht ohne eine sicher liebevollste Absicht herab zu euch armen, schwachen Menschen kommen läßt, die dann aber auch sicher nicht böse sind und schlimm, wie du es heimlich gemeint hast, sondern allzeit nur übergut und voll der höchsten Liebe und Erbarmung zu euch.

21] Siehe, solches überdenke nun in dir, und verlange dann ein Zeichen von Mir, damit ihr alle daraus den heiligen, liebevollsten himmlischen Vater auch erkennen sollt, wie Er ist; denn solches ist Sein Wille an euch alle! Amen.«



20. Kapitel: Purista und die Ihrigen erkennen den heiligen Vater in Abedam.
01] Und die Purista ward darob sehr betroffen und fragte ihren Vater Gabiel: »Höre, Vater, das ist sicher ein mächtigster Bote vom Himmel herab! Wenn wir uns etwa jetzt versündigt hätten vor ihm, was wird dann aus uns werden?«

02] Und der Gabiel sagte zu ihr: »Siehe, meine Tochter, er ist ja noch da und sieht uns sehr mitleidig an; er wird es uns ja wieder vergeben!

03] So wir gefehlt haben, da haben wir in unserer großen Blindheit gefehlt; gehe hin zu ihm in unser aller Namen und bitte ihn um Vergebung!

04] O siehe, siehe, wie gut und mild er auf uns herabsieht! Gehe nur geschwind hin und bitte ihn um Vergebung; er wird es dir und uns allen sicher verzeihen!

05] Aber falle ja ehe (vorher) nieder vor ihm; denn er scheint sehr heilig zu sein! Gehe also, gehe, ehe es zu spät sein möchte! Amen.«

06] Und die Purista stürzte schnell hin zu den Füßen des Abedam und fing an zu weinen und zu schluchzen.

07] Der Abedam aber beugte Sich schnell nieder und hob sie empor und fragte sie: »Purista, was fehlt dir, darum du nun also weinst?«

08] Und die Purista antwortete noch weinend: »O du lieber Freund, mir ging aus deinen letzten Worten ein Licht auf, und es ward mir klar, daß du kein Erdbewohner bist, sondern ein mächtiger Bote aus den Himmeln vom überheiligen Vater Selbst, der da ist voll der höchsten Liebe und Erbarmung! Siehe, ich muß dich ja doch gewiß beleidigt haben?!

09] Möchtest du mir und uns allen denn nicht vergeben?!

10] Siehe, du hast mir ja noch ein Zeichen von dir zu verlangen übriggelassen; o du hoher Freund der armen Menschheit und des heiligen Gottes, so erlaube mir, dich nun darum zu bitten!«

11] Und der Abedam beugte Sich abermals nieder und nahm die Purista auf Seinen Arm, drückte sie an Seine Brust und fragte sie dann mit der höchsten Milde:

12] »Purista, du reinste Perle des lichtvollen Morgens, welch Zeichen verlangst du somit von Mir?«

13] Und die Purista, vor Freude beinahe zerfließend, sagte mit liebezitternder Stimme: »O du herrlicher, mächtiger Freund! Jetzt kann ich kein Zeichen mehr von dir verlangen; denn - das ich - verlangen - wollte, - - das hast du ja schon, meinem Wunsche zuvorkommend, - jetzt schon über alle meine mir je möglich denkbare Weise übergnädigst an mir und also sicher auch an uns allen vollzogen!«

14] Bei diesen Worten konnte sie vor lauterstem Dankgefühle nicht mehr weitersprechen.

15] Der Abedam aber drückte sie noch einmal an Sein Herz und trug sie dann ihren Eltern wieder in die Arme, welche auch vor Dankesfreuden über und über weinten.

16] Und der Gabiel sagte endlich: ,Nein, so gut kann kein Engel sein! Weib - und du, meine Tochter, hier ist mehr, als der höchste Engel je fassen wird!«

17] Darauf konnte er nicht mehr reden. - Und bald darauf blickte die Purista den Abedam an. Er aber sagte zu ihr:

18] »Purista, Meine Tochter Erkennst du Mich, deinen himmlischen Vater, denn noch nicht! - Siehe, - Ich Ich bin es ja Selbst!«

19] Bei diesen Worten erkannten sie alle den Vater; die Purista aber schrie laut auf und stürzte hin und umklammerte die Füße Abedams also krampfhaft, von ihrer allerheißesten Liebe gedrungen, und alles, was sie zu sagen vermochte, war:

20] »Vater! - Vater! - Vater! - Du mein Vater, - mein lieber Vater! - Du heiliger, liebevollster himmlischer Vater; mein, mein, mein lieber Vater!«





21. Kapitel: Uranion preist den hl. Vater. Gottes Antwort: Sprachlose, stille Zerknirschung ist das gottwohlgefälligste Lob.
01] Als nun auch der Uranion sah, wer der mächtige Mensch ist, fiel er alsbald auf sein Angesicht nieder und schrie laut: »O der unaussprechlichen Gnade, - o der unaussprechlichen, höchsten Gnade! O der unaussprechlichen, allerhöchsten, überheiligen Gnade! - Wer von uns allen hätte sich so etwas je zu denken getraut.

02] Der Herr Gott Jehova Zebaoth der Himmel und Erde und alles, was da ist in, auf und über den Himmeln, und in, auf und über der Erde, ja alles, was da lebt, strebt und sich bewegt in der Erde, auf der Erde und über der Erde und in allen den Gewässern und ebenso, was da alles erfüllt die ewig unendlichen Räume, erschaffen hat der überheilige, liebevollste himmlische Vater - ist als ein Mensch unseresgleichen zu uns armseligen Menschenkindern von Seiner unendlichen Höhe herab zur tiefst untersten, finsteren Erde gekommen!

03] Sonne - wie magst, wie getraust du dich, nun deine Strahlen noch herabzusenden zur Erde, da sie dein Schöpfer, unser aller Vater, heilig, überheilig betritt! Weiche mit deinem uns gleich unwürdigsten Glanze zurück; denn hier erglänzt ein Sand stäubchen, das Er mit Seinen allerheiligsten Füßen berührt mehr nun in einem Augenblick als all dein Glanz von langen Ewigkeiten her zusammengenommen! Darum schäme dich, so du jetzt noch zu glänzen vermagst!

04] Und du, unwirtliche Erde, du kalte Mutter des Todes, wie magst du noch bestehen?! Löse dich auf in den feierlichsten Lobgesang; treibe hervor die schönsten Blumen mit den herrlichsten Wohlgerüchen!

05] Ihr Berge alle, wandelt euch um zu leuchtenden Opferaltären; und ihr Bäume, und du auch, alles Gras, helft mir loben und preisen den heiligen Vater!

06] Denn Er nur allein ist würdig, zu nehmen alles Lob, allen Preis, alle Ehre, allen Ruhm, alle Liebe, allen Dank, alle Anbetung!

07] Fallt herab von den hohen Himmeln, ihr Sterne alle, und du, Mond werde finster und stürze dich zur Erde herab, und betet alle an, - hier betet an denn Gott, Gott, - ein ewiger, heiliger Gott ist es, - der Vater, der überheilige, liebevollste himmlische Vater aller Engel und Menschen ist es! - Hier vor uns allen ist Er! Ja mitten unter uns ist Er! Auf der Erde steht und redet Er mit uns, und lehrt aufrecht gehen uns Würmer im Staube!

08] Darum betet an, betet Ihn an, ihr, alle Ewigkeiten! Und du, Unendlichkeit, werde zu einem würdigeren großen Lobgesange des überheiligen Vaters, als das matte Lallen meiner wurmstichigen Zunge es ist!

09] Wo seid denn ihr Donner und Blitze nun, und ihr Winde alle, wo weilt ihr?

10] Hat euch nicht, wie mich, dieser überheilige, liebevollste, allmächtige Vater erschaffen?! Wo seid ihr denn nun zu seinem Lobe? - Oder hält euch die gebührende, höchste Ehrfurcht endlos bescheiden zurück!

11] Dann ist es würdig und recht, daß ihr stumm seid geworden wie eine Maus in der Erde, so sie über sich die Katze wittert!

12] O mein Herz, du armseliges Herz, möchtest nun loben und preisen Ihn, Ihn, - den Heiligen, - den Erhabensten, - und hast nicht einmal Raum, um aufzunehmen auch nur ein kleinstes Fünklein Seiner endlosen, allmächtigen Vaterliebe! Daher schweige lieber davon, was auszusprechen dir unmöglich ist!

13] Und du auch, matteste, wurmstichige Zunge, - verstumme; denn heilig, heilig, heilig ist nun selbst die Luft, welche dies mein unwürdiges und unlauteres Geplärr erfüllt!

14] O Du heiliger, Du überheiliger, Du dreimal über-, über-, überheiliger Vater, - sei mir endlos nichtigem Wurme im Staube vor Dir gnädig und barmherzig!«

15] Und alsbald trat der hohe Abedam hin zum Uranion, der noch zitternd mit dem Angesichte auf der Erde lag, beugte Sich zu ihm zur Erde nieder, erhob ihn, richtete ihn auf, und sagte dann zu ihm:

16] »O höre nun du, Mein geliebter Uranion, du hast Mir zwar das größte Lob dargebracht und hast mutig die Sonne geputzt, die Sterne herabgearbeitet von all den Himmeln, - hast auch nicht verschont die Erde und hast gebührend gelobt und ausgezeichnet das winzige Sandkörnchen unter meinen Füßen, - hast nicht vergessen der Berge, der Bäume und des Grases, und den Blitzen, dem Donner und den Winden hast du ein rechtes Wort gegeben und hast nicht minder redlich besehen dein Herz!

17] Siehe, gerecht war darum dein großes Lob; aber eines sage ich dir: Mehr als dein Lob enthielt das Lob, welches Mir die Purista und ihre Alten dargebracht haben in gänzlicher, sprachloser, zerknirschter Stille ihrer Herzen!

18] Siehe, wer noch reden kann in Meiner Gegenwart, der ist noch ein Herr seines Herzens; wer aber in Meiner Liebe Gegenwart nicht mehr reden kann, dessen Herzens bin Ich ein Herr geworden und erfülle es dann mit Meiner Liebe und mit dem ewigen Leben aus ihr!

19] Du aber lebest nun auch, da du mit deinem Lobe alles von dir warfst, was dir unnütze war vor Mir:

20] Deine eigene Weltsonne, welche da ist deine alte Liebeweisheit; deine Sterne, welche sind deine Erkenntnisse; deinen Mond, welcher ist der Menschheit oft wachsende, oft wieder abnehmende Eigenliebe.

21] Du bezwangst deine Berge; deine Erde löstest du auf in dir zu Meinem Lobe, und all die Bäume deiner Wünsche und all das Gras deiner Begierden brachtest du Mir zum Opfer; die Winde deiner redlichen Bestrebungen riefst du herbei, und alle Blitze deines Weltlichtes und den Donner deines Ernstes brachtest du Mir zum Lobe und hast nicht verschont deines ewigen Geistes aus Mir und deiner Seele, die da ist ein lebendiges Gefäß für ein unendliches Leben aus Mir, und hast dadurch frei gemacht dein Herz, damit Ich ein Herr des Lebens in selbem würde.

22] Siehe nun, da du darum stumm wurdest in deinem Herzen, ward Ich erst ein Herr im selben, und also hast du wahrhaft das ewige, unvergängliche Leben überkommen, und Ich werde dir fürder und fürder und fürder kein fremder und unbekannter Vater mehr sein, sondern stets ein wohlbekannter, dir stets gegenwärtiger, in dir allzeit ein stets wohlvernehmbarer, starker, mächtiger und allgewaltiger Vater werde Ich sein und leiten durch dich all deine Kinder; wie aber Ich dir sein werde und nun schon bin, also will Ich auch sein deinen sechs Brüdern und nach ihnen aber allen, die da wie du aller Welt den gerechten Abschied geben werden!

23] Doch beim Gabiel will Ich Mir eine neue Hütte erbauen, wo Ich nicht selten einsprechen werde; denn einen reineren und festeren Platz hat die Erde nicht für Mich!

24] Gabiel, - siehe, Ich segne nun auch dich und dein Kind! Sie wird von Mir dereinst einen rechten Mann bekommen; dieser wird ihr geben eine Tochter, diese aber soll werden die Mutter eines neuen Volkes dieser Erde. Und der Lamech wird ihr einen Mann geben, der da wird wohnen allzeit bei Mir in Meinem großen Hause!

25] Und also empfangt alle Meinen Segen, und seid fröhlich und voll guten Mutes! Amen.«




22. Kapitel: Die neue Hütte Gottes bei der Familie Gabiel. Purista, die erste Köchin des Herrn. Die drei Töpfe auf dem Feuer der neuen Hütte.
01] Und die drei fielen dem Abedam zu den heiligen Füßen und priesen und lobten Ihn in der sprachlosesten Zerknirschung ihrer Herzen, und es war die Stätte befeuchtet von Tränen ihrer Freude und ihres Dankes. Und der Abedam beugte sich zur Erde nieder und erhob sie alle alsbald wieder, richtete sie auf und flößte ihnen Mut und Beharrlichkeit in ihre Herzen.

02] Als die drei nun wieder wortaufnahmefähig wurden, da der Abedam Selbst zu dem Behufe das Feuer ihrer Herzen ein wenig dämpfte, sagte Er in liebreichster Stimme zu ihnen:

03] »Wie ihr nun seid vor Mir und Ich durch die Liebe in euch und ihr also auch in Mir, also auch bleibet fortan, so werdet ihr Mich nie vermissen; denn wie ihr sein werdet bei Mir und in Mir, also werde auch Ich sein und bleiben bei euch und in euch fürder und fürder, und eures Friedens und eurer Ruhe wird nimmerdar ein Ende sein!

04] Ich sagte aber zu dir, Gabiel, du sollest Mir neben deiner Hütte eine neue Hütte errichten, darinnen Ich zu öfteren Malen Herberge nehmen würde; siehe, nun ist die Hütte schon erbaut! In euren Herzen habt ihr Mir diese Wohnstätte bereitet; das ist eine wahrhaft neue Hütte für Mich, in der allein es Mir nur wohlgefällt, Herberge zu nehmen.

05] Welche andere Hütte hättet ihr Mir auch errichten können?!

06] Zum Zeichen aber sollt in eurer Heimat ihr auch wirklich schon eine Hütte treffen, welche Ich jetzt errichtet habe. In diese soll niemand von den Männern mit bedecktem Haupte treten, und die Weiber aber sollen ihr Angesicht verhüllen, so sie in diese Hütte treten möchten; denn sie ist rein und heilig, und ist überfest. In der Mitte dieser Hütte werdet ihr einen Altar finden, über welchem ein unauslöschliches Feuer lodern wird und wird geben von sich einen großen Schein bei Tag und bei der Nacht, und es werden allzeit lichte Wolken entsteigen himmelwärts dieser hellen Flamme entlang.

07] Du, Meine allerreinste Purista, aber sollst Mir, sooft Ich zu euch kommen werde, auf diesem Herde der Liebe ein köstlich duftend Mahl bereiten; und es ist dir allein gestattet, offenen Antlitzes daselbst dein Geschäft der reinen Liebe zu Mir zu verrichten!

08] Wann du aber für Mich eine Köchin machen wirst, da sammelt ihr zuvor frisches, reines Holz; und so Ich kommen werde zu den verschiedensten Zeiten - meistens unerwartet -, müßt ihr schon mit allem versehen sein, um Mich gehörig zu bewirten!

09] Darin aber soll das Zeichen bestehen, daß ihr an der Flamme allzeit merken werdet, wie euer Herz vor Mir bestellt ist!

10] Das reine, frische Holz soll die stets erneute und vermehrte Liebe eures Herzens bezeichnen und das zu bereitende Mahl eure gänzliche Hingebung und vollste Ergebung in Meinen Willen.

11] Wahrlich, so ihr solches halten werdet, werde Ich als froher Gast nicht ermangeln, oft, oft, oft bei euch eine gute Mahlzeit zu nehmen; würde oder könnte aber das Feuer in eurem Herzen erlöschen, so wird auch auf dem Herde der reinen Liebe die Flamme matter und matter werden - und Ich ein seltener Gast bei euch!

12] Glücklich seid ihr alle, da ihr esset das Brot aus Meiner Hand als Kinder dankbar; aber unaussprechlich glücklich ist der, zu dem Ich komme als Gast, darum er hält für Mich einen schon beständig wohlbereiteten Tisch und ein wohlschmeckendes Gericht auf demselben und läßt darum nie ausgehen die Flamme auf Meinem Herde, sondern unterhält sie nur lebhafter und lebhafter, - und so Ich auch verzöge und käme nicht sobald, er aber nur um so eifriger wird um den Herd in der Hütte alles Lebens.

13] Wahrlich, so Ich dann unverhofft kommen werde und werde treffen Meinen Gastwirt in der vollsten Tätigkeit um Meinen Herd in Meiner Hütte, - Ich sage: wahrlich, wahrlich, seines Lohnes und seiner Freude wird nimmerdar ein Ende werden!

14] Und also mache Ich euch drei nun zu einem solchen Gastwirte und gebe euch dazu eine Hütte, gemacht aus der Hütte eurer Herzen, und einen fertigen, allzeit feuerreichen Herd, der da ist gleich der unerschütterlich festen Treue, wie die Flamme auf demselben gleich der Flamme der reinen Liebe in euren Herzen zu Mir.

15] Bleibet Mir aber alsofort getreue Verwalter dieses euch anvertrauten Heiligtums im Morgen, so werdet ihr euch gar bald überzeugen, welche Fülle des Segens aus dieser Hütte hervorgehen wird über den ganzen Morgen und über alle Nachbarn des Morgens!

16] Und du, Meine liebe, reine Purista, du bleibst Meine Köchin in der Küche der Liebe und am Herde des ewigen Lebens, - Ich aber werde dein Gast sein!

17] Wem ihr aber immer Speise und Trank reichen werdet in Meinem Namen, dem werdet ihr es also geben, als wenn ihr Mir Selbst ein Mahl bereitet hättet.

18] Ich aber werde es also ansehen und euch dafür segnen, als hätte Ich Selbst das Mahl verzehrt; wer aber aus dieser Hütte eine Kost nehmen will der solle, mit frischem Holze beladen und wohlversehen, sich dahin kehren.

19] Wer da leer kommen wird aus- wie inwendig, der soll auch leer wieder heimkehren!

20] In der Hütte aber wirst du, Meine liebe, reine Purista, in gerechter Menge der reinsten Gefäße antreffen. In diesen sollst du die in eurem erweiterten Garten reichlich vorhandenen Früchte in der Art, als die da waren, welche du erstaunt dem Adam als eine Morgengabe überreichtest, zu drei und drei in reinem Wasser sieden und sollst hinzusetzen einen großen Topf für Mich Tag für Tag, Morgen für Morgen, Mittag für Mittag, und Abend für Abend, und also auch einen nicht minder großen Topf für jeden, der da Kost nehmen will in gerechter und wohlwürdiger Weise; und für dich und deine Alten sollst du aber nehmen den kleinsten Topf und sollst legen hinein die kleinsten Früchte.

21] Wenn aber dann die Früchte werden weich und süß genug verkocht sein, da nimm den fremden Topf und stelle ihn zuerst vom Feuer! Dann tue desgleichen mit dem deinen; den Meinen jedoch sollst du nicht eher vom Feuer rücken, als bis Ich entweder Selbst kommen werde oder jemanden senden werde in Meinem Namen, der da Meine Kost entweder selbst verzehren, oder sie verteilen wird an euch alle in Meinem Namen!

22] Und also segne Ich euch nun neu in diesem neuen Geschäfte; verwaltet es getreu, so werde Ich euer euch allzeit segnender Gast verbleiben hier, wie einst jenseits in Meinem großen Vaterhause! Amen.«



23. Kapitel: Die überirdische Schönheit der Ghemela und Purista.
01] Es waren aber einige der Väter in ihren Herzen begierig zu erfahren, welche von den beiden weiblichen Lieblingen Abedams wohl die Schönere wäre. Daher trat der Sänger Kenan hin zum Abedam und wollte Ihn fragen darum im Namen mehrerer.

02] Der Abedam aber kam ihm zuvor, und fragte ihn: »Kenan, bist du in deinem Herzen zufrieden, so Ich dir's bloß nur sage?«

03] Und der Kenan erwiderte Ihm: »Herr und Vater, - was soll ich Dir - nun für eine Antwort geben? Du siehest ja mein Herz! So viel weiß ich, daß mein und unser Verlangen von zweifacher Art ist: wir möchten das Angesicht der Purista auch sehen, wie wir wennschon von ferne nur - das der Ghemela sahen, daneben aber auch ein Wort Deines Wohlgefallens vernehmen; denn sonst wissen wir nicht, wie wir daran sind, - welche von beiden doch wohl größer ist vor Dir?!

04] Siehe, wir haben uns schon darüber die Köpfe nahe zerbrochen und die Herzen zerstoßen und mögen darin zu keinem richtigen Urteile gelangen!

05] Es liegt freilich wohl nicht das Heil der Menschheit daran, aber das Dir Wohlgefälligere zu erkennen, dürfte ja doch auch kein geringer Neben zweck dieses Erdenlebens sein! So also Dein heiliger Wille es wäre, möchtest Du uns ja gnädigst gewähren diese Bitte!«

06] Und der Abedam sagte darauf zum Kenan: »So lasse denn alle die Neugierigen hierher kommen, und wir wollen sehen, wo hinaus sich ihr Urteil erstrecken wird! Amen.«

07] Und der Kenan berief alsbald diejenigen, die da seines Wunsches waren, daß sie alsbald herbeikämen; und der Abedam aber berief die Ghemala und die Purista zu Sich und nahm die Ghemela auf Seinen linken Arm und die Purista auf Seinen rechten und hieß ihnen mit sanfter Stimme sich zu enthüllen vor den Vätern.

08] Beide taten sogleich ihr reiches Haar aus dem Gesichte und blickten all die Väter ehrfurchtsvoll und liebfreundlichst an.

09] Als die neugierigen Väter aber diese zwei überirdischen Schönheiten erschauten, wurden sie, wie von einem Blitze getroffen, zur Erde geworfen, und keiner getraute sich mehr, seine Augen zu erheben, um die beiden Schönheiten noch einmal anzusehen und zu urteilen über sie!

10] Der Abedam aber fragte den Kenan: »Nun, du alter Sänger Meiner Ehre, was deucht dir nun: diewelche von diesen beiden ist denn schöner und diewelche mir näher? Da du sie nun beide gesehen, da wirst du doch ein Urteil Mir geben nun können?

11] Und der Kenan sagte ganz zitternd: »O heiligster Vater, Du mächtiger Gott! O jetzt laß in die Haut eines Esels mich kriechen, mich größesten Toren, mich Narren! Was habe ich getan, und was hab ich begangen«!

12] Ich wollte unsinnigster Weise als Blinder den Richter gar machen, ja einen schandelenden Richter hier zwischen zwei leuchtendsten, himmlischen Sonnen, von denen die eine so nahe und hehr als die andre vom heiligsten himmlischen Vater auf Händen getragen nun werden!

13] Ob links oder rechts, oder Sonne am Morgen und Sonne am Mittag und Abend, - diewelche ist schöner, diewelche mehr Sonne?

14] O Unsinn, o Unsinn, - wer hat dich genährt so lange verborgen in meiner doch sonsten durchleuchteten Brust!

15] O Du heiliger Vater, Du ewige Liebe, vergebe mir elendem Tropfe, mir Toren, mir Narren, mir Ochsen, mir Esel, mir Wurme im Staube, mir blindem Maulwurfe, - und wolle nicht künden uns Schweinen vorher von mir Schweine so töricht von Dir uns erbetenes heiliges Wort; denn wir sind es nicht würdig, zu hören die Stimme vom heiligsten Munde, nicht würdig zu hören ein Urteil, ein heiliges über die Engel der Engel der reinsten Himmel!

16] O welch eine Glorie, und was für ein Glanz! - O Du ewige Milde, Du Demut, Du Treue, Du Liebe der Liebe Du heilige, - was schaffst Du aus Dir doch für Wesen, für herrliche Kinder!

17] Verstumme, du läppische Zunge, du finstre, du kalte; denn heilig zu heilig ist Der, vor dem schales Geschwätz du entbindest, als möchtest oder könntest du im Ernste was Weises bezeichnen. Drum schweige nur, schweige, du schmutziges Werkzeug des Unsinns, der Narrheit, der größesten Torheit!

18] O heiliger Vater, vergebe, vergebe uns blinden, uns elenden Toren, Dein heiliger Wille geschehe, Dein Amen, Dein Amen, Dein Amen

19] Und der Abedam ließ wieder verhüllen den beiden das Antlitz vor den Vätern und sagte zu ihnen: »Ihr seid Mir beide gleich teuer, und es ist keine minder denn die andere und keine mehr denn die andere; daher bleibt auch also, wie ihr nun seid, so werdet ihr Mir auch stets also nahe sein, wie Ihr Mir jetzt seid Amen.

20] Nach diesen Worten setzte sie der Abedam wieder übersanft auf die Erde. Die beiden aber ließen sich sogleich zu den Füßen Abedams nieder und fingen an, einstimmigen Herzens den Abedam mit folgenden kurzen, inneren Worten, welche sie nicht auszusprechen vermochten, zu danken, zu loben und zu preisen:

21] »Heiliger, liebevollster Vater voll der höchsten Milde, Sanftmut, Geduld und Erbarmung, wie sind wir, wie können wir solcher Gnaden von Dir aus, Du überheiliger Vater, denn würdig sein?!

22] Du würdigst uns freilich; aber sind wir dieser Würdigung würdig?!

23] Die erhabenen Väter sind unsertwegen zuschanden geworden vor Dir und vor allen Kindern; wir haben und tragen allein die Schuld auf unseren Angesichtern, darum Deine heilige Gnade uns wahrscheinlich schöner gestaltet hat als vielleicht irgendein anderes, uns gleich schwächliches Weib!

24] Doch Dir, o Du überheiliger, allerbester, allerweisester, liebevollster Vater, sei ewiger Dank und alle unsere Liebe, Lob und Preis für alles, wie und warum Du uns also gestaltet hast; denn jegliche Gabe von Dir ist ja allzeit eine höchst weise und übergute Gabe!

25] Nur dauert uns hier der erhabenen Väter, darum sie unsertwegen hier also auf der Erde nun schmachten, trauern - und gar weinen!

26] O Du liebster, Du von uns aus allein allergeliebtester Vater, erbarme Dich ihrer und stärke sie wieder mit Deiner allein über alles heiligen Liebe, und vergib aber auch uns, so wir doch sicher schuld daran sind, darum es den erhabenen Vätern nun also kläglich vor Dir geht! Dein heiliger Wille geschehe jetzt, wie in alle Ewigkeit der Ewigkeiten!«

27] Und der Abedam sagte zu ihnen: »Meine lieben Töchterchen, sorgt euch nicht ohne Not! Sehet, die vor Mir sich also gerechtermaßen demütigen, denen geht es durchaus nicht also kläglich, wie ihr es meinet, sondern gerade im Gegenteile nur; denn näher ist Mir niemand und Ich nie jemandem näher irgendwann als gerade im Zustande seiner größten Demütigung vor Mir. Solches ist aber nun auch der Fall bei diesen Vätern, die ihr in euren zartesten Herzen bedauert vor Mir und euch selbst beschuldigt ohne Not und die allergeringste Schuld.

28] Oder möchtet ihr wohl glauben, daß der auch einer Sünde fähig ist trotz seines freiesten Willens, den Ich auf Meinen Armen trage?!

29] O seid darum nur frohen und heiteren Mutes; denn solches habe Ich schon von Ewigkeit her vorgesehen! Darum habt ihr keine Schuld; geht aber hin zu den Vätern und heißet sie von Mir aus erstehen! Amen.«

30] Und die beiden sprangen alsbald hin zu den Vätern und richteten an sie des Herrn Willen.

31] Und alsbald erhoben sich die Väter und priesen und lobten Gott mit lauter Stimme.

32] Der Abedam aber beschied zuerst die beiden zu den Ihrigen zurück und fragte darauf den Kenan:

33] »Nun, - welcher erkennst du nun den Preis zu?«

34] Der Kenan aber legte die Hand auf seinen Mund.

35] Und der Abedam sagte zu ihm: »So du quitt bist mit deinem Urteile, so bin es auch Ich; denn aus zwei Liebsten wird wohl keine die liebere sein!

36] Doch aber ist ein Unterschied zwischen ihnen; aber die Erde hat kein Auge für derlei Unterschiede!

37] Und also kehret wieder auf eure vorige Stätte zurück! Amen.«




24. Kapitel: Henochs aus falscher Demut geborene Redefurcht. Gott ist nur als Mensch liebbar.
01] Nachdem somit die etwas zuviel Neugierigen zufriedengestellt wurden und auch Ghemela sich wieder befand an der Seite Lamechs, wie die Purista in der Mitte ihrer vor großer Freude zitternden Alten, da berief der hohe Abedam alsbald den Henoch zu Sich und sagte zu ihm:

02] »Höre, du, Mein geliebter, frömmster Henoch! Ich sehe eine Furcht in deinem Herzen, und ein dich ängstigender Schatten steigt schon längere Zeit um dein ewig unsterbliches Herz herum, gleichwie da bekriecht eine lose, brutzeitige Fliege einen gesunden, frischen Apfel am Baume und untersucht mit ihrem Stechrüssel, wo es ihr gelingen dürfte, die Schale der gesunden Frucht zu durchbohren, um einen argen Abkömmling ihres losen Geschlechtes in das Fleisch der Frucht zu schieben, damit er da zernage und möglichst zerstöre das Leben der Frucht.

03] Siehe, zu was nütze sonach eine solche Frucht? Zu welchem Ende dem freien Herzen eine Angst?

04] Du sollst von Mir eine Rede halten dem Volke als ein wahrer Hoherpriester Meiner Liebe, Erbarmung und Gnade.

05] Siehe, solches war ja schon lange eher der fromme Wunsch Adams, ehe Ich Selbst wesentlich noch zu euch kam!

06] Ich habe dich nun, wie vorher, lebendig bestätigt und habe dir gestern und heute davon gesagt, darum du ja keine Sorge tragen sollst, was du reden sollest, was du reden möchtest; denn Ich werde es dir im Augenblicke des Bedarfes treu geben, was du reden sollest, von Wort zu Wort. Und siehe, dessen ungeachtet fürchtest du dich!

07] Siehst du aber nicht ein, wie läppisch eine solche Furcht ist?! Mich kannst du ja doch unmöglich mehr fürchten; denn du weißt es ja und hast es vorher aus Mir allzeit gewußt, daß Ich die allerhöchste Liebe Selbst bin.

08] Nun weißt du aber auch, daß Ich vom Grunde des Herzens aus demütig, überaus sanftmütig, milde, langmütig und überaus geduldig bin!

09] Was fürchtest du dann? Etwa deine Väter, deine Brüder oder deine Kinder? Siehe, das ist eitel von dir! Du lässest dich heimlich bedünken und sprichst bei dir: ,Wie werde ich bestehen, so ich etwa doch noch werde müssen die bedungene Volkssabbatsrede halten, und höre, das noch dazu in der allerknappesten Gegenwart des Herrn der Ewigkeit und allmächtigsten Schöpfers der Unendlichkeit, - in der allerleuchtendsten Gegenwart der allerhöchsten Weisheit des heiligsten, liebe-, gnade- und erbarmungsvollsten Vaters?!

10] Wie wird sich mein armseliges Wort nun ausnehmen nach den heiligsten, allerwesenhaftesten, lebendigsten Worten, welche alle nun schon aus dem allerheiligsten Munde gleich einem endlosen Lichtstrome zu uns armseligsten Würmchen im Staube des Staubes geflossen sind?!'

11] Siehe, sind nicht das deine eigenen Träumereien?! - Wozu aber taugen sie? Etwa zum Leben? - Siehe und verstehe: Um das Leben hast du dich doch sicher nicht mehr zu kümmern! Glaubst du etwa, solches sei Mir angenehm, so du schweigst und Ich rede an deiner Statt?

12] Ich sage dir aber: Solche Demut behagt Mir nicht, so du vor Mir mutlos wirst und fürchtest dich vor Meinen Ohren und hast Angst vor Meinen Augen.

13] Wohl aber habe Ich das größte Wohlgefallen an einem solchen Benehmen, das völlig gleicht der Verhaltungsweise der kleinen Kindlein, die da keine Angst und Furcht vor ihren Eltern haben, sondern sind allzeit voll guten Mutes und reden und schreien vor ihren Eltern darauf los, als wären sie die Herren im Hause; wenn es sie aber hungert und dürstet, da laufen sie doch in aller kindlichen Liebe und Ergebung zu den Eltern und bitten sie um Brot, und so sie das Brot empfangen aus den Händen der Eltern, danken sie den Eltern mehr durch den frohen, heiteren Genuß desselben als durch eine zu übertriebene Ehrfurcht und Angst vor ihnen und daneben mit einem viele Arme langen, wenigsagenden Wortdanke!

14] Oder ist es nicht jedem Vater lieber und jeder Mutter ums unaussprechliche angenehmer, so die Kinderchen vor ihnen fröhlichen und heiteren Mutes genießen die dargereichte Gabe und sehen dabei gesund aus und frisch wie die Blümchen nach einem erquickenden Regen, als so die armen Kinderchen vor lauter Furcht, Angst und unermeßlicher Hochachtung zittern vor dem Angesichte ihrer Alten und, so ihnen diese noch liebevollst das Brot reichen, sie sich aber dennoch nicht getrauen, das Brot zu nehmen und noch weniger zu genießen aus lauter übertriebener Ehrfurcht vor den Eltern, und sehen dabei aus wie ein verwelktes Gras, das mit schwachen Wurzeln aus einer mageren Steinspalte hervorwuchs?!

15] Siehe, ist solches nicht eine Torheit! - Darin aber besteht die Regel der Liebe und aller Weisheit aus ihr: Für den Begrenzten muß alles in den gerechten Schranken gehalten werden; denn das Unbegrenzte ist für den Begrenzten der Tod.

16] Du kannst Mich nicht lieben als Gott, sondern nur als Mensch; denn welche endliche Brust möchte wohl ertragen den unendlichen Gott, welche das endlose Feuer der göttlichen Liebe, welcher endlich geschaffene Geist die endlose Fülle der göttlichen Weisheit?!

17] Welches Kindlein kann wohl seine Mutter, wie es die Mutter liebt wieder lieben? Und könnte es das mit seiner geringen Kraft, was würde aber da wohl gar bald aus dem Kindlein werden?

18] Und doch hätte da nur eine Beschränktheit mit der anderen zu tun; was soll aber erst dann daraus werden, wenn die Beschränktheit das Unendliche in jeder Hinsicht in sich aufnehmen möchte!

19] Siehe, Henoch, darum ist eitel deine Furcht, und leer deine Angst! Wer Mich aus allen seinen ihm verliehenen Kräften liebt, der tut genug, denn er hat erfüllt das ihm zugeteilte Maß; dazu aber bedarf es weder der Furcht, noch der Angst.

20] Ein Baum ist ein guter Baum, so er jährlich seine Äste füllt mit süßem Obste; welche Torheit aber wäre es, von diesem Baume zu verlangen, er solle die ganze Erde reichlichst mit seinen Früchten versehen!

21] Daher sei du nur heiteren Mutes, und erfülle Meinen Willen, so werde Ich ganz vollkommen mit dir zufrieden sein!

22] Trachte nicht, Mich endlos zufriedenstellen zu wollen - was selbst dem höchsten geschaffenen Geiste unmöglich ist -, sondern nach deinen Kräften endlich nur, damit das dir verliehene Maß voll werde; für das Unendliche aber lasse nur Mich, deinen guten Vater, sorgen!

23] Die bedungene Rede aber gehört mit in dein Maß; daher richte dich nur mutig auf, und öffne vor all den Anwesenden deinen Mund in Meinem Namen. Amen.«




25. Kapitel: Satans Macht und Gottes Allmacht. Henochs Sabbatsrede.
01] Nach dieser Rede Abedams besah sich der Henoch von innen und fand in sich bestätigt, was ihm der hohe Abedam bezeugt hatte.

02] Er dachte aber weiter nach über die brutzeitige Fliege und über den gesunden Apfel und fragte darauf den Abedam:

03] »Heiliger liebevollster Vater, darf denn der Satan sich auch Deinem Heiligtume nahen gleichwie die lose Fliege dem gesunden Apfel?

04] Siehe, wahrhaft, solches kommt mir seltsam vor, zu erfahren im Reiche des Lebens und im Reiche des Lichtes; - was hat da der Geist aller Finsternis zu schaffen?«

05] Und der Abedam erwiderte ihm: »Henoch, was kümmert dich das, so Meine Liebe und Erbarmung größer ist, als daß du sie ewig je fassen und begreifen wirst können?!

06] So sich aber Meine Liebe und Erbarmung sogar bis zum endlos finstersten Geiste erstrecken mag, wie magst du darum fragen, als könntest du in Meiner größten Nähe etwa zu kurz kommen?!

07] Siehe, die Sonne der Welt ist ein großes Licht und spendet ihre Strahlen, und zwar den größten Teil derselben, in die endlos fernsten Weltenräume! Sollen sich aber darum die Erde und ihre Nachbarn aufhalten, daß ihre lichte Mutter also verschwenderisch umgeht mit ihren Strahlen?! Und könnten sie solches tun, würde sie da die lichte Mutter nicht deshalb fragen können:

08] ,Kinder, was kümmert euch das; halte ich euch darum zu kurz, und hat von euch nicht ein jedes des Lichtes und der Wärme in gerechter, überflüssiger Menge?!'

09] Siehe, geradeso verhält es sich auch bei Mir. Darum kümmere dich nicht um Meine großen, unerforschlichen Wege, sondern bleibe unbesorgt auf den kleinen Meiner Liebe zu euch und lasse unbesprochen die großen Reiche der Finsternis, so kannst du völlig versichert sein, der noch sehr starke Fürst des Todes wird mit dir und mit allen Brüdern deiner Liebe gar wenig zu tun und zu richten haben!

10] Ich sage dir zwar, es würden für dich Ewigkeiten nicht auslangen, um zu erforschen die Größe seiner Macht und Stärke; aber dessenungeachtet ist er ein endlich erschaffener Geist, und wo alle seine Macht für ewig aufhört, fängt erst Meine unendliche an.

11] Darum sei unbesorgt; denn so Du in Meinen Händen bist, ist doch schon dein leisester Hauch mächtiger denn alle Stärke, Macht und Gewalt des Satans!

12] Er ist gleich einem hungrigen, brüllenden Löwen, dem es an der Nahrung gebricht. Wehe dem Tiere, das ihm unterkommt, oder das seine scharfe Nase irgendwo aufgewittert hat; Ich sage dir, es möchte sogar dem Mamelhud schlecht ergehen bei diesem Kampfe!

13] Aber so der Löwe auch ergrimmt hungrig brüllt, so beachtet er aber doch die nicht selten vielen Fliegen nicht, die um seine Ohren summen!

14] Siehe, darin liegt die große Macht des demütigst Kleinen: eine Fliege wird oft einer ganzen Herde von Löwen zur Last, während eben diese Löwenherde der Fliege etwas ganz Unkümmerliches ist.

15] Du aber bist schon lange eine Mücke der Demut geworden; daher lasse den Löwen sein, daß er dir unschädlich ist, und mache dich sonach ganz unbekümmert an dein frommes Werk! Amen.«

16] Und der Henoch dankte dem hohen Abedam für diese große Befreiung und Stärkung im Herzen auf das inbrünstigste und sprach redlich: »Amen; Dein heiliger Wille geschehe

17] Und so vernehmet denn, alle ihr Väter, Brüder und Kinder, die ihr schon habt ein geöffnetes Ohr:

18] Wir sind hier in der Mitte des Tages des Herrn versammelt in der allerhöchsten Gegenwart des allerhöchsten, allerheiligsten, liebevollsten Vaters, welcher da ist Gott, Gott der Gewaltige, der Starke, der allmächtige Schöpfer Himmels und der Erde.

19] Was sollen wir tun, um diese unendliche Gnade, welcher die ganze Erde unwürdig ist, wenigstens im Anbetrachte unserer Beschränktheit soviel als möglich zu würdigen?

20] So wir uns gegenseitig einen Dienst erweisen, da kann der Bediente dem, der ihm einen guten Dienst verrichtet hatte, einen bevorteilten Dienst entgegen erweisen.

21] Hat mich jemand hundert Schritte geführt, so führe ich ihn dafür zweihundert Schritte weiter - hundert Schritte, darum (weil) er mit mir den Weg gemacht hatte, und hundert Schritte, darum er mich geführt hatte -, und wir sind dann quitt, und niemand ist dem Bruder für einen erwiesenen Dienst mehr als höchstens den dreifachen Gegendienst schuldig. Will er mehr tun, so steht solches in seiner freien guten Willkür; aber dann ist ihm auch der Bruder zu einem Gegenschuldner geworden.

22] Wer mir ein Stück Brot gibt, dem gebe ich drei Stücke zurück: ein Stück für das Stück, ein Stück für seinen guten Willen und ein Stück für die Mühe seiner Hand; sagt, kann er da mehr von mir verlangen?

23] Ja, wie ich gesagt habe, ein leichtes ist, zu erwidern tausendfach - wenn es darauf ankäme -, nicht nur zwei- oder dreifach, des Bruders Dienst, des Bruders Wohltat, - selbst wenn mir jemand mein Leben gerettet hätte, da er mich behende von einer Felsenwand losrisse, da sie sich schon zu rühren anfinge, um im nächsten Augenblicke zusammenzustürzen über meinem Haupte, da ich erschlagen würde und zermalmt unter der großen Last der Felsentrümmer; ich kann ja doch noch sterben für ihn und ihn auf meinen Händen tragen mein Leben lang!

24] Aber - was können wir denn hier tun? Was unserem Vater, unserem Schöpfer, Ihm, dem heiligen Geber aller guten Gaben?! Ihm, der zuerst uns selbst uns gegeben hat, der uns die herrliche große Erde gab wie zu eigen für diese Zeit, - die Sonne, dies herrliche, wohltätige Licht, - die Sterne als zahllose Leuchten der Nacht und so den Mond! Und wer könnte die Schätze alle zählen, die Er uns gab?!

25] Zu allem dem aber kam Er nun auch Selbst zu uns, um uns alle noch mit unendlicheren Schätzen des ewigen Lebens für ewig zu bereichern!

26] Zu bereichern durch Seine Liebe, Erbarmung und Gnade zu bereichern durch Sein lebendiges Wort, und mehr noch uns zu bereichern durch die unaussprechlichsten Verheißungen!

27] Höret, höret ihr Väter, Brüder und ihr Kinder alle! Was können wir denn diesem - Wohltäter dafür tun? Was Ihm geben, das wir nicht zahllosfältig früher von Ihm empfangen hätten?! (05.02.1842)

28] O Väter, Brüder und Kinder, das ist wahrhaft eine der allergrößten und allerwichtigsten Fragen, - ja, das ist eine Frage und ein also endlos zu beantwortender Sinn in ihr, daß dazu wohl die ganze Ewigkeit zu kurz sein dürfte, um nur einen geringen Teil dieser Frage aller Fragen zu beantworten!

29] So jemand fragen möchte: ,Wieviel Sandkörner groß ist die Erde, und wieviel Tautröpfchen enthält das ganze, fast endlos große Meer, und endlich, wie viele Sternsonnen brennen in der ganzen weiten Unendlichkeit?, sehet, diese Fragen, so endlos groß sie auch zu klingen scheinen, möchte wohl schon ein nur einigermaßen tiefsinniger Cherub vielleicht zur Genüge beantworten! Ja, er möchte uns höchstwahrscheinlich den Sand der Erde auf eine Art vorzählen, daß uns allen dabei das Hören und Sehen verginge, und möchte uns die Tautröpfchen des Meeres auf eine Art vorführen, daß wir gar bald gerne alle ausrufen würden: ,Verschone uns mit deiner großen Antwort; denn wir haben schon mit einem Tröpfchen in die große Genüge!'

30] Und also auch würde er höchstwahrscheinlich nicht ermangeln, uns die Zahl der Sternsonnen auf eine Art zu künden, daß darüber die ganze Erde also erbeben möchte, als wenn ihr unser überheiligster Abedam - wenn auch ganz leise - ankündigen möchte: ,Höre, du Treulose! Morgen will Ich dich waschen im Feuer Meines Grimmes!

31] O Väter, Brüder und Kinder, groß zwar, ja unerträglich groß wären diese Antworten, - aber doch nicht unmöglich zu geben, wennschon für uns Würmer im Staube ungenießbar!

32] Sagt und urteilt aber dagegen, welcher allergrößte und allerweiseste der Urerzengel möchte sich denn an die gültige, ja - vor Gott gültige Beantwortung der in dieser meiner Rede vorliegenden allerhöchsten Hauptfrage wagen?!

33] Sehet, das ist jener erhabenste Grund, ja - in dieser Frage liegt er, über welchen die ganze Ewigkeit und die ganze Unendlichkeit ein ununterbrochenes allerehrfurchtsvollstes Stillschweigen beachtet!

34] Ja, - hier schweigt der hohe, erhabene Engel und sinkt zerknirscht hin vor Dem, der ihn für ewig erschuf; denn auch ihm bleibt nichts anderes zu tun übrig, als nur aus allen Kräften zu lieben und anzubeten den überheiligen Vater, der ihn schon Ewigkeiten lang vorher geliebt hatte, ehe er noch wesenhaft ward!

35] Und alle die noch von keinem geschaffenen Engelsgeiste gezählten Sonnen mit allen ihren großen Feuerbewohnern, was tun sie denn, oder was können sie tun? - Höret! Unmöglich etwas anderes, als was der größte Urerzengel tut: sie erfüllen in ihrer erhabenen ehrfurchtsvollsten Stille den heiligen Willen des großen überguten Vaters; und das ist alles, was sie zu tun vermögen. Ihr großes Lob kündet jede Sonne noch den endlos fernen Schöpfungen, und also verkünden sie sich gegenseitig stille durch ihre weiten Strahlen, daß nur ein Gott es ist und dieser Gott ein und derselbe heilige, liebevollste Vater, der sie liebend schuf für Liebe, um zu lieben die fernen dunklen Räume auch und sie zu beleben mit der Liebe des heiligen Vaters.

36] O Väter, Brüder und Kinder, glaubt es mir, es ist die ganze Erde voll der Liebe des heiligen Vaters; denn wäre sie es nicht, wahrlich, wir hätten keinen Grund, darauf wir unsere Füße stellen möchten, und lange schon hätte selbst unsere Leiber der schreckliche Abgrund der ewigen Unendlichkeit verschlungen!

37] Sehet also die lieberfüllte Erde, sehet die Sonnen, die da sind voll der mächtigen Liebe des heiligen Vaters, darum sie tragen in weitgedehnten Kreisen ihre Erden, wie diese uns, und den steten Säugling, den ernstlieblichen Lehrer der Zeiten, den nächtlich uns leuchtenden Mond!

38] Was ist die belebende Wärme der Sonne denn anderes als Liebe?! Ja, Liebe des heiligen Vaters, in ihr ist sie! Und ihr Licht, ihr herrliches Licht! Was ist es denn sonst - als nur der so hehr scheinende Flammenglanz der heiligen Liebe des überguten, überheiligen Vaters in ihr?!

39] O Väter, Brüder und Kinder, betrachtet, betrachtet doch nur ein wenig die große Schöpfung um uns her; sie ist überall voll Liebe! Ja, ich sage mit dem allertüchtigsten Grunde alles Lebens: Was ihr nur immer ansehen - möget - Kleines oder Großes, Nahes oder Fernes -, es strotzt alles zum Aufspringen vor Liebe des heiligen Vaters.!

40] Alles, alles lobt, liebt und betet Ihn unablässig an. Keines fragt wie wir: ,Was sollen wir tun? Wo sollen wir anfangen und wo enden das große Lob des heiligen Vaters?', sondern in stiller, innerer Wonne erfüllen sie den Willen des Heiligen Vaters, und ferner Welten weite Räume sind noch reichlich zeugend erfüllt von dem so mild, herrlich stillen Wirken einer ehrfurchtsvoll still liebend ergebenen Sonne und anderer lieberfüllter Dinge!

41] Nur wir Kinder, - höret! - wir Kinder eben dieses heiligen Vaters, wir lebendigen Kinder können noch - im wesenhaften Angesichte des Vaters fragen: ,Was sollen wir tun?' Eine Frage die kein Engel ewig je beantworten wird!

42] Und doch fragen wir in der Mitte der Wunder der Liebe, darum sie zerspringen möchten vor lauter Liebe: Was sollen denn wir tun?'

43] Nichts, - nichts können wir tun, als nur lieben Ihn aus allen den von Ihm uns gegebenen Kräften und dankbar fröhlich genießen jegliche Gabe der ewigen Liebe aus Ihm! (07.02.1842)

44] Sonach, geliebteste Väter, Brüder und Kinder, da uns allen diese Frage ganz völlig unmöglich zu beantworten ist und alle unsere größtmöglichen Gedanken zu klein sich verhalten zu der Größe unserer Schuld vor und zum allerheiligsten Vater, bleibt uns nichts anderes übrig, als unsere Herzen soviel als nur immer möglich zu erweitern, um diesen unseren überguten, überliebevollsten, überheiligsten Vater zu lieben über alles und, wenn unsere Liebe den allerhöchsten Brennpunkt erklimmen wird, vor Ihm im Staube unserer vollsten Nichtigkeit niederzufallen, vor Ihm uns zu demütigen bis auf das letzte Atom unseres Seins und Ihn dann in dieser unserer völligsten Zerknirschung mit nahezu stummer Zunge im Geiste der reinsten Liebe und aller Wahrheit aus ihr anzubeten!

45] Nicht Brandopfer, nicht das innerer Wonne erfüllen sie den Willen Blut der Tiere, nicht der Rauch von den des heiligen Vaters, und ferner Welten verbrannten Weizen- und Kornähren, sondern allein die im Geiste und in der Wahrheit reinen Vollbrandopfer unserer Herzen sind es, daran der überheilige Vater ein Wohlgefallen hat.

46] Darum wollen wir Ihm auch da, wo es Ihm am allermeisten wohlgefällt, nicht tote, sondern lebendige Opferaltäre errichten, auf welchen gleich wie in der neuen Hütte der herrlichen Purista die reine Flamme unserer Liebe nimmerdar erloschen soll, sondern nur stets gewaltiger und gewaltiger auflodern zur alleinigen Ehre Dessen, der nun überheilig unter uns weilt!

47] Ein jeder tue nach seinen Kräften und nach seinem Vermögen; denn wie es nicht gibt Blumen einer und derselben Art, sondern ihre Geschlechter ins also Endlose gehen, daß der Erde letzte Bewohner nicht einmal alle kennen werden, und es also auch gibt des Grases, der Bäume, der Tiere und also auch der Sterne am Himmel, - also gibt es auch nach der allerhöchstweisen Ordnung Jehovas, unseres allerheiligsten Vaters, in jedem anderen Menschen undenkbar verschiedene Grade von geistigen Kräften aller guten Arten und also auch verschiedene Vermögen der Seele im Menschen.

48] So jemand da hat ein starkes Herz, der sei auch stark in der Liebe, auf daß durch die Liebe auch alle seine anderen Kräfte zum Leben gestärkt werden!

49] Wer da hat ein starkes Gesicht, er leite die Brennpunkte seiner Sehe in sein Herz, auf daß dadurch sein Dankopfer in ihm die lebendige Flamme fange, vollauf erbrenne und also sein Geist lebendig erstarke in der wahren Liebe zu Gott, der da ist unser liebevollster, überheiliger Vater nun unter uns allen, sichtbar uns allen!

50] Wer da hat ein starkes Gehör, der kann seine Schalltrichter hinwenden zu den Ohren seines Herzens, damit dadurch alles vernommene Getöne sich eine im Herzen zu einem wahren, kräftigen, dem Vater wohlgefälligen Lobgesange vor dem lebendigen Opferaltare der Liebe und alles wahren Lebens aus ihr in uns!

51] Wer da ist gar stark in seinen Gedanken über allerlei Dinge, der leite alle diese seine Gedanken zurück ins Herz; ja, in die Tiefe seines Herzens versenke er alle seine Gedanken, allda der lebendige Opferaltar der reinen Liebe aufgerichtet ist, lege sie da auf diesen geheiligten Altar und entzünde sie alle da mit der sonst vielleicht schwächeren Flamme seiner Liebe, damit dadurch lebhafter diese Flamme werde und Gott wohlgefälliger und er desto lebendiger durch und durch!

52] Wer da stark ist im Empfinden, auch der leite diese reiche Ölquelle hin auf den Altar der reinen Liebe im Herzen, damit die Flamme eine beständige Nahrung habe zur allerschuldigsten Verherrlichung des größten und allerheiligsten Namens Jehova in uns!

53] Wer da ist stark in Wahrnehmungen aller Art, diese Wahrnehmungen sind das frische Holz, das da jeder Hungrige und Durstige nach der Kost des Lebens zur Hütte der Purista als eine Mitopferung bringen soll.

54] Dieses Holz also legt reichlich auf den Altar des lebendigen Heiligtums in uns, damit dadurch die Flammen reicher und reicher werden zum wahren Preise und Lobe Dessen, dem es also wohlgefiel, Sich in unseren Herzen eine heilige, lebendigste Wohnung zu errichten!

55] Wer da stark ist in der Nächstenliebe, der führe seine Brüder und Schwestern in diese reine Hütte des Herrn, und versehe sie da reichlichst mit der Kost des Lebens! Wahrlich, das ist dem liebevollsten, heiligsten Vater der allerangenehmste Lobgesang, so sich ärmere Brüder und Schwestern reichlich an der Zahl in unserem Herzen an der heiligen Flamme der reinen Liebe in uns wärmen und zehren mit dankbarem Gemüte voll Freuden von der gastlichen Küche der herrlichen Purista in uns!

56] O Väter, Brüder und Kinder! Wahrlich, wahrlich, wahrlich, - wir können nichts Größeres und dem heiligen Vater nichts Wohlgefälligeres tun, als so wir mit großer Liebe, Dienstfertigkeit und aller Freigiebigkeit unsere ärmeren Brüder und Schwestern, wenn sie selbst aus der Tiefe zu uns kämen, mit großer Freudigkeit und Freigiebigkeit aufnehmen und ihnen den bei weitem größeren Topf, als der für uns bestimmte es ist, aufsetzen und sie früher sättigen und tränken denn uns selbst!

57] Überaus wohlgemerkt: ja früher - denn uns selbst! Denn sonst wird sich der hohe, heilige Gast, der nun auch in uns allen die heilige Küche der Purista errichtet hat, wohl schwerlich empfinden, da Speise der Liebe nehmen und uns segnen mit dem ewigen Leben!

58] (Februar 1842) Väter, Brüder und Kinder! In was immer alsonach sich sicher jemand stark fühlt, der denke und glaube es lebendig, daß da jegliche Stärke in uns ist eine Gnadengabe des überheiligen Vaters!

59] Was wäre demnach ein Mensch, der da hätte irgendeine Stärke und möchte dieselbe also benützen, als wäre sie pur sein eigen?

60] Ich sage euch, eine größere Eigenliebe könnte es gar nicht geben!

61] Denn so sich jemand da irgendein Werk seines Bruders zueignen möchte, der wäre doch sicher auch voll der Eigenliebe; aber da hätte er es doch nur mit seinem Bruder zu tun und wäre ein arger Dieb gegen seinen Bruder.

62] Bei der Zueignung einer Gabe der da ist unser aller liebevollster, heiligster Vater, und dem allein alle Dinge, wie alle Mächte und Kräfte und Gewalten völlig zu eigen sind.

63] Sehet und höret und verstehet es: da wird ein solcher Eigenliebler ein Dieb gegen Gott, - welches da ist der Eigenliebe höchster Grad!

64] Wahrlich, in diesem Falle hört der Mensch auf, ein Kind des heiligsten Vaters zu sein, so zwar, daß er sich dadurch selbst dem Gerichte überliefert und wird bloß ein Geschöpf nur, und bessert er sich nicht, ein Kind der Schlange sogar, ein Kind des Todes, und also auch ein Kind des Zornes und des Grimmes, ein Kind der Hölle, die da ist ein ewiges Grab voll des Fluches, voll der Verdammnis und voll des Zorngrimmfeuers aller ewigen Verworfenheit!

65] Daher - wie es schon gesagt wurde, liebe Väter, Brüder und Kinder -, wer da von euch was immer für eine überwiegend fühlbare Stärke hat, der betrachte sie ja nicht als irgendein Eigentum, sondern als ein immerwährend neues Geschenk vom heiligsten Vater, und gehe mit diesem alsbald in die Hütte der Purista im eigenen Herzen, lege diese heilige Gabe auf den Opferaltar im eigenen Heiligtume, trage dann selbst frisches Holz der wahren inneren Demut zu diesem heiligen Herde, lege es auf die vielleicht schon matte Flamme der reinen Liebe, damit diese wieder helle auflodere und die geopferte Gabe ergreife und sie verzehre zum alleinigen Lobe, Ruhme und Preise Dessen, der da ist der alleinige heilige Geber aller solcher guten Gaben und da heißt Jehova, Gott von Ewigkeit, unendlich und über alles heilig und allmächtig, unser überheiliger Vater, voll der höchsten Liebe, Gnade und aller Erbarmung!

66] Denn nur Ihm allein gebührt alle Liebe, alles Lob, alle Ehre, aller Ruhm, aller Preis und alle Anbetung.

67] Was aber ist die wahre, reine Liebe in uns zu Gott? Sie ist die innigste Vereinigung unseres gesamten Lebens mit dem Leben alles Lebens in Gott, aus welchem Leben alles Leben, alles Sein und alle Dinge hervorgegangen sind!

68] ,Gott allein lieben' heißt demnach nichts anderes, als in Gott Selbst ein neues, ewig unsterbliches, unvergängliches Leben beginnen, und zwar dadurch, daß wir alle unsere Kräfte als lauter Gaben des heiligsten Vaters auf den Altar in unserer eigenen von Gott errichteten Speisehütte des Geistes legen, dann hernach das heilige Flämmchen mit dem frischen Holze unserer Demut unterstützen, auf daß da ein Vollbrand wird, der alsonach alle unsere geopferten Kräfte ergreift, sie verzehrt und uns weltlichermaßen vernichtet.

69] Aber eben aus dieser Vernichtung geht erst dann ein neues Leben hervor, ja ein Leben in Gott, unser aller liebevollstem heiligem Vater!

70] Das ist der verordnete größte Speisetopf in der heiligen Hütte der herrlichen Purista. So darin die Früchte vollends weich gekocht werden, wird der hohe heilige Gast dann auch kommen und wird daselbst am heiligen Kindertische mit Seinen Kindern eine neue Mahlzeit halten, eine Mahlzeit der ewigen Liebe, Gnade und Erbarmung, ja eine Mahlzeit zum ewigen Leben!

71] Sehet, so wir solches tun, so ist das ein rechtes Lob, eine rechte Ehre, ein wahrer Ruhm, ein für uns höchster Preis und in unserer endlichen Vernichtung im heiligen Feuer der reinen Liebe in uns die allein wahre Anbetung, da wir da wahrhaft im Staube unserer vollkommenen Nichtigkeit vor Gott darniederliegen und uns einen in und durch das uns verzehrende Feuer der Liebe auf dem neuen Opferaltare in unseren Herzen mit Gott, mit unser aller liebevollstem, allerheiligstem Vater!

72] Wahrlich, wahrlich, liebe Väter, Brüder und Kinder, so jemand nicht sich selbst ganz opfern wird auf diesem uns allen nun zur Genüge bekannten Altare in der Hütte der herrlichen Purista in uns und wird sich nicht verzehren lassen zu Staub, Rauch und Asche, - wer sonach nicht diese wahre Feuerprobe wird bestehen wollen, der wird den sicheren Tod nicht aus sich bringen, und nie wird ihm eine Ghemela zum Lohne des ewigen Lebens werden!

73] Wer da lebt und atmet und empfindet die endlose Wohltat des Lebens und fühlt die unaussprechliche Süßigkeit desselben, der bedenke wohl, daß dies irdische Leben nur ein Probeleben ist und ist in allem eine Gabe des heiligen Vaters.

74] Wer es sich törichterweise wird aneignen wollen, wird es verlieren auf ewig, wer es aber in allem dem großen, heiligen Geber wieder also, wie es nun zur Genüge gezeigt wurde, wieder anheimstellen wird, sich selbst opfernd, der wird es behalten im reinsten Vollbestande für ewig, ewig, ewig in Gott, unser aller heiligstem, liebevollstem Vater!

(9. Februar 1842)

75] Da wir aber nun alle vernommen haben, was da jedem von uns allen not tut vor Gott, so lassen wir es bei dem alleinigen Vernehmen nicht verbleiben, sondern machen das Vernommene durch Worte im eigenen Herzen vernehmbar, damit es von da übergehe in das Blut und vom Blute in alle Glieder unseres Wesens zur lebendigen Tat; denn so jemand das wahre, lebendige Wort aus Gott Selbst vernommen hat und ist ihm dadurch der Weg gezeigt worden, ja gezeigt der kürzeste und sicherste Weg, und er wandelt nicht sogleich vollkommen diesen Weg, der ist doch sicher ein allergrößter Tor, ein allerträgster Ochse und ein allerdümmster Esel darum, da ihn die Kraft des lebendigen Wortes ohnehin schon während des alleinigen Vernehmens gestärkt und wenigstens schon zur Hälfte lebendig erweckt hat, und er es dann überleicht hätte, durch seines eigenen freien Willens Tätigkeit sich vollends zu beleben.

76] Also, nicht beim alleinigen Vernehmen laßt es bewendet sein, sondern zur Tat, zur lebendigen Tat trage ein jeder tief in seinem Herzen diese Worte, so wird er sein ein wahrhaft Weiser in der Ordnung Jehovas, darum ihm lieber sein wird ein lebendiges Haus von tausend im schönsten Kreise stehenden schlanksten Zedern denn ein totes von behauenen Tannen, die da zwar auch in die Erde gesteckt sind, aber da sie selbst tot sind, so verfaulen sie auch bald in der Erde, und weht dann irgendein Sturm über diese toten Häuser, da stürzen sie alsbald ein und ertöten ihre Inwohner.

77] Das Haus aus den lebendigen Zedern ist ein sicheres Haus, indem wir allzeit den rechten Schutz finden darinnen.

78] So wir aber den Samen legen in die Erde, damit wir aus ihm mit der ehestmöglichen Zeit zu einem lebendigen Hause kommen möchten, und zwar in dem Kreise wir den Samen gelegt haben, in dem möchten wir auch schon unser lebendiges Haus erschauen, - müssen wir da aber trotz unserer großen Begierde zum lebendigen Hause nicht zur nötigen Geduld übergehen und unterdessen ruhig wohnen in den behauenen toten Hütten, bis das lebendige Haus völlig dicht und reif dasteht und wir es dann beziehen können?! Und haben wir es einmal bezogen, wie voll Freuden sind wir da darum, daß wir ein also festes lebendiges Haus nun haben, das uns wohl decken kann vor jeglichem Sturme!

79] Aber wie oft läuft der Mensch mehrere Jahre hindurch mit dem Wasserschlauche um den Bäumchenkreis herum und begießt jegliches sorgsam, damit sie sich ja recht bald hoch über den Erdboden erheben sollen, und er die Stämme bald möchte mit den duftenden Zweigen des Myrten-, Lorbeer- und Balsampalmbaumes einzuflechten anfangen, und die Klüfte auszustopfen mit dem reichlichen Speick der Schafherdenhöhen, und mit wohlduftendem Moose, und also auch sonach vom Hauptmittelbaume ein wohlgeflochtenes Dach aus dem unzerstörbaren Goldstroh zu spannen bis zu den Seitenwandbäumen!

80] Sehet, solches nennen wir weise; ja, solches ist auch wahrhaft weise getan! Übertragen wir aber diese weise Handlungsweise auch auf uns selbst!

81] Der allergesündeste Same ist nun im Übermaße ausgestreut. Des lebendigsten Wassers haben wir nun auch in der größten Menge. Der große, heilige, allmächtige Baumeister aller Dinge ist sichtbar unter uns. Wir sind alle erweckt. Wir sind in der heiligen Mitte des hellsten Tages. Die Herdealpen spenden schon überherrlich von den wohlduftenden Kräutern reiche Wohlgerüche zu uns herab. Das Goldstroh ist allenthalben in großer Überfülle schön geraten vorhanden.

82] Wie wenig alsonach geht uns noch ab, zum Besitze der lebendigen Häuser im Geiste zu gelangen; o denket, denket doch, wie sehr wenig!

83] Und so denn ergreifen wir alle lebendigst tätig das lebendige, heilige Wort, das da ist ein Wort alles Lebens, aller Macht und aller Kraft unmittelbar aus Gott Selbst, und des Lamechs Lohn, die himmlische Ghemela oder die sich über alle Begriffe mild und sanft herablassende Liebe des überheiligen Vaters wird uns nicht entgehen! Ja sie ist schon bei uns; aber nur ergreifen müssen wir sie lebendigst, so werden wir das Ziel erreichen, das uns die endlose Güte und Liebe des überheiligen Vaters selbst vorgesteckt hat! Ein herrliches Ziel, ja ein überherrliches Ziel! Ein Ziel des allervollkommensten, ewigen Lebens!

84] Wahrlich, wenn das nicht aller unserer geringen Anstrengungen würdig ist, so soll bei aller meiner mir nun gediegenst inwohnenden Kraft, Macht und Gewalt aus Gott, - ja ihr zur sicheren Folge soll die ganze Schöpfung in ihr altes Nichts zurückkehren und wir als Kinder mit ihr!

85] Einen Eid schwöre ich euch, ein großes Wahrzeichen gebe ich euch allen in der nun sichtbaren Gegenwart Jehovas, der da war, ist und ewig sein wird mein steter, mächtiger Zeuge, und sage nun, wie ich bisher jegliches Wort gesprochen habe, in Seinem Namen:

86] Wahrlich, wahrlich, wahrlich, die ganze sichtbare Schöpfung drückt zu Tode ein alter zwiefach harter Fall! Mit alter Sünde ist alle Welt befleckt; auf uns alle hat sich der Tod vererbt, einmal im Geiste, und einmal im Fleische.

87] Kann Gott vermöge Seiner allerhöchsten Heiligkeit uns aber auch das Fleischleben nicht wiedergeben, so aber hat Er Sich doch in Seiner unendlichen Liebe unseres Geistes erbarmt und hat uns sonach im Geiste wieder zu Kindern Seiner Gnade, Erbarmung und endlosen Liebe aufgenommen, damit wir wieder des ewigen Lebens möchten teilhaftig werden.

88] Väter, Brüder und Kinder, jetzt ist es vor uns, das Leben und der Weg zu Ihm: Liebe das Leben, Demut der Weg! Ergreifen wir es mutig und tun darnach, so werden wir in dieser großen Nähe des großen Urhebers und Urborns alles Lebens sicher nicht in den Tod übergehen, sondern nur in das ewige Leben selbst, welches nun zu uns gekommen ist und sicher auch ewig bei und in uns verbleiben wird! Amen Amen, Amen.«




26. Kapitel: Gott setzt Henoch als ersten Sabbat-Prediger ein. Aussendung eines Boten zu Hored und Naeme.
01] Nach der Beendung dieser Rede aus Mir begab sich der Henoch alsbald zu dem hohen Abedam und dankte ihm aus der Tiefe seines Herzens wahrhaft der großen Sabbatsrede gemäß.

02] Und der hohe Abedam sagte darauf zu ihm: »Nun hast du denn doch gesehen und dich lebendigst überzeugt, wie sehr eitel deine frühere Furcht war!

03] Also, wie du jetzt rein aus Mir geredet hast, gerade also wirst du auch künftig in Meinem Namen reden zum Volke, das da sind deine Väter, Mütter, Brüder, Schwestern und Kinder jedes Geschlechtes.

04] Siehe, solches ist dein Hauptgeschäfte von nun an an jedem Sabbate! Und so Ich dir irgend zeigen werde, daß da jemand ist, der sich abgewendet hat von Mir und hat sein Auge gerichtet hinaus zur Welt, da gehe aber an jedem Tage hin, rufe den Verirrten in Meinem Namen und stelle seine Füße wieder auf den rechten Weg der Reue, Demut und Liebe zu Mir.

05] So sich aber derlei Fälle etwa mehren sollten, daß du nicht auslangen möchtest mit der Zeit, da erwähle du in Meinem Namen einen Tauglichen aus deiner Schule, und sende ihn gehörig ausgerüstet hin, und sei dabei unbesorgt; denn Ich werde so gut mit ihm sein wie mit dir!

06] Über den du in Meinem Namen deine Hände legen wirst, den auch will Ich alsbald erfüllen mit Meinem Geiste, und er wird wahrsagen dir gleich und wird erbrennen im Eifer der Liebe zu Mir, darum sich alles Gras, alles Gesträuch, alle Bäume, Berge, Wässer, Winde, Luft, Feuer, Erde und alles Getier beugen wird vor ihm wie vor dir nun als Oberpriester selbst.

07] Wer da alsbald umkehren wird, dem soll Meine Gnade, Liebe und Erbarmung mehr als auf dem halben Wege entgegenkommen.

08] Wer aber da verstopfen wird sein Herz und Ohr und verschließen sein Auge vor euch, über den schwinge sieben Male Meine Zuchtrute in deiner Hand!

09] Kehrt er aber da noch nicht um da treibe ihn hinaus von der Gemeinde; und so er heulend und weheklagend wieder zurückkehren möchte voll Reue im Herzen, da siehe ihn an, ergreife seine Hand, erhebe ihn zu dir, führe ihn hierher, errichte ein Gastmahl, und lade viele dazu ein, auf daß da unter euch in Meiner Vaterliebe eine große Freude sei, darum ein Verlorener wieder also sich gefunden hat und ist zurückgekehrt zu seinem Vater in seinem Herzen.

10] Wahrlich, sage Ich dir, so ein Tiefgefallener wieder völlig zurückkehrt, da sollt ihr mehr Freude haben über ihn als über neunundneunzig Gerechte, die der Umkehr nicht bedürfen!

11] Denn so jemand lebendig ist und bleibt lebendig, das ist nichts mehr als billig; wer da im Lichte ist, dem ist eine Irrnung wohl nicht leicht möglich.

12] Der Schwachen Los aber ist es ja, nur Geringes zu tragen auf wohlerleuchteten Wegen.

13] So Ich aber einem Starken eine größere Last zu tragen gebe in der Nacht, er verfehlt aber den Weg und hört nicht euren Ruf, und so er lange irrt und gelangt an kein Ziel, außer daß er gewahrt die Nähe des Untergangs und des Todes, und dann doch von selbst zurückkehrt den beschwerlichen Weg und gelangt weinend zu euch, und ihr habt dadurch nun wieder einen für ewig verlorengeglaubten und tief betrauerten Bruder gefunden, wie Ich einen verlorenen Sohn, - sagt, ist das nicht mehr denn neunundneunzig, die da ihre Füße freilich wohl gerechterweise niemals über die Türschwelle ihres Hauses gesetzt haben?!

14] Darum soll groß sein eure Freude über einen, der verloren war, ja der tot war, und ist wieder lebendig geworden.

15] Der Gerechte hat nicht Ursache zu weinen, da ihn nur eine leichte Bürde drückt; wer aber eine große Bürde hat auf seinem Nacken und fällt mit der Bürde und weint dann unter der Bürde, wer möchte da wohl ein also steinernes Herz haben und nicht betrauern den hart Gefallenen und alles aufbieten, um ihm wieder aufzuhelfen, so es nur möglich wäre?!

16] Und kann er das nicht und muß zu seinem größten Leidwesen den gefallenen Bruder unter der Last verschmachten sehen, wie wird es ihm sein ums Herz?!

17] Wenn sich aber dann doch wieder unvermutetermaßen der gefallene Bruder aufrichten wird, wer wird da nicht sogleich vor großer Freude hinzuspringen, den totgeglaubten Bruder an sein Herz drücken, ihn führen alsbald in sein Haus und ihm bereiten ein großes stärkendes Mahl?!

18] Darum aber sage Ich euch allen hier dieses, daß ihr die Irrenden kräftig ermahnen sollt; und wer da euren Augen entschwand, den sollt ihr suchen kraft aller Meiner Liebe in euch.

19] Doch die Zuchtrute soll niemand eher schwingen über seinen Bruder, als bis Ich ihm zurufen werde: Nun züchtige ihn mit dem Feuer deiner Liebe; lasse ihn gehen aus der Gemeinde zwar, damit sich an ihm niemand ärgern solle, aber dein Herz begleite ihn bis ans Ende der Welt!'

20] Dein letzter Abschiedsblick, wie jeder frühere, lasse den irrenden Bruder allzeit erfahren, daß er dein armer, gedrückter und gefallener Bruder ist, und daß er dir gleich, obschon ein darniederliegender Sohn Meiner Liebe ist!

21] Zorn sei euch völlig fremd, und aller Fluch sei ferne eurem Munde und doppelt ferne eurem Herzen!

22] Wie ihr euch aber verhalten werdet gegenseitig, also werde auch Ich Mich verhalten zu euch; wer da sündigen wird vor euch, der wird auch sündigen vor Mir.

23] So ihr ihn aber richten werdet, da werde zwar Ich ihn auch richten; aber wie, das weiß Ich.

24] Ihr aber werdet darum eurem Gerichte nicht entgehen; wie aber das Gericht, - das weiß Ich auch!

25] Und nun sage Ich dir, geliebter Henoch, rüste sogleich einen Boten aus, und sende ihn hin in die Gegend, die da liegt zwischen Mitternacht und Morgen; denn es schwelgt dort ein Bruder mit einem Weibe aus der Tiefe. Sein Name ist Hored und der des Weibes Naeme. Er weiß nicht, was hier ist; darum lasse ihm sagen, daß Ich ihn rufen lasse, darum er auch alsbald hierher kommen solle! Amen.«




27. Kapitel: Horeds und Naemes Rettung durch den Boten Lamel.
01] Und der Henoch dankte dem hohen Abedam für diesen Auftrag und ging dann alsbald hin zum Gabiel und sagte zu ihm:

02] »Gabiel, rufe herbei deinen Bruder Lamel; es bedarf seiner der Herr!«

03] Und der Gabiel vollzog sogleich, das ihm aufgetragen wurde durch den Henoch vom Herrn aus.

04] Als nun der Lamel herzueilenden Schrittes gekommen war, verneigte er sich voll der größten Ehrfurcht vor dem Henoch und fragte ihn:

05] »Ehrwürdigster Vater und Lehrer Henoch, du weiser Liebling des Herrn, des heiligen, liebevollsten Vaters, was verlangst du, sicher im Namen des Herrn, von mir, das ich tun soll? Siehe, ich bin bereit, bis ans Ende der Welt den Winden nachzujagen, so es des Herrn heiliger Wille wäre!«

06] Und der Henoch sagte darauf zu ihm: »Du bist von gutem Willen erfüllt, das wußte ich schon früher, ehe ich dich rufen ließ; darum aber bist du erwählt, daß du alsbald dahin gehen sollst, wo dein Bruder Hored sich verborgen aufhält mit seinem Weibe Naeme aus der Tiefe, da sie ist eine Tochter des Königs Lamech aus Hanoch und ward nicht gesegnet zuvor vom Adam und von all den andern Vätern!

07] Sage ihm, der Herr lasse ihm melden, er solle sogleich mit seinem Weibe hierher kommen. Sollte er sich aber sträuben, sodann zeige ihm die Feinde, welche wohlbewaffnet ihn von Hanoch aus schon aufgespürt haben und nun lauern auf einen günstigen Augenblick, um ihn samt dem Weibe der grausamsten Rache Lamechs zu überliefern!

08] Sage ihm, bis jetzt habe ihn noch des Herrn Hand beschützt! So er dir nicht alsbald folge, da werde der Herr Seinen Arm zurückziehen, und er werde dann zusehen können, wie er mit den tausend racheentflammtesten Feinden zurechtkommen wird, so sie gleich wütenden Löwen, Tigern und Hyänen über ihn herfallen werden!

09] So er aber einwilligen wird, da greife ihm und seinem Weibe alsbald unter die Arme, und die Kraft des Herrn, mit der du jetzt, während ich meine Hände im Namen des Herrn über dich hielt, erfüllt wurdest, wird euch mit großer Schnelligkeit den auf euch losstürzenden Feinden entreißen.

10] Und so denn erhebe dich und eile, zu vollziehen des Herrn, unser aller heiligsten und liebevollsten Vaters heiligsten Willen!

11] Die Gnade, Liebe und Erbarmung des Herrn sei mit dir jetzt, wie allzeit und ewig! Amen.«

12] Kaum hatte der Henoch seine letzten Worte ausgesprochen, so sprang auch schon der Lamel gleich einem jungen Hirsche von dannen und kam, durch die ihm nun innewohnende Kraft geleitet, auch schon in wenigen Minuten vor einer höchst ärmlichen, von der Morgengegend nach der Mitternacht nahezu eine Tagesreise entfernte Hütte an und fand daselbst, was er suchte.

13] Als der Hored seiner ansichtig wurde, sprang er hastig und grimmentbrannt aus seiner Hütte, packte sogleich den Lamel gewaltigst bei der Hand und schrie aus vollster Brust:

14] »Unglücklicher! Was führte dich hierher? Muß denn dich mein erster Fluch treffen, dich, Lamel, meinen sonst geliebtesten Bruder?!

15] Siehe, ich habe meinem Weibe einen heiligen Schwur getan: den ersten Menschen, der hierher käme und uns störe in unserer glücklichen einsamen Ruhe, zu erwürgen - und wenn das auch selbst der Adam wäre!

16] Ich verkroch mich darum in einen äußersten Winkel der Erde und wollte da leben, von keines Menschen Auge belauscht, da ich das gefunden habe, was keiner noch fand, und bin endlos glücklich mit diesem meinem Funde!

17] Elender! Wer zeigte dir den Weg in diesen äußersten Winkel der Erde? Rede, oder ich zerreiße dich im Augenblicke in tausend Stücke und gebe sie dann den Raben zur Speise!«

18] Der Lamel aber sah den wütenden Hored fest an und sagte dann zu ihm, ihn gleichsam fragend: »Hored! Also empfängst du deinen Retter, den der allmächtige Gott Selbst, der nun sichtbar unter uns wandelt und lehrt und wirkt auf der heiligen Höhe, zu dir als solchen gesandt hat?

19] Bevor jedoch als du mich zu würgen und in Stücke zu zerreißen wirst anfangen, muß ich dir noch sagen, daß fürs erste sich jene, die mit der göttlichen Kraft ausgerüstet sind, nicht sogleich erwürgen und dann in Stücke zerreißen lassen, - und wenn es auch hundert Eidschwüre deinem Weibe gelten sollte!

20] Damit du aber siehst, daß ich nicht dir gleich ein mächtig klingender Wortestoßer bin, sondern des Willens des Herrn wirklich vollmächtig bin, so komme her, da her zu dieser alten, männlich starken Zeder, und entwurzle sie, und schleudere sie dann über diesen Berg ins Angesicht deiner tausend auf dich lauernden Feinde aus Hanoch!

21] Kannst du das, dann fasse und erwürge mich, so du kannst und magst! Und fürs zweite aber siehe dich bei dieser Gelegenheit auch ein wenig um, so dahier hinab ein wenig in die blanke Talebene, und siehe, wer alles sich noch heute gerade am Sabbate deiner Hütte naht, um dich zu ergreifen und dich dann samt deinem Weibe der blutigsten Rache Lamechs für die Entführung seiner Tochter Naeme zu überantworten!«

22] Und der Hored sprang hin zu der Zeder und bäumte sich dabei sehr; aber die Zeder wollte sich nicht rühren.

23] Da er aber nichts richten konnte mit dem Baume, so schrie er den Lamel gewaltigst an, sagend: »Schurke! So entwurzle du sie!«

24] Und der Lamel rührte die Zeder, bloß nur an, und der mächtige Baum stürzte zersplittert zusammen, als wäre er nie da gestanden.

25] Darauf zeigte der Lamel mit dem Finger ins Tal und zeigte dem Hored ein wohlausgerüstetes Heer aus Hanoch und fragte darauf den Hored: »Nun, warum zögerst du nun mit dener Drohung? Willst du mich denn nicht zerreißen und -?«

26] Der Hored aber schrie überlaut auf: »Großer Gott! Ich bin nun verloren!

27] Ich habe es mir wohl immer gedacht, daß es also kommen wird!«

(12.02.1842)

28] Und der Lamel sagte darauf zum Hored: »So du dir aber schon lange dachtest, daß es also kommen werde, warum kehrtest du denn nicht auch schon lange nach Hause in die Heimat deiner Väter, damit sie dich wie alle andern gesegnet hätten, und dich sicher um so eher, da du ein wirklicher Gesandter warest und konntest nicht dafür, daß dich der Lamech beschenkte mit der Naeme; sondern was dir der Lamech gab, war ja ohnehin eine gerechte Gabe, dir allein zugute kommend, die dir sicher niemand streitig gemacht hätte, und wenn du ihre große Schönheit uns allen auch hundert Male vor die Augen gestellt hättest!

29] Siehe Bruder, du hattest keine Ursache zur Flucht vor uns, und doch bist du geflohen! Warum aber bist du dennoch geflohen?

30] Siehe, ich will es dir sagen: Da du in die Tiefe gingst nach Hanoch warst du ausgerüstet von all den Vätern durch ihre großen Segnungen mit großer Macht und Kraft, darum dann auch, als du nach Hanoch kamst, der feine Lamech, wohl merkend, daß er dir nichts anhaben und auch nichts Gewaltiges antun kann, dafür den schlauen Weg ergriff und beschenkte dich mit der Naeme, um deiner los zu werden, und um dich auch mit der Schlange ärgsten Stricken zu binden.

31] Denn er dachte bei sich: ,Ist er (nämlich Hored) wirklich von irgendeinem höchsten Wesen zu mir gesandt, etwa von dem alten Gotte, dessen gewaltige Stimme ich schon einmal lebhaft vernommen hatte, bald nachher, als ich meine beiden Brüder erschlug, so wird er nimmerdar von mir etwas annehmen, und am allerwenigsten das schon an einen Mann gebundene Weib!'

32] Allein gerade, da der Lamech sich's am wenigsten gedachte, ließest du dich von seiner Schlauheit berücken, nahmst an das ärgste Gift aus der Hand des schändlichsten Verräters gegen Gott! Und was war die Folge dieses Giftes? Ich sage dir, nichts mehr und nichts weniger, als daß du sogleich hierher, schon von mehreren bewaffneten Spionen aus Hanoch verfolgt, flohest, ohne mehr darauf zu denken oder gedacht zu haben, ob dir die von den Vätern der reinen Höhen mitgeteilte Kraft wohl noch geblieben ist, oder nicht.

33] Lamech und deine Verfolger waren bis jetzt freilich noch in der Meinung, du seiest noch also mächtig, wie du es damals freilich vor kurzer Zeit noch warest; allein nun, da er der Schlange ein großes Opfer gebracht hat dadurch, daß er den Namen Jehovas auf das allerschändlichste entehrt und am Ende gar verflucht hat, hat ihm diese auch deine gänzliche Ohnmacht gezeigt, und er sandte daher nun auch ein Heer von tausend der allerstärksten Männer aus Hanoch wohlbewaffnet hierher, darum (damit) sie dich fangen sollen und dich überliefern seiner größten Rachgier und die Naeme aber als Zusammenhälterin des ganzen Reiches, was sie schon früher sein mußte, nämlich eine allgemeine Hure allen den Großen seines Reichs, die ohne sie nun sämtlich abfallen von ihm.

34] Siehe, du glaubtest in deinem Freude-Neide gegen uns, deine Brüder, dich in der Erde äußersten Winkel verkriechen zu müssen, um von uns aus eine ungestörte Wonne genießen zu können! Wir glaubten es auch, es werde dir sicher nichts abgehen, und segneten dich dazu noch, so gut wir es nur immer konnten und mochten.

35] Allein der große, überheilige Lehrer und unser aller liebevollster Vater, der nun unter uns noch weilt, hat uns erst die Augen geöffnet und klärlich gezeigt, wie es mit dir und deinem Weibe steht, hat eben darum mich zu dir gesandt, um dich und dein Weib zu retten, euch zu führen vor Ihn hin, damit auch ihr Seines Segens, Seiner Liebe und Gnade nicht ledig verbleiben sollt!

36] Hored, Bruder, - erkenne des Herrn Willen, rufe dein Weib aus der Hütte, und lasse dir und ihr von mir schnell unter die Arme greifen, damit ich im Namen des Herrn euch noch eher dem Untergange entreißen kann, bevor die schon sehr herangerückten Häscher Lamechs euch unrettbar ergreifen werden!«

37] Und der Hored rief dabei aus: »O Bruder Lamel, jetzt erst erkenne ich dich wieder! Kannst du uns retten siehe, da ist mein Arm! Und siehe, da kommt sie schon atemlos aus der Hütte, die Naeme, und beut dir ihren Arm wie du es verlangtest; und also geschehe des Herrn Wille! Amen.«

38] Und alsbald auch ergriff der Lamel die Naeme; und als er kaum die beiden so recht fest angefaßt hatte, da stürzten auch schon von allen Seiten die Feinde unter dem wildesten Geschrei auf die Hütte des Hored zu.

39] Als die Naeme solches vernahm und sah, da stieß sie einen heftigen Angstlaut aus, sagend: »Um des allmächtigen Gottes Willen, wir sind verloren! - - Mein armer Hored!«

40] Und also schrie auch der Hored. - Der Lamel aber sprach zu beiden: »Sehet euch zuvor ein wenig um, und sehet, wo ihr euch nun befindet; dann erst schreiet, wenn es noch not tut!«

41] Darauf schlugen beide ihre Augen auf und konnten sich nicht genug verwundern, da sie sich so ganz wohlbehalten auf der Höhe schon bei der Adamsgrotte befanden, an deren Ausgange gegen Morgen schon der Henoch und noch Jemand mit ihm ihrer mit ausgestreckten offenen Armen harrten.




28. Kapitel: Der vom König Lamech angelegte Waldbrand.
01] Da der Lamel aber alsbald sah den Henoch rasch auf sich zugehen und nicht minder rasch neben ihm den hohen Abedam, so ließ er alsbald die beiden los und fiel vor den zwei Entgegenkommenden zur Erde nieder und lobte, pries und dankte dem hohen Abedam für diese große Erbarmung und Liebe, die Er seinem Bruder Hored und dessen Weibe Naeme zukommen ließ, und dann aber auch für die große Gnade, die Er ihm dadurch erwies, daß Er ihn als einen wohlbemächtigten Retter für die beiden erkoren hatte.

02] Als aber der hohe Abedam mit dem Henoch vollends zu den dreien gekommen war, da hieß Er alsbald den Lamel erstehen vom Boden und sagte darauf zu ihm:

03] »Lamel, du kennst Mich und den Henoch, - dein geretteter Bruder kennt Mich nicht, sondern allein den Henoch nur, und sein Weib weder dich, noch den Henoch und am allerwenigsten Mich; daher lasse uns vorher schweigen von uns, wer alles und lauter wir sind, und auf einem anderen Wege die Morgenhöhe Adams erreichen und dann daselbst erst zu einer inneren Erkenntnis schreiten! Amen.«

04] Als der hohe Abedam aber kaum noch diese Rede beendet hatte, siehe, da stieg alsbald hinter dem Morgen und Mittage ein gewaltiger Rauch auf, als wäre nahezu ein ganzer Vierteil der Erde in Brand geraten!

05] Der Henoch aber wandte sich alsbald heimlich an den Abedam und sagte zu Ihm: »Heiliger Vater! Siehe dort, ein gewaltiger Qualm entsteigt der Tiefe! Was soll dies?«

06] Und der Abedam entgegnete ihm: »Gedulde dich nur über ein kurzes, und du wirst dich von der großen verwegenen Bosheit des Lamech gar bald überzeugen!

07] Siehe, darum (weil) der gestrige Sturm ganz besonders große Verheerungen in den Gärten Lamechs und unter seinen reichen Herden großen Schaden angerichtet hatte, also schickte er nun bewaffnete Knechte aus und versah sie mit brennenden Fackeln, damit sie all die Wälder anzünden sollen und somit in die Asche legen die Berge samt ihren Urbewohnern! Siehe, das steckt hinter dem Qualme!

08] Gehet aber mit Mir dahin zum großen weißen Fels, und wir wollen die Brandleger noch auf frischer Tat einholen! Amen.«

09] Und alsbald begaben sich die sämtlichen mit dem Abedam hier anwesenden fünf Personen dahin zum großen weißen Felsen.

10] Als sie da nach kurzem anlangten, so zeigte auch alsbald der hohe Abedam dem Henoch über einen großen und hohen Steinwandvorsprung hinab in die Tiefe die Brandleger.

11] Als der Henoch solches ersah, da ergriff ihn ein großer Eifer, so zwar, daß er alsbald zu dem Abedam mit starker Stimme rief:

12] »O Du, den nur mein Herz nennt! Hast Du gestern denn all die Blitze verbraucht?! Siehe, hier wären nun einige Tausende ja überaus gut zu gebrauchen gegen diese Frevler!

13] Der Wurm will sich gegen Gott auflehnen! O Herr! Jetzt möchte ich wahrhaft einen kleinen Gebrauch von Deiner mir verliehenen Kraft, Macht und Gewalt machen!

14] O Sonne, du leuchtende große Werkstätte der großen Blitze des Herrn, - jetzt, jetzt lasse schnell einige Tausende herab zur Erde sehr stark krachend zucken, und ein unerhörter Donner solle jeden begleiten, so daß darob die Erde erbeben solle bis zu ihrer inneren Grundfeste!«

15] Und der hohe Abedam ergriff des Henoch Hand und sagte zu ihm: »Halt, halt, Mein geliebter Henoch. So hitzig, wie die da unten angefangen haben, wollen wir die Sache durchaus nicht angehen!

16] Lassen wir die Blitze für diesmal nur ruhen; denn siehe, wir feiern ja heute den Sabbat, und dieser ist kein Tag des Gerichtes, sondern ein Tag der Ruhe, des Friedens und der Liebe, der Gnade, der Erbarmung aus ihr und alles Segens aus Gott dem Herrn und Schöpfer aller Dinge und Vater aller Engel und Menschen!

17] Wehe aber aller Kreatur, so der Sabbat je sollte zu einem Tage des Fluches werden!

18] Daher erlassen wir auch heute diesen stockblinden Frevlern das Feuergericht und lassen dafür einen recht reichlichen Regen über das Werk der blindesten Tor- und Bosheit den Wolken entstürzen, - und du kannst versichert sein, daß da ein jeder Tropfen einem brennenden Baume besser zustatten kommen wird als tausend Blitze an der Stelle eines jeden einzelnen Tropfens.

19] Siehe für jetzt wollen wir das Feuer noch mit Wasser dämpfen, denn die Zeit des Feuers fürs Feuer ist noch ferne; wann sie aber kommen wird, wehe dann den Bergen, Bäumen, Sträuchen und dem Grase der Erde.

20] Doch nun nichts mehr weiter vom Feuer; du, Henoch, aber strecke nun in Meinem Namen deine Hände aus, und gebiete den Wolken, daß sie sich ansammeln sollen zu einem reichlichen Regen über diesen schon recht weit ausgedehnten Wälderbrand! Doch die Höhen sollen frei bleiben für heute, morgen und übermorgen; denn das ist die bestimmte Zeit Meiner sichtbaren Gegenwart für alle. Und somit erfülle Meinen Willen in dir! Amen.«



29. Kapitel: Löschung des Waldbrandes durch einen Platzregen. Satans Anmaßung vor Gott.
01] Und alsbald dankte der Henoch in seiner Tiefe dem Abedam und streckte die Hände aus und sprach während des Ausgestrecktseins seiner Hände:

02] »Höre du, heitere Luft Lasse von deinen Geistern und deinen Winden hierher versammeln ein regenschweres Gewölk, auf daß durch einen reichen Niedersturz in starken Tropfen gedämpft und gelöscht werde der Brand; und bis nicht der letzte Funke erloschen sein wird, sei deines Wirkens kein Ende im Namen Jehovas! Amen.«

03] Und als der Henoch das Amen ausgesprochen hatte, da zogen auch schon Massen und Massen von den schwersten Wolken daher und ergossen sich sogleich in einem allermächtigsten Platzregen über die ganze, weite Gegend des Brandes.

04] Aber über den Wolken war es helle, und man sah ungehindert über dieselben hinaus und bemerkte gar bald auf der Oberfläche des Gewölkes einen starken Wirbel gleich den Ringen einer großen Schlange.

05] Und der Wirbel kam näher und näher, und dieser Wirbel war der Satan, nahm sogleich eine leuchtende Gestalt an und stellte sich vor dem Abedam hin und fragte Ihn:

06] »Was hast Du in meinem Eigentume zu tun? Weißt Du denn nicht mehr, welche Frist Du mir gegeben hast?

07] Daher ziehe von hier, und lasse mich ungestört in diesem meinem Eigentume schwelgen; denn ich, nicht Du, ich bin der Herr und Meister dieser Schöpfung!«

08] Der Abedam aber sagte zu ihm: »Satan, bis hierher und nicht weiter! Wenn du diese heilige Scheidewand zwischen Mir und dir übertreten wirst, dann auch sollst du gerichtet werden und gewaltig erkennen, wer der Herr und wer da Gott ist von Ewigkeiten der Ewigkeiten her!

09] Nun aber hebe dich von dannen, und erkenne, wozu dir diese Zeit gegeben ist! Amen.«

10] Und der Satan stieß ein furchtbares Geheul aus und stürzte ganz entzündet hinab in die Tiefe.

11] Darauf aber sagte der Abedam: »Siehe, das Feuer ist gelöscht, die Frevler in die Flucht geschlagen; so laßt uns denn im Frieden von dannen ziehen!

12] Dem Adam aber soll das vorderhand verschwiegen bleiben Amen.




30. Kapitel: Der Zug der fünf Geretteten auf dem schmalen Fußweg der Demut zur Höhe. Gottes bedeutsame Frage an Hored und Naeme.
01] Und alsbald zog diese kleine Gesellschaft einen schmalen Fußsteig unter der Grotte fort, welchen sonst die Kinder des Morgens benützten, um auf die Höhe zu den Hauptstammvätern zu gelangen und die Grotte aus Ehrfurcht vor dem Adam zu vermeiden und sie gewisserart nicht durch den täglichen Gebrauch zu verunheiligen, da sie dieselbe als etwas Heiliges ansahen.

02] Dieser Fußsteig war demnach ein Weg der Demut, darum ihn auch der hohe Abedam dazu ausersehen hatte, um fürs erste den zwei Neuangekommenen zu zeigen, welchen Weg sie einzuschlagen haben, um auf die Höhe des Lebens zu gelangen, und um fürs zweite ihnen auch schon im voraus gewisserart durch dieses Zeichen zu sagen, auf welchem Wege allein sie Ihn lebendig erkennen können.

03] Und also wandelten sie diesen beschwerlicheren zwar, aber sonst viel näheren Weg fort. Die Naeme blieb öfter hängen mit ihrem schönen königlichen Gewande an den häufigen Dornhecken und hatte daher stets vollauf zu tun, um sich überall loszuwinden.

04] Da aber gegen die Vollhöhe der Weg immer gestrüppiger wurde, so fing's da auch an, der Naeme stets schlechter und schlechter mit dem Sichlosmachen zu gehen, so zwar, daß sie am Ende gar nicht mehr weiter konnte und darum anfing, zu weinen und um Hilfe zu rufen.

05] Allein, da sie vermöge ihrer steten Bandlerei ziemlich zurückblieb und die vier Männer somit schon eine ziemliche Strecke voraus waren, so vernahm man ihr Geschrei, wenigstens natürlich möglich, scheinbarerweise nicht und setzte fröhlich den Weg fort.

06] Als sie, die Männer, aber nun auf die freie Höhe gelangten, da blieb der Abedam stehen und wandte Sich zurück zu den Ihm schnell Folgenden und tat, als wollte Er sehen, ob mit Ihm alle wohlbehalten auf der Höhe angelangt sind, und fragte sie dann nach einer kurzen Rast dem Außen nach auch wirklich: »Also, Kinder Gottes, sind wir alle beisammen?«

07] Und der Hored, erst jetzt sich von seinem Erstaunen über die Erscheinungen am weißen Felsen erholend, gewahrte bald, daß da sein geliebtes Weib abgeht, und erschrak darüber sehr. Da aber der Abedam seine große Verlegenheit merkte, so berief Er ihn zu Sich und sagte zu ihm:

08] »Was sorgst du dich denn umsonst jetzt - und mochtest dich eher nicht umsehen nach deinem Weibe, da sie sich verhängt hatte mit ihren königlichen Kleidern an den Dörnern dieses schmalen Pfades und rief dabei um Hilfe dich, du aber warst taub für ihre Stimme?!

09] Kehre statt deiner törichten Sorge lieber um, und hilf ihr aus ihrer Not; - denn es ist nicht weit dahin, wo sie sich verhängt hat an einer starken Dornenhecke!

10] Darum gehe und hilf ihr, und bringe sie alsbald wohlbehalten hierher; wir alle wollen dich erwarten! Amen.«

11] Der Hored aber wurde nun noch trauriger, fiel zur Erde nieder und fing an, also zu flehen: »Höret mich, o Brüder in Gott, höret mich, - oder so jemand ist ein Vater zu mir, der erhöre mich!

12] Gott, unser aller überheiliger Vater, soll nach der Verkündigung meines Bruders Lamel nun wesenhaft sichtbar unter den Vätern der Höhe Sich liebevollst und barmherzigst befinden!

13] Wenn solches der Fall ist, dann ist mir ja alles klar!

14] Seine endlose Heiligkeit kann es ja nimmer zugeben, daß sich mein sicher unreines Weib nähern dürfte dieser so heiligen Höhe.

15] Was wird da wohl nützen mein Umkehren, so nicht einer von euch mitgeht und mir hilft, mein Weib aus all den tausend Dörnerklauen loszumachen?

16] O Henoch, oder du, Bruder Lamel, oder du, fremder, sicher auch mächtiger Freund, verlaßt mich nicht, und laßt nicht verschmachten mein armes Weib!

17] O ich sehe jetzt schon, daß ich euch bis hierher nicht hätte folgen sollen, darum ich ein großer Sünder geworden bin vor Gott, und auch vor euch, ihr Männer und Kinder nach dem Herzen Gottes!

18] Ja, ja, hier habe ich groß gefehlt! Ich will, ja ich muß zurück; aber nur einer kehre wieder mit mir zurück und helfe mir, mein armes Weib befreien!

19] Dann aber zeige er mir irgend nahe dort am weißen Felsen einen Ort an; da will ich meine große Schuld mit meinem Weibe beweinen mein Leben lang! Aber nur diesmal erhöret mich, amen; euer Wille, amen

20] Während der Zeit aber, als der Hored seine Trauerbitte, auf der Erde liegend, hervorgebracht hatte, beschickte der Abedam alsbald den Lamel, die Naeme nachzubringen, und das geordneterweise vollkommen unverletzt.

21] Es war aber der Hored noch nicht zu Ende mit seinem Jammerliede als die Naeme schon ganz wohlbehalten sich unter ihnen befand.

22] Als er aber dann, wie oben kundgegeben wurde, mit seiner Lamentation fertig ward, so fragte ihn der Abedam:

23] »Hored, dieweil du dahier klagst, möchte die Naeme ja wohl zugrunde gehen! Was würde es dann ihr nützen, so wir sie nicht mehr treffen, da sie zurückgeblieben ist?!

24] Und da du bemerktest, sie und du werdet euch der Heiligkeit des nun auf der Höhe Adams sichtbar gegenwärtigen Jehova nicht nahen dürfen, sage Mir darauf, wer da den Lamel bemächtigt hatte, dich samt deinem Weibe zu retten vom Untergange in der Tiefe deiner törichten wollüstigen Verborgenheit!

25] Siehe, da solches derselbe heilige Jehova tat, was sollte Ihn denn nun hindern, euch vor Sich kommen zu lassen und euch auch zu segnen so ihr des Segens würdig seid?!

26] Stehe nun auf, du Tor, und lerne den heiligen Jehova besser kennen! Amen.«

27] Und der Hored sagte darauf zum Abedam: »Mächtiger Freund oder Bruder, oder Vater! - Solange mir von euch hier einer die erbetene Hilfe für mein armes Weib und mich nicht zusagt, stehe ich von dieser Stelle nicht auf, und möchtet ihr mich darob mit Schlangen züchtigen! Wenn mein Weib meiner Torheit wegen zugrunde gehen mußte, so will auch ich ihr zuliebe hier meine fahrlässige Torheit büßen vor Gott und all den Vätern!«

28] Da rief der Abedam alsbald die Naeme herbei und winkte ihr, den törichten Hored aufzurichten.

29] Und die Naeme eilte sogleich herbei und ergriff des Hored Hand, zu ihm folgende Worte sprechend:

30] »Aber Hored, warum klagst du hier meinetwegen? Siehe, ich bin ja schon lange wohlbehalten hier auf dieser himmlischen Höhe, gerettet auf dieses herrlichen fremden Freundes Wort durch deinen Bruder!

31] Darum erhebe dich doch nach dem Willen dieses edelsten Freundes

32] Und alsbald sprang der Hored auf vor Freuden und dankte mit tränenden Augen dem Fremden für die so schnelle und von ihm so ganz unvermutete Rettung seines Weibes.

33] Der Abedam aber sagte darauf zu ihm: »Hored, Hored, du bist noch sehr dumm; sage Mir, wie stellst du dir denn den Jehova vor?

34] Etwa als einen starken Wind, oder als eine hell lodernde Flamme, oder als eine Sonne, oder als einen großen zuckenden Blitz?

35] Sage Mir, wie Er dir vorkommt! Amen.«

36] Der Hored aber erwiderte bald darauf:« »O Freund um solches frage mich ja nicht; denn wer dürfte sich da je getrauen, Gott in eine immerhin endlich plumpe Form zu schieben?!

37] Gott ist ja ewig und unendlich! Für welche Form möchte Er da wohl taugen, Er, der unendliche Gott!?«

38] Und der Abedam entgegnete ihm: »Ja wahrlich, für deine noch sehr dumme Form sicher nicht!

39] Aber die Naeme, das Kind der Welt, soll Mir sagen, wie sie sich den heiligen Jehova vorstellt!«

40]. Die Naeme aber lächelte hier und sagte endlich: »Du himmlisch guter, herrlicher Freund, vergib mir, so ich mir darob auch keine rechte Vorstellung machen kann, die da Seiner würdig wäre; aber dabei kann ich dir doch nicht verhehlen, - daß - Er mir am allerliebsten in Deiner Form wäre!

41] Vergib mir, so ich nun etwa auch etwas recht Dummes gesagt habe!«

42] Der Abedam aber sagte zu ihr: »Sei getröstet, du schönes Weib; wahrlich, Ich sage dir, in dieser Meiner Form wirst du gar bald den Jehova, den ewigen, unendlich mächtigen Gott, und in Ihm den heiligen, liebevollsten Vater erkennen! Amen.«





31. Kapitel: Hored und Naeme im Kreise der Erzväter mit dem unerkannten Abedam. Horeds Strafe für seine Eifersucht auf Abedam.
01] Nach diesen Worten begab sich die Gesellschaft wieder fürbaß an den Ort und an die Stelle, welche uns schon bekannt ist.

02] Als Sich der hohe Abedam aber jenen Vätern nahte, da fielen diese alsbald, von der tiefsten Liebe und Ehrfurcht ergriffen, vor Ihm nieder, und es lobten und priesen Ihn einige laut, andere wieder mehr stille seufzend in ihrem Herzen.

03] Diese ehrfurchtsvollste Niederlage auf der Höhe sowohl, als um den ziemlich weit im Umkreise gedehnten Berg war diesmal also allgemein, daß da außer den fünf Angekommenen sich niemand aufrecht stehend vorfand.

04] Es wären da auch der Henoch und der Lamel dem Beispiele der Allgemeinheit gefolgt, so es ihnen der Abedam insgeheim nicht ausdrücklich untersagt hätte der zwei Neuangekommenen wegen.

05] Das aber kam dem Hored auch höchst sonderbar vor, und nicht minder der erstaunten Naeme, daß sich nun alles auf die Angesichter zur Erde legte aus der höchsten Ehrfurcht, und sie sahen doch ringsum außer ihrer eigenen Gesellschaft niemanden, dem diese große Ehrfurchtsbezeigung zukommen sollte.

06] Darum auch nahte sich alsbald die Naeme dem Abedam und fragte ihn ganz zutraulich, sagend nämlich: »Höre, du vielgeachteter, mächtiger, guter Freund! Möchtest du mir denn nicht angeben und sagen, was dieses allgemeine Niederliegen und dieses Seufzen zu bedeuten hat? Wen geht denn das an?

07] Naht sich nun etwa gar mir unsichtbar von irgend woher der heilige, große Jehova? - - Oder was soll das?

08] Warum solche allgemeine Demütigung? -Ja, ja, es wird sicher der heilige, große, erhabene Jehova sein!

09] O lieber Freund, siehe, von meiner Kindheit an habe ich in mir den stets verborgenen Wunsch getragen, den erhabenen, heiligen Jehova in meinem Leben nur einmal zu erblicken, da meine Mutter mich ganz heimlich von Ihm unterrichtet hatte nach der Lehre eines gewissen Farak, der da ein Bruder Hanochs soll gewesen sein und hatte mit Jehova, wie es mir gesagt wurde, viel Umgang gepflogen.

10] Siehe, lieber Freund, ich hatte das Unglück, die schönste Tochter der Tiefe zu sein, und wurde darum von meinem unglücklichen Vater gar oftmals an Wollüstlinge verkauft!

11] Vermöge meiner großen, mir von Jehova verliehenen Üppigkeit aber konnte es doch wieder zu meinem Glücke niemand länger denn höchstens zwei bis drei Augenblicke in meiner leiblichen Berührung vertragen; ja, es ging selbst meinem Bruder Thubalkain aus der Mutter Zilla nicht besser, darum er als ein Gemahl zu mir nicht vermögend war, in mir eine rechte Frucht zu zeugen.

12] Kurz, ich brauche dir nichts mehr davon zu sagen, als daß da alle möglichen Mißhandlungen von Seite meines unglücklichen Vaters Lamech nicht vermögend waren, mich von meinem Jehova zu trennen.

13] Der Hored, mein erster redlicher Retter, muß es mir bezeugen, daß ich mich mit ihm die ganze Zeit unseres Alleinbeisammenseins von nichts als nur immer von Jehova unterhalten wollte und ihn mir auch noch nicht einmal darob habe beiwohnen lassen, da wir von niemandem gesegnet waren, obschon er mich deshalb zu öfteren Malen angegangen hat, - was er als mein redlicher Retter auch nie leugnen wird, und was ihm aber in meiner unglücklichen Nähe auch ganz vollkommen zu verzeihen ist!

14] Siehe sonach, du guter, edler, mächtiger Freund, es ist gewiß doch möglichst viel von mir, einem Kinde der Welt und der Schlange, daß ich das wenige von Jehova Vernommene mochte in meiner gewiß unglücklichsten Lage in meinem Herzen verwahrt haben, - daß ich trotz aller der weltlichen Stürme, die sich alle um mich her stets mehr und mehr drängten und mich zu begraben drohten, dennoch so viel Kraft hatte und mein Herz stets für den mir geoffenbarten Jehova (das heißt von meiner Mutter Zilla aus ganz heimlich) möglichst rein erhielt!

15] Du kannst es mir sicher glauben: trotz dem, daß ich eine wahrhaft armselige, unglückliche Tochter des unglücklichsten Vaters bin, dessen Irrsinn gößer ist, als daß selben je ein Mensch begreifen möchte, so habe ich aber doch in meinem Herzen nie etwas anderes geliebt als den mir bekannt gemachten Jehova, den heiligen Schöpfer aller Dinge, aller Tiere und aller Menschen!

16] O lieber, herrlicher Freund, du kannst es mir sicher glauben: jetzt, wo ich zum ersten Male auf dieser heiligen Höhe eine so herrliche, große und weitgedehnte Anschauung der unbeschreiblichen Wunderwerke dieses Jehova genieße - und das noch dazu in meiner allerniedrigsten Ünwürdigkeit-, jetzt ist's völlig aus mit meinem Herzen!

17] Ja, - ich möchte nun gerade sterben aus Liebe zu diesem meinem unaussprechlich wunderbar himmlisch heiligen Jehova

18] O du lieber, herrlicher Freund, siehe, ich möchte dir so etwas recht Gescheites sagen über das, wie sehr ich den Jehova liebe; aber wo soll ich das hernehmen? Ich habe ja nie etwas lernen dürfen, - damit meine unglückliche Schönheit des Leibes darunter ja nicht etwa verkümmerte!

19] Hätte ich die Mutter Zilla nicht an meiner Seite gehabt, ich glaube, mein harter Vater hätte mich nicht einmal reden lernen lassen!

20] Daher habe nur Geduld mit mir bin ich auch nicht mehr ebenso jung als jung zu sein ich noch aussehe, so ist aber doch mein Herz noch also empfänglich, als wäre ich noch kaum einige dreißig Jahre Alters!

21] O lieber, herrlicher Freund! So nun von irgendwoher der heilige Jehova erscheinen wird, lasse mir - so es dir möglich ist - Ihn nur auf einen Augenblick ansehen!

22] O wenn ich solcher Gnade doch auch im geringsten würdig wäre!«

23] Hier konnte sie nicht mehr reden, und große Tränen rollten über ihre schönsten Wangen, und aus ihren Augen strahlte die heißeste Liebe, die lebendigste Sehnsucht; Freude und Furcht kämpften gewaltig in ihrer Brust, daß sie darob am ganzen Leibe bebte.

24] Der Abedam aber berief alsbald den Hored zu Sich und sagte zu ihm: »Hored, du Sohn des lichten Morgens siehe, hier ist ein verlassenes Weltkind aus der Tiefe! Dieses zittert vor großer Liebe und Sehnsucht, Furcht und Freude nach Jehova, - du aber hast dich noch nicht einmal gerührt als Sohn des Morgens und warfst dafür nur einige eifersüchtige Blicke auf Mich her!

25] Ich sage dir aber darum, daß Ich ein Herr bin und diese edle weibliche Pflanze dir jetzt nehmen und sie verpflanzen werde in einen andern Garten, und du wirst sie fürder nicht mehr zu Gesichte bekommen, da du zufolge deiner eigenliebigen Eifersucht dich gegen Mich vergessen mochtest, der Ich dich erretten ließ vom Untergange durch deine große wollüstige Torheit.

26] Du kennst das alte Gesetz der Väter, warst selbst zu einem Lehrer gemacht von den Vätern, - sage Mir: Ist das die Frucht deines Amtes? Welch giftiges Insekt hat dich also verletzt, daß sich dein Herz zu einem Tigerherzen umgewandelt hat?

27] Kennest du Mich, kennest du Gott?! - Siehe, die Naeme, sie ahnt hier vor Mir, in wessen Nähe sie sich befindet!

28] Du aber stehst hier vor deinem Gott und Schöpfer - und bist stummer denn ein Baumklotz!

29] Gehe hin zur Grotte dort, und suche, ob dein Herz einer Reue fähig; denn Ich, - der Ich jetzt Selbst mit dir solches rede, bin der sichtbare Jehova, Gott von Ewigkeit Selbst.«

30] Hier fiel der Hored, wie von einem Blitz getroffen, zusammen.

31] Die Naeme aber fiel alsbald auf ihre Knie nieder, zitterte und weinte und sprach endlich mit zitternder Stimme:

32] »O Jehova, sei mir armen Sünderin gnädig und barmherzig!«




32. Kapitel: Abedam als Mensch und Gott. Naemes große Liebe zu Jehova.
01] Und alsbald wandte Sich der Abedam zu der Naeme und sagte zu ihr, sie gleichsam fragend: »Naeme, da du Mich früher batest, Ich möchte dir den heiligen Jehova zeigen, so Er von irgendwoher Sich den Vätern nahen möchte, bist du nun aber auch vollkommen zufrieden, daß Ich dir den Jehova in Mir Selbst gezeigt habe, und kannst du wohl glauben, daß Ich als Mensch auch zugleich Jehova, der ewige, große Gott bin?«

02] Diese Fragen fielen zwar anfangs der Naeme ein wenig auf, aber sie ermannte sich bald und erwiderte dem Abedam mit der allersanftesten Stimme, einer Stimme, die nur den wahrhaft edelst zartesten Weibern in ihren liebeandächtigsten Momenten eigen ist:

03] »Höchster, erhabenster, heiligster Gott! Ich arme Sünderin hätte es Dir ja geglaubt, so Du zu mir gesagt hättest: ,Siehe, in diesem eben gegenwärtigen Mittagswinde zieht Jehova, nur wenigen Vätern sichtbar, vorüber!'

04] Wahrhaft, mein Herz hätte des herrlichen Trostes in die große Genüge empfangen!

05] Um wie viel mehr kann ich Dir es nun glauben, daß Du Dich mir unwürdigstem Weibe Selbst wesenhaft in der mir - wie ich schon einmal früher bemerkte - allerangenehmsten, allerliebsten, allerherrlichsten menschlichen Gestalt und Form so übermilde, sanft und herablassend zeigest und Dich auf das allerbarmherzigste mir offenbarest.

06] O Du Heiligster, ich weiß es wohl noch von meiner Mutter Zilla aus, daß Du in jeder Form von was immer Geschaffenem vollkommen allein wirkst und hast niemanden, der Dir dabei helfen könnte, oder daß Du benötigtest irgend jemandes Hilfe, sondern Du bist Dir überall allein vollkommenst genug.

07] Aber ich weiß es auch eben von meiner Mutter aus, daß Du, was Deine Wesenheit betrifft, sicher nur als ein allervollkommenster Mensch anzusehen bist; und da wir, Deine Geschöpfe selbst uns unmöglich je eine vollkommenere Vorstellung machen können als die wunderherrliche von einem Menschen nur, so wäre ja doch jede andere Vorstellung von Dir in mir wenigstens Deiner um so unwürdiger, je entfernter von der menschlichen Form ich sie halten möchte!

08] O Du Überheiliger, ich könnte Dir noch so manches sagen, aus was allem ich Dich noch erkenne und überfest glaube, daß da niemand anderer als nur allein Du der heilige Jehova bist!

09] Aber - siehe, - ich möchte mich ja - ungebührlicherweise verplauschen (verplaudern), - und das könnte Dich vielleicht heimlicherweise - doch ein wenig verdrießen! - Und alles möchte sich wohl auch nicht schicken vor Dir, wie auch nicht vor diesen sicher allerwürdigsten Vätern, so ich es sagen möchte, was alles nun von Dir in meinem Herzen feurigst zeugt!

10] Doch Du siehst ja auch in mein Herz sicher noch vollkommener denn ich selbst; das wird Dir alles sagen, was mein ohnehin schwacher Mund zu sagen so gar gänzlich unvermögend wäre.

11] Nur diese Bitte laß mich nicht unerhört Dir noch sagen: Daß Du den redlichen Hored nicht zu hart strafen möchtest, so er sich vor Deiner Heiligkeit etwas hatte zuschulden kommen lassen, - und sei seinet- und meinetwegen gnädig und barmherzig, und verstoße uns nicht von Dir ganz und gar!

12] Denn, so er gefehlt hat, da war ich ja die Schuldursache seines Vergehens, und daher magst Du auch strafen mich für ihn; ich aber bin ja ohnehin eine traurige Frucht der Nacht und der Sünde und trage als der Sünde allzeit sichere Strafe schon in mir den ewigen Tod!

13] Wie aber wäre es da dem Hored wohl möglich gewesen, an meiner armselig finsteren Seite sich Dir wohlgefällig gleich den anderen Vätern, die nie die Versuchungen Horeds verkostet hatten, zu erhalten?!

14] Siehe darum, Du guter, heiliger Jehova, bin ich nicht die alleinige Schuldträgerin an dem Falle Horeds vor Dir?

15] O darum sei auch ihm und mir armen Sünderin gnädig und barmherzig! Dein heiliger Wille! Amen.«

16] Und der Abedam erwiderte ihr: Meine Mir recht sehr lieb gewordene »Naeme! Was da deine Bitte betrifft, so ist diese schon lange eher erhört worden, als du sie Mir noch vorgetragen hast; also darüber kann dein Herz vollkommen ruhig sein!

17] Aber du hast Mir vorher gesagt daß Du Mir noch so manches kundgeben könntest, aus was allem du Mich noch erkennest und darum nun auch fest an Mich glaubest und überzeugt seist, daß es da außer Mir nirgends mehr irgendeinen Jehova gibt.

18] Sorge dich nicht wegen des Verplauschens, - und möchtest du einen ganzen Tag oder ein ganzes Jahr oder dein Leben lang, ja ob du Mir eine Ewigkeit lang vorplauschen möchtest, so wird es Mich doch nie verdrießen; und was du zu Mir redest in deiner Liebe, das ist alles gar wohl schicksam vor Mir, wie vor all den Vätern. Daher sage es Mir nur offen, was du ohnehin hart verschweigst!

19] Daß Ich dein Herz durch und durch schaue so wie die ganze Unendlichkeit auf einen Blick vom Kleinsten bis zum Größten, - daran wird wohl niemand zweifeln, der Mich erkannt hat, besonders im eigenen Herzen; aber eben darum weiß Ich auch, was alles da noch hinter dir steckt, und möchte es der Väter wegen gerne haben, daß du es Mir hier ohne Scheu kundgeben solltest durch deinen Mund.

20] Liebe Naeme, so du Mich wahrhaft liebhast, da gehe, gehe, und schütte dein Herz aus vor Mir, deinem lieben, heiligen Jehova! Amen.«

21] Und die Naeme fing hier an, ganz zu glänzen vor Schönheit, Anmut und der allerfeurigsten Liebe und fragte den Abedam mit einer alles besiegenden, liebezitternden, furchtsam wohlklingendsten, wahrhaft jungfräulichst keuschen Stimme:

22] »O Du - überheiliger, mildester, lieblichster, sanftester, allersüßester Jehova! - - - Darf ich, - eine arme Sünderin, denn Dich auch lieben also, wie Dich hier Deine Kinder und Deine Töchter lieben dürfen? O darf ich das? -! - - Ich, - ein Kind der Welt, eine Tochter Deines - - o ich kann es nicht aussprechen! - - Also - ich auch - Dich lieben - dürfte?! - - - O Du mein Jehova!«

23] Hier sank sie zusammen und weinte über und über, da sie sich für zu unwürdig fühlte für Meine Liebe.

24] Der Abedam aber trat alsbald zu ihr hinzu, ergriff ihren Arm und hob sie behende auf und drückte sie dann schon im Angesichte aller Väter sichtbar heftig an Seine Brust und hielt sie eine Zeitlang also fest umfangen; und nachdem Er sie wieder etwas leichter gehalten vor Sich ließ (freiließ), fragte Er sie wieder: »Nun, meine geliebteste Naeme, wirst du Mich noch einmal fragen, ob du Mich lieben dürftest?«

25] Und die Naeme fiel bei dieser Frage dem Abedam zu den Füßen und benetzte dieselben mit ihren Tränen; ja mit den heißesten Liebetränen benetzte sie die allerheiligsten Füße Jehovas.

26] Der Abedam aber erregte Sich und sagte mit starker Stimme: »Kinder, da sehet her! Hier zu Meinen Füßen liegt jetzt mehr, als was Sonne, Mond und alle Sterne bieten können! Es liegt hier eine neue Tochter der Buße, der Reue und - der allerhöchsten Liebe!

27] Leichter ist, Mich zu finden und zu lieben im Reiche des Lebens - als im Reiche des Todes; diese aber hat Mich schon im Tode gesucht und geliebt!

28] Daher aber soll sie auch mit einer Gegenliebe von Mir nun belohnt werden, dergleichen noch kein menschlicher Sinn auf der Erde je empfunden hat!

29] Ja, geliebteste Naeme, dein Hand behalte Ich für Mich, da du dein Herz schon so lange getreulich Mir geweiht hast!

30] Naeme, du gehörst nun Mir allein! Siehe, also räche Ich Mich Meinen Feinden, - nämlich mit der Vaterliebe!



33. Kapitel: Horeds Einkehr, sein Bekenntnis und sein neuer Irrtum.
01] Da aber der Hored nun erkannt hatte den Herrn, da fing es auch bei ihm an zu dämmern, daß er darob bei sich also zu denken anfing:

02] »Was will ich nun machen? Ich ein armselig schwacher, ohnmächtiger Wurm im Staube, der nun nicht einmal mehr imstande ist, mit einem kaum armdicken Bäumchen es aufzunehmen; Er - ein Gott, ein ewiger Gott, die unendliche Urmacht, Kraft und Gewalt Selbst! Ich - ein abscheulicher Sünder; Er - die allerhöchste Heiligkeit!

03] Ich bin zusammengesetzt aus lauter Eigennutz, Eigenliebe, Eigenwohltat; Er - voll der allerhöchsten Liebe, Gnade, Erbarmung!

04] Ich bin voll Eifersucht, Zorn, Scheelsucht, Neid und Rachgier; Er voll Milde, voll Sanftmut, voll Nachsicht, voll Geduld, voll Freigebigkeit!

05] Kurz, ich kann mich besehen, wo und wie immer ich mich nur will und mag, so finde ich mich in dem allerblanksten Widerspruche gegen Ihn!

06] Was soll ich, was will ich nun tun, was machen, was anfangen, was beginnen?

07] Er beschied mich zwar zur Grotte hin, da ich sehen solle, ob mein Herz noch irgendeiner Reue fähig ist; aber was wird mir das wohl nützen?

08] Kenne ich etwa nicht mein arges Herz, das da zur Reue geradeso aufgelegt ist wie ein Stein zur Aufnahme eines Druckes, dem er so lange widerstrebt, als er ist ein harter, unempfindlicher Stein?!

09] O Naeme, Naeme, du schuldlose Schuldnerin an mein hartes, eigennütziges Herz, jetzt erst wird mir klar, daß sich dir niemand als nur allein der Herr, dein Gott und Schöpfer, ungestraft nähern kann!

10] Ja, jetzt wird mir alles auf einmal klar, helle und vollends licht: - sie ward mir ja nur als Strafe beschert, darum daß ich in der armen Tiefe Aufsehens machte mit der mir verliehenen Macht, Kraft und Gewalt!

11] Ja, ja, also ist es; und ich war blind genug, die ziemlich lange Zeit her, in welcher ich im alleinigen, ungestörten Besitze dieser Strafe war, nicht zu sehen und zu gewahren, daß dieses mein süß scheinendes Verhältnis eigentlich nur ein ganz entsetzlich bitteres Strafverhältnis war!

12] Geil war ich ja von jeher schon gleich wie da ist ein stinkender Bock und ein brünstiger Hirsch, und tat mir dabei auf eine große und starke Gestalt gar vieles zugute; was war nun natürlicher, als daß der Herr, dem meiner unverbesserlichen Torheit zuviel wurde mich endlich wohlverdienter- und gerechtermaßen also strafen mußte?!

13] Mußte ich nicht schmachten vor der Naeme, und sie wollte mich nimmer erhören, so ich vor ihr brannte wie ein reifer, vollsaftiger Ölzweig?!

14] Und doch mußte ich ihre unaussprechlichen Reize ansehen, also, daß es mir nicht selten ganz finster vor den Augen wurde!

15] Ihr Antlitz, gleich der schönsten Morgenröte; ihre Augen, gleich zwei aufgehenden Sonnen; ihren Mund, gleich einer frisch aufblühenden Rose, wenn sie gerade mächtigst schön aus der vollen Knospe bricht; ihr herrliches Haar, das da spielt so prächtig wie ein herrlichster Strahlenstein; ihren Arm, der da so weiß ist wie der Schnee und so zart, sanft und weich wie junge Wolle; ihren Busen, dessen erhabenste Reize mit nichts zu vergleichen sind! Ja, ihr gesamtes Wesen, das da vor meinen Augen nichts Ähnliches findet auf der ganzen Erde, mußte ich anschauen und durfte nichts genießen! Ja, nicht einmal umarmen durfte ich sie; und wenn ich mich vor ihr weinend gewälzt habe, so erhörte sie mich doch nicht, sondern gab mir dabei nur Lehren und Ermahnungen, die dem Munde Kenans oder Henochs sicher keine Schande gemacht hätten, darum ich sie auch nicht einmal verlassen konnte, um mich an ihr zu rächen, sondern sie nur stets mehr und mehr zu lieben genötigt war!

16] O du Strafe der Strafen! Du harte Strafe! - O Vater Adam, jetzt erst sehe ich es klar vor mir: - darum (weil) du dich entzweit hast mit Gott, darum auch entzweite dich selbst Gott, nahm die Hälfte deines Ich aus dir, bildete daraus die Eva und gab sie dann dir zu einer dich stets gar gewaltig strafenden Gehilfin, die da alle deine frühere Weltenstärke zu einer Staubwurmschwäche machte und dich sogar am Gängelbande ohne das geringste Sträuben von deiner Seite aus dem hohen Paradiese führte, - und du hast die Strafe nicht gemerkt, wie ich sie jetzt merke!

17] O Gott, o Du großer, mächtiger, heiliger Gott! Wer kann Deinen Rutenstreichen entgehen?

18] Du hast mich hart gezüchtigt und ich gewahrte nicht die Härte Deiner Rute; Du wardst mir barmherzig, nahmst mir ab der harten Strafe große Bürde, - und ich als der größte Tor und Esel grämte mich dessen!

19] Doch jetzt erst erschaue ich die ganze Tiefe meiner Tollheit und danke Dir in mir, wie Dir noch kein Sterblicher gedankt hat, für diese Deine große Erbarmung an mir ärmstem Tropfe!

20] Dank, Dank, Dank Dir! Du allein hast mich frei gemacht, und ich bin nun wahrhaft frei und gehöre Dir und mir nun wieder ganz völlig allein an.

21] Aber lasse mir am Ende dieses meines Dankes auch die Bitte hinzufügen, nämlich: daß Du mich in alle Zukunft mit derlei Strafen ewig verschonen möchtest! Willst und mußt Du mich schon strafen, oder muß der Mensch überhaupt Deiner Ordnung gemäß gestraft werden, so strafe uns mich lieber mit Feuer, mit Gift und Skorpionen; aber mit Naemen strafe uns nimmerdar, sonst geht die Erde: unter unseren Füßen zugrunde!

22] Dabei überlade uns Würmer nicht, und habe einmal doch satt das ewige Strafen! Amen.«




34. Kapitel: Wahrheit ohne Liebe taugt nicht fürs Leben. Liebe und Leben. Die Mission des Weibes.
01] Nach dieser inneren Selbstrede richtete sich der Hored auf und ging mutigen Trittes hin zum Abedam und wollte da seinen Dank vor allen Vätern laut kundgeben; allein der Abedam kam ihm zuvor und sagte zu ihm:

02] »Hored, meinst du denn, daß Ich die stille Rede deines Herzens überhört habe? - Das sei ferne deinem Gemüte!

03] Siehe, da du sahst, daß die Naeme für dich so gut als ganz rein verloren sei, da auch erst kehrtest du in dich zurück und konntest dich wenden zu Mir!

04] Du hast dich zwar gerecht zu Mir gewendet und hast dich gewendet in aller Wahrheit, - aber dein Umwenden war eine trockene Umkehr, darum (weil) du am Ende deiner Gemütssprache Mich mit aufgeregtem Herzen bitten mochtest, daß Ich, so da jemand ja schon gestraft werden solle, ihn lieber solle mit Feuer, Gift und Skorpionen strafen denn mit Naemen, - und daß Ich ferner doch einmal das Strafen satt haben solle!

05] Siehe, aus derlei Bitten sieht noch gar wenig Liebe zu Mir und Liebe zum Nächsten heraus.

06] Dachtest du in dir auch die volle Wahrheit, so taugt aber diese dessen ungeachtet doch mitnichten ledig fürs Leben, wenn die Liebe ihr nicht vermählt ist!

07] Ich sage dir aber: So du geweint hättest um die Naeme, da wärest du Mir lieber gewesen denn also; denn da hättest du Mir gezeigt, daß dein Herz voll ist der Liebe, - nur hätte sie eine schiefe Richtung, der aber leichtlich abzuhelfen wäre.

08] So aber hast du Mir gezeigt zwar offene Augen, aber ein verschlossenes Herz; die Augen aber taugen nicht zur Aufnahme des Lebens, sondern allein dies Herz. Und siehe, gerade das da lebendig sein soll, ist tot in dir!

09] Dein Gedanke ist nur wahr bis zur Hälfte, da in ihm keine Liebe ist; wäre aber Liebe in ihm, so hätte er sicher einen andern Ausgang genommen als den unrichtigen: als hätte Ich als Vater gewisserart nur ein Wohlgefallen an dein Strafen! Wie töricht!

10] Meine ewige Ordnung der allerhöchsten und allerreinsten Liebe erkennst du als Strafe und bittest Mich, sagend: Habe einmal satt das Strafen!

11] Siehe, so Ich nun deine törichte Bitte erhören möchte, was würde da alsbald aus den Geschöpfen werden?

12] Damit du aber deine Torheit vollends einsiehst, so will Ich zu dem Behufe an jener alten, mächtig großen und starken Zeder deine Bitte erhören!

13] Nun, was sagst du dazu? Wo ist nun der mächtige Baum? Siehe, es ist auch nicht die leiseste Spur von ihm mehr übriggeblieben!

14] Merkst du nun, wohin die Erhörung deiner Bitte die Wesen führen möchte, und merkst du auch deine große Torheit, und wieviel des Lebens in dir waltet?

15] Ich solle euch lieber mit Feuer Gift und Skorpionen strafen denn mit Naemen?! - Siehe, es ist wahr, Ich gab das Weib dem Manne zu seiner Demütigung, da Ich schon von Ewigkeit her wußte, wie es mit dem vereinzelten Herzen des Mannes stand.

16] In dieser Hinsicht allein könnte - zur Hälfte nur - das Weib als eine kleine Strafe, an das hochmütige Herz des Mannes gerichtet, angesehen werden; wenn aber jemand dabei nur ein wenig weiter denkt, muß er da nicht alsbald gewahr werden, daß eben dieses scheinbare Strafmittel ein gar großes Mittel, ja eines der allerwichtigsten Mittel zur Erreichung des wahren, vollkommenen, allerseligsten, ewigen Lebens in Mir ist?!

17] Siehe, Ich sage es nun schon zum mehr denn tausendsten Male, daß nur allein die Liebe zu Mir und also auch zum Bruder und zur Schwester das ewige Leben bedingt darum, da eben in Mir Selbst das urewige Grundleben alles Lebens in seiner ganzen heilig endlosen Ausdehnung nichts als pur Liebe ist!

18] So du alsonach die Liebe nicht hast, woher soll dir denn hernach das Leben kommen?

19] Denn wer Mich nicht aufnimmt in seinem Herzen, Der Ich nur ganz allein das Leben bin, - wie und wodurch sollte der dann leben?

20] Ich aber bin die ewige Liebe Selbst; wessen Herz sonach liebeleer dasteht, steht das nicht gleichermaßen auch lebensleer und -bar vor Mir?

21] Jetzt aber gehe zurück und mache eine kleine Betrachtung, und siehe, wer da zuerst dem Herzen des Kindes die Liebe durch die Liebe lehrt, wer das Herz zuerst für Liebe und Leben erweckt!

22] Wer nährt das ohnmächtige Kind aus eigener Brust? Wer gab dir denn die erste Kost und trug dich auf zarten, weichgepolsterten Händen vom Tode herüber ins erste Leben? - - Siehe an deine Mutter, du Tor!

23] Da du aber als Jüngling dann in der gefühlten werdenden männlichen Kraft dich stolz erheben wolltest, als wärest du berufen, Sonne, Mond und alle die Sterne mit großer Verachtung zu zermalmen und also dich zu zerstreuen ins ewige Nichts, wer kam dir da entgegen, - wer fesselte da dein Herz für Liebe und Leben in dir, - wer führte dich da zuerst wieder in die eigene Wohnstätte des Lebens zurück, wer lehrte dich da von neuem wieder die von deiner Mutter gelehrte, aber vergessene Liebe?

24] Wer, sage Mir, wer war der Engel, der dir mit dem ganzen Leibe stark zurief: ,Hored, liebe, liebe, liebe - und lebe; aber liebe rein, liebe in Gott, und lebe in Gott, und lebe mir, und klopfe nicht an die Pforten des Todes!'?

25] Siehe, dahier zu Meinen Füßen ruht und liebt dieser Engel, den du mit Feuer, Gift und Skorpionen vertauschen möchtest; siehe, es ist die Naeme!

26] Gehe nun hin, bereue deine Torheit; und wenn du Liebe empfinden wirst in deinem Herzen, ja, Ich sage dir, mächtig starke Liebe zu Mir, deinem heiligen, guten, liebevollsten Vater, - dann erstehe, und komme wieder, damit Ich dich segne mit dem ewigen Leben! Amen.«




35. Kapitel: Horeds stille Einkehr und Selbstbetrachung in der Grotte Adams.
01] Nach dieser Rede Abedams aber fiel der Hored alsbald nieder auf sein Angesicht und bat inbrünstigst den Abedam, daß Er ihm sein Herz umgestalten möchte, da er sich nun zu ohnmächtig fühle und wohl einsehe, daß er aus sich gar nichts vermöge; daher möchte ihm der Abedam gnädig und barmherzig sein!

02] Und der Abedam aber sagte zu ihm: »Tue, was Ich dir geboten habe, so wird dir geholfen; denn an der bezeichneten Stelle habe Ich für dich ein Heilmittel bereitet! Und also gehe und ergreife es behende, so dir da am Leben etwas gelegen ist und an Meiner Gnade, Liebe und Erbarmung! Amen.«

03] Und alsbald erhob sich der Hored, dankte bebenden Herzens und begab sich darauf sogleich hin zu der von hier bei zweitausend gute Schritte abstehenden Grotte.

04] Als er nun dort angekommen war, da betrachtete er eine Zeitlang die große Farbenpracht des Gesteins und fing an, darüber bei sich nachzudenken über die Ursache solcher Herrlichkeit; aber es wollte ihm nichts Befriedigendes einfallen.

05] Endlich aber kam er doch auf einen guten Gedanken und sagte demzufolge bei sich selbst: »Wenn der Sonne starker Strahl sich bricht in dieses edlen Gesteins wohlgeformten, glatten und allenthalben endlos verschiedenfarbig durchsichtigen Flächen, so erbrennen freilich diese Farben wie lebendig in unaussprechlicher Pracht und Majestät aus ihm.

06] Aber sind sie darum sein Eigentum? - O nimmer, nimmer! Wenn die Sonne sich senkt hinter das Gebirge, dann auch sinkt all deine große Pracht hinab in die tiefe Nacht!

07] Welch ein Unterschied ist dann zwischen dir und dem allergemeinsten Sandsteine, über welchen sogar die Ameise hurtig hinwegtrippelt, um nicht von seiner großen Unfruchtbarkeit ausgesogen und endlich gar tot gemacht zu werden?!

08] Wird sonach nicht alles nur durch das Licht verherrlicht? - Ja, ja, durch das Licht; aber, was ist dessenungeachtet die Pracht aller Dinge im Lichte? Eine Lüge, eine allerbarste Lüge!

09] Abedam, wie er genannt wird von den Vätern, sagte mir zuvor ja etwas von einer halben Wahrheit; - - siehe, siehe, - mir fängt an, nun daraus ein sonderbares Licht aufzugehen! Ja, ja, es kann fürwahr im Ernste gar wohl eine halbe Wahrheit geben!

10] Wer kann die Formenherrlichkeit der Dinge, wie zum Beispiel der Blumen, der edlen Steine, der Früchte, der Tiere und so auch der Menschen und des noch zahllos anderen, hinwegstreiten? Aber ihre Herrlichkeit ist nur eine halbe Herrlichkeit ohne das Licht!

11] Was aber ist das herrliche Licht für sich, wenn seine Strahlen in die leere Unendlichkeit sich hinaus zerstreuen sollten, ohne irgend zu treffen eine Form und zu verherrlichen dieselbe?

12] Oder ist die sichtbare Form des Lichtes an oder für sich etwas wahrhaft charakteristisch Schönes?

13] Wer könnte die Sonne, den Mond, oder all die Sterne, oder ein Fackellicht für sich förmlich schön nennen? Das sind sie wahrlich nicht und es hat schon ein einfachstes Blümchen mehr für sich denn die ganze höchst einförmig runde scheinbare Scheibe der Sonne, des Mondes und die gar wenig sagenden Punkte der Sterne!

14] Ja, ja, also überall nur eine halbe Wahrheit; die Form hat nur den halben Wert ohne Licht und das Licht den halben ohne Form!

15] Also, also verhielte es sich dem nach auch mit dem Menschen, so sein Herz liebe- oder formleer dahin und daher sich wendet und wendet.

16] Der Verstand läßt zwar gleich der Sonne seine Strahlen auslaufen; aber was nützt es der Leerheit? Da nichts ist, welche Wirkung des Strahls, wenn er auffällt auf die schale Fläche des Nichts?!

17] Ja wahrlich, in meinem Herzen ist nichts; gar nichts ist darinnen, keine Liebe, keine Reue, keine Trauer, keine Freude, keine Lust, - auch sogar keine Begierde regt sich mehr in ihm.

18] Habe ich etwa eine Lust zum Leben? O nein, mir ist das Leben wie dem Steine sein buntes Strahlen! - Habe ich etwa einen Hunger oder einen Durst? Auch da fühle ich keines von beiden!

19] Ich soll meine Torheit bereuen; ja, welche denn? Darum (daß) mein Herz leer ist und das Licht des Verstandes kein nütze ist, da es von keiner Form aufgenommen wird in mir?

20] Die Reue ist ja eine kümmerliche Tochter der Liebe; so aber die Mutter irgendwo noch im weiten Felde ist, woher soll ich die Tochter nehmen?

21] Ich bin ein Tor, - so sagte zu mir der Abedam Jehova. Ich glaube es auch fest, daß ich einer bin; denn Er, die ewige Wahrheit, hat mir solches bezeugt, - also muß ich ja ein Tor sein!

22] Aber warum bin ich denn ein Tor? Weil mein Herz form- oder liebeleer ist! Wenn es aber leer ist, woher soll es gefüllt werden?

23] Vom Lichte sicher nicht; denn wo der Strahl nichts findet, da läuft er die Unendlichkeit durch und kehrt ewig nimmer zurück!

24] Also, woher nehmen und sättigen das Nichts? - Doch - stille, stille! Was ist das? Was tönt da so übermächtig herrlich? O Gott, - Du großer, heiliger Jehova, jetzt lasse mich vergehen! Nein, nein; jetzt erst lasse mich leben!

25] Ich vernehme Töne, Töne, ach heilige Töne! Sie sind keine Worte ich verstehe sie nicht; aber sie sind ohne Verstand herrlicher, ja unendlichmal herrlicher denn ein allverständlichstes Wort!

26] O Gott, nun wird schon etwas klar! Nämlich, - daß ich ein großer Tor bin!

27] Ist das Wort nicht des Schalles Form? Und doch ist hier der Schall allein herrlicher denn seine Form!

28] Meine Weisheit ist nun zu Ende; diese Erscheinung hat alle meine Grundsätze zunichte gemacht.

29] Herr, hier liegt der Sünder blank vor Dir im Staube und hat nichts mehr zu sagen als: O lieber Vater, sei auch mir armem Sünder gnädig und barmherzig! Dein heiliger Wille! Amen.«



36. Kapitel: Das Tonwunder in der Grotte Adams und seine wohltuende Wirkung auf Hored.
01] Es hatte aber diese Grotte das Eigentümliche - besonders um die dritte Stunde des Nachmittags, um welche Zeit es auch gerade schon diesmal war, wann sich alle Winde legten und eine vollkommene Windstille eintrat -, daß sich dann ein Getöne vernehmen ließ, das da große Ähnlichkeit hatte mit dem Tönen einer äußerst rein gestimmten Windharfe; nur war dies Tönen bei weitem großartiger und erhabener sowohl im Steigen als im Fallen und in dem, das ihr die Modulation oder das Übergehen nennet.

02] Dieses Wunder war freilich schon ein älteres, aber bis auf den Hored hat es noch niemand entdeckt; allein, das Alter hebt das Wunder nicht auf, und noch weniger seine Tauglichkeit.

03] Daß die Sonne und die ganze Schöpfung schon ein gar altes Wunder sind, das wird wohl niemand bestreiten; höret aber etwa mit dem Alter dieser Wunder ihre gar wohlgeordnet bestimmte Tauglichkeit auf?

04] Gewiß nicht; denn die überalte Sonne leuchtet heutzutage noch gerade also, wie sie geleuchtet hatte zu den Zeiten Adams.

05] Und gerade also verhielt es sich auch mit diesem Tonwunder, da es schon vorhergesehen war von Ewigkeit; für den Zweck, der jetzt im Hored vorliegt.

06] Solches aber wird hier aus diesem Grunde berührt, damit da nicht so- gleich jemand sagen möchte: »Das war demnach ja nur eine ganz natürliche Erscheinung!

07] Aus welcher Behauptung dann gewisserart entnommen werden solle, daß die natürlichen Erscheinungen weniger Wunder seien, als so ein leuchtender Berg plötzlich vom Firmamente herabfiele.

08] Also dieses Tonwunder hatte auf den Hored also wohltätig gewirkt, daß er darüber vollkommen angefangen hat, in sich zu gehen, und ward ein Mensch vollkommen durch und durch voll Reue, Liebe und Leben.

09] Wie aber brachte dieses Wunder das zweite Wunder zuwege? Davon soll sogleich die Rede sein; und also höret denn:

10] Dieser Hored war von seiner Geburt an voll Liebe und voll des besten Geistes, darum er als Knabe schon Steine zur Hand nahm, so er nichts anderes im Ausbruchsmomente der Liebe erreichen konnte, und sie mit großer Heftigkeit an sein Herz drückte.

11] Aus dieser Liebe aber entwickelte sich mit der Zeit eine gewisse Art von Naturliebe, die am Ende ein stärkeres Gewicht bekam als die Liebe zu Mir und die Liebe zu den Vätern, Brüdern und Schwestern. Was mußte also vorderhand die natürliche Folge der Abirrung dieser Liebe sein?

12] Seht den Hored an, fragt seinen Zustand, und es wird jedermann alles klar werden, auf welche Art er endlich zu einem ganz puren, kalten Weltweisen geworden war.

13] Er fing da an, die Naturdinge mit schärferen Augen anzusehen: Er prüfte die Kräuter, - sie hatten für ihn kein Leben, das ihn fürder mehr noch erwärmen hätte können; er zerlegte die Bäume, - aber auch in ihnen fand er eine Lebenswärme; er stieg ins Wasser - und fand es kalt; wieder nahm er den Lehm - und fand ihn weich und sehr schmiegsam, daß er daraus allerlei bilden konnte. Aber er gewahrte alsbald zwei große Übel, nämlich: Solange ein solches Gebilde vermöge der innehaftenden Feuchtigkeit weich blieb, da war es auch durchaus kalt, daß sich davor die Haut schreckte; wärmte er es aber an der Sonne, so wurde es zwar fester und fester, aber drückte er es dann an seine Brust, so verursachte es ihm bedeutende Schmerzen, daß er darob von sich stieß sein hart gewordenes Werk.

14] Wieder nahm er Steine und schlug sie aneinander, daß darum aus ihnen nicht selten die reichlichsten flammenartigen Funken sprühten. Das nahm ihn wunder, darob er dann auch fast all die ihm vorkommenden Steine zerklopfte und in ihnen das Feuer suchte, aber auch ganz natürlicherweise nie eines fand und daraus dann also schloß: Die ganze Welt ist ein hungriger Tiger, der allzeit zum Fressen aufgelegt ist, aber dem Nachbarn etwas zu überlassen nimmerdar mag - außer einigen ungenießbaren toten Knochen!

15] Dergleichen Weisheitssätze, die ihm sehr wohl gefielen, hatte er mit der Zeit eine große Menge aus der Natur herausgezogen, so, daß er dadurch am Ende für einen großen Weisen des Morgens zu gelten anfing, welcher Weihrauch ihm auch am allermeisten wohlschmeckte, - darum er dann aber auch mit seiner Weisheit es also ins Große zu treiben anfing, daß sich vor ihm nicht einmal die Hauptstammväter zu reden getrauten, sondern alle lobten ihn und erteilten ihm den allgemeinen Segen, darum er dann auch stark genug wurde für einen Apostel in die Tiefe, dahin sich vor ihm niemand zu wandeln getraute.

16] Er wußte sich in Hanoch auf Meinen Namen einen großen Respekt durch Wort und Tat zu verschaffen und bekam darum das Beste zum Lohne für seine Weisheit und nicht wenig gefürchtete Macht. In diesem Lohne fand er den vollen Ersatz für alle seine an die stumme Natur verschwendete Liebe; da er aber diese Liebe fand, so liebte er unmäßig und verabschiedete aber dafür die Weisheit ganz und gar, darum er dann auch in alle Sinnlichkeit überging, dafür er nun an der Naeme Meine Strafe ersah, und das im geretteten Zustande, als seine Liebe wieder anfing, sich in die Weisheit zu verlieren.

17] Er wurde vor Mir sogar wieder zu seinem früheren Weisen voll Kälte.

18] Was war nun mit ihm zu tun? Ein zu sprechendes und knallendes Wunder hätte ihn töten müssen. Daher also auch war dieser harmonische Balsam für ihn in den Stein gelegt, damit er daraus erfahren solle, daß Meine Liebe nicht nur das Herz im Menschen, sondern auch den allerhärtesten Stein erfüllt!

19] Wie aber diese Arznei dem Hored anschlug, - das zu erfahren, wollen wir ihm selbst einen sehr wohltuenden Besuch machen und das alles aus seinem Munde vernehmen und daselbst noch so manches lernen und erkennen! Amen.




37. Kapitel: Horeds Selbstgespräch und Reue.
01] Bei einer guten Stunde lang seufzte nun der Hored in einem etwas beschwerlich zugänglichen Winkel der Grotte, als da vom Morgen her ein leichter Wind zu wehen begann und dem herrlichen Tönen ein Ende machte.

02] Als sich aber die dem Hored so heilig vorkommenden Klänge verloren, da richtete er sich auch alsbald auf und fing an, mit sich folgendes Gespräch zu führen, sagend:

03] »O du herrliche, wunderbare Schöpfung Gottes, wie erhaben und heilig bist du, mit den Augen der Liebe betrachtet und tief gefühlt im liebenden Herzen, ja mit einem vor Gott nur einigermaßen liebegereinigten Herzen!

04] Welch ein Unterschied nun in mir! Vorher, vor einer Schattenwende kaum, war alles noch kalt um mich her und tot alles, - ja, mein Herz selbst war kalt und keiner Träne fähig mein Auge; jetzt lebt alles: der harte Stein redet, und das Gras sendet duftende Lobgesänge zu den heiligen Höhen Gottes empor!

05] Durch die regen Äste der herrlichen Bäume rauscht eine heilige, reine Sprache, ein großes Wort über alle die Wälder der Erde; es tönet: ,Gott ist die reinste Liebe! Und alles ist Liebe um Ihn, aus Ihm und durch Ihn!'

06] Oh, wie herrlich, wie schön, wie heilig, wie lebendig ist doch jetzt alles um mich her! Wie erhaben nun diese heiligen Berge und wie unaussprechlich erhaben heilig nun jene Morgenhöhe Adams, wo - wo - o die Größe! Ich kann es nicht aussprechen!

07] O mein Herz, mein Herz! Jetzt öffne dich überweit; ja über alle endlosen Schöpfungen hinaus erweitere dich und erfasse, was dort auf jener heiligen Höhe sich nun befindet!

08] Erfasse es, erfasse es; denn Gott, der große, ewige, überheilige Schöpfer der Unendlichkeit - o Herz, erfasse es! - der liebevollste, allerheiligste Vater ist es! Ja, unser aller Vater ist es, der Sich dort befindet, sichtbar unter Seinen Kindern!

09] O Natur, o ihr Winde alle, du plätschernde Quelle, schweiget, schweiget nun; und ihr zwitschernden Bewohner der Äste der Zedern, und du auch, zirpende Grille, hemmt nicht das heilige Gefühl in meiner Brust!

10] Der heilige Vater, voll der allerhöchsten Liebe, unter Seinen Kindern dort auf jener heiligen Höhe! Er - der allmächtige Schöpfer, der ewige, alleinige Gott und Herr aller Dinge und Wesen als Vater unter Seinen Kindern! O Gedanke, o du lichteste, heiligste Wahrheit, welche Unendlichkeit kann dich fassen, welche Ewigkeit dich begreifen?!

11] Ja, heilig bist du, sonst armselige Brust, so dich dieser Gedanke nur anrührt! Der Vater - unter Seinen Kindern! O du zu endlos großer Gedanke, - wer kann leben und dich denken in deiner Größe, in deiner unendlichen Unendlichkeit?!

12] Der Vater unter Seinen Kindern - und lehrt sie Selbst, lehrt sie erkennen Ihn, den heiligen Vater!

13] Auch an mein totes Ohr drang Seine heilige Vaterstimme, und ich verstand sie nicht; und meine Augen sahen Ihn, und ich erkannte Ihn nicht! Hierher führte mich Sein Wort; des Vaters Wort führte mich hierher!

14] O du heilige Stelle, du Ort der lebendigen Verklärung meines Herzens, meines Geistes, - mit welchem ewigen Denkmale soll ich dich verzieren, mit welchem heiligen Worte dich nennen, dich, du heilige Stätte, dahin mich des Vaters Wort beschied?!

15] Ach, was ist doch der Mensch, der schwache Bewohner dieser Erde daß Sich der ewige Gott seiner erbarmt und ihn aufnimmt zu einem Kinde!

16] Ist der Mensch denn gut? Nein, das ist er durchaus nicht! - Ist er denn etwa gar so überaus schön, darum Gott zu ihm kommt? - Nein, nein, das ist er noch mehr durchaus nicht; denn wo die wahre Güte mangelt, da mangelt auch die wahre Schönheit.

17] Ist er etwa also liebenswürdig darum der Herr herabkam zu ihm? - O mitnichten; denn um liebenswürdig zu sein, muß man doch vorher notwendig gut und schön sein!

18] Ist der Mensch denn etwa reich an verschiedenen Gott fremden und seltsamen Dingen? - O der unaussprechlichen Torheit, o des finstersten Gedankens, der sich immer noch möglicherweise der Zunge je bemächtigen kann!

19] Was hat der Mensch denn, das er nicht zuvor empfangen hätte?!

20] Also - was ist - oder was hat denn hernach der armselige Mensch dieser mageren Erde, darum Gott zu ihm kam, ihn nun lehrt, führt und tröstet?

21] O du großes, undurchdringliches Geheimnis! Darum (da) wir uns Kinder nennen dürfen, ist ja eben nur Seine endlose Erbarmung, ohne die wir jedem Steine gleich gutweg nichts als nur pure Geschöpfe sind, und das noch dazu voll Ungehorsam, während ein Stein viele tausend und abermals tausend Jahre sich ohne des Herrn Willen nicht von der Stelle rührt, dahin er gesetzt wurde von des heiligen Vaters allmächtiger Hand.

22] Oder war der heilige Gedanke in Gott, aus dem der Mensch, der undankbare Mensch hervorging, vielleicht noch göttlicher als der, aus dem mit der früheren, gleichen oder späteren Zeit ein Stein aus einem und demselben Gott hervorgehend ward?

23] Ja, ja, nichts, gar nichts ist und hat der Mensch vor Gott, - sondern alles nur als pure Gnade von Ihm!

24] O du unaussprechliche Liebe, du unendliche Barmherzigkeit des Vaters, der da ist allzeit heilig, überheilig, - wie soll dir denn das Herz danken, wie dich loben und preisen, mit welchen Worten der ganzen Erde würdig verkündigen solche endlose Milde von dir an uns arme Menschen, die wir uns unwürdigstermaßen deine Kinder nennen?!

25] O Vater, jetzt lasse in den Staub mich sinken; denn meine Augen sind nicht einmal würdig, dahin einen Blick zu tun, wo Du noch weilest unter Deinen Kindern!

26] Du heiliger Vater - unter Deinen Kindern! Dieser Gedanke ist zu heilig um noch einmal von mir Erdwurme gedacht zu werden!

27] Daher stille, stille, alles werde stille um mich her, damit auch ich vor der zu großen Heiligkeit des Vaters verstummen kann!

28] Denn was sollte da ein bestaubter Schlammwurm sprechen, worüber die ganze Unendlichkeit das erhabenst ehrfurchtsvollste Stillschweigen beachtet?! Also stille, stille, mein Herz und meine Zunge; denn alles um mich her ist nun stille geworden. Stille in Gott, stille; denn - der Vater ist in der Nähe!«




38. Kapitel: Abedam beim reumütigen Hored in der Grotte. Hored an der Brust des hl. Vaters.
01] Nach diesen Worten verstummte die Zunge Horeds zwar, aber desto lauter wurde es in seinem Herzen; denn dieses suchte und suchte um schickliche und wohltaugliche heilige Worte des Dankes und der würdigen Darstellung der dem Menschen nur immer höchst möglichen Liebe gegen Gott. Allein es war vergebens; je tiefer sich der Hored in sein Herz verkroch, und je emsiger er alle seine verborgensten Winkel durchsuchte, desto weniger auch konnte er finden, was er nun so gerne gefunden hätte.

02] Es berief aber ebenzeitig der Abedam zu sich den Henoch, den Lamel, den Gabiel mit der Purista und den Lamech mit der Ghemela.

03] Als aber die Naeme den Namen ihres Vaters aussprechen hörte, da erschrak sie gewaltigst; denn sie glaubte, er sei sicher durch die kecke Nebelgestalt beim weißen Berg herauf an diese so heilige Stelle geführt worden.

04] Aber der Abedam beruhigte sie bald, indem er zu ihr sagte: »Naeme, wie magst du dich fürchten an Meiner Seite? Bin denn nicht Ich der Herr aller Dinge, Wesen, aller Unendlichkeit, aller Ewigkeit?!

05] Siehe, darum ist ja eitel deine Furcht; und zudem hat der von Mir berufene Lamech mit deinem Vater wohl nichts als allein nur den Namen gemein!

06] Denn dieser Lamech hat den Namen von Mir aus, der da besagt: Dieser ist Meiner Liebe; dieser ist für Mich; dieser hat Meinen Schatz in sich!

07] Was aber den gleichen Namen deines Vaters betrifft, so ward er ihm gegeben in gleicher Bedeutung vom Satan, der da ist Mein größter Feind.

08] Doch aber sollst du dir keine Sorge machen deines Vaters wegen; denn Ich bin auch ein gar über alles mächtiger Herr dessen, dem dein Vater ein getreuer, aber höchst unglücklicher Diener ist, und werde zu seiner Zeit auch ihm die Augen öffnen lassen.

09] Daher sei nun ganz vollkommen ruhig, du Meine neue Tochter der wahren Reue, Buße und Liebe, und folge Mir, fest an Mich angeschlossen, mit den übrigen Berufenen hin zur Stelle, wo der Hored nun aus übergroßer Demut und Liebe zu Mir die Regsamkeit der Zunge verlor!

10] Und du, Seth, du Enos, du Kenan, du Mahalaleel, du Jared, und du auch, Mathusalah, aber geht nach Hause mit euren Weibern und Kindern, und sorgt für Speise und Trank in gerechter Menge; denn heute, morgen und übermorgen sollen alle Kinder am Tische des Vaters speisen!

11] In euren Hütten aber sollt ihr alles in der gerechten Menge finden; nur tragt es unterdessen hierher!

12] Wir aber wollen uns begeben dahin, wo ein neuer, großer, treuer Bruder unser harrt! Amen.«

13] Der Hored aber merkte es bald, daß sich eine ganze Gesellschaft von der Morgenhöhe Adams gegen die Grotte bewegte; nur konnte er der ziemlichen Ferne wegen nicht entnehmen, wer da alles von der Gesellschaft ist.

14] Als aber die Gesellschaft seiner Stelle stets näher und näher kam, da erst erkannte er, um welche Zeit des Tages es nun sei, - nämlich er erkannte unter der Gesellschaft gar bald den hohen Abedam!

15] Jetzt aber war es auch aus bei ihm, daß er darob mit großer Liebeheftigkeit ausrief: »Nein, nein, das kann nicht sein, nimmer, nein!

16] Ich - ein Sünder, ja beinahe ein Brudermörder, - ich, - der da war über alle Böcke und Hunde voll der allerdicksten Geilheit und voll der allerunreinsten Gedanken, - ich, der größte Tor, sollte nun bestehen im Angesichte Dessen, der mich erschuf, im Angesichte Gottes, im Angesichte des allerheiligsten Vaters?!

17] Erde, hast du nun keine weite Spalte irgendwo, die mich wohlbergend für alle Ewigkeiten aufnehmen möchte hinab in deinen tiefsten Grund?!

18] Oder du, hohe Grotte, kannst du nicht einen schwersten Stein auf mein Haupt fallen lassen, damit er mich zerschmettere bis zum nichtigen Staube?!

19] Wie werde ich bestehen nun vor Ihm? Ich in der größten, verworfensten, menschenlarvenmäßigen Niedrigkeit meines Herzens und Geistes?!

20] Er, die allerhöchste Heiligkeit! O Zunge, - o Herz, was werdet ihr tun, wenn Er kommen wird, - bald kommen wird?!

21]: Wie wirst du, sündiges Auge, Gott schauen, - Gott, den Vater, die reinste, heiligste Liebe,

22] Wie hören du, mein schlechtes Ohr, die heilige Stimme des Vaters, ja, die Stimme, die du früher verkennen mochtest?!

23] Doch jetzt, mein Herz, es gilt den letzten Kampf, entweder zum Leben - oder zum Tode!

24] Ich habe nichts als ein weites Herz voll der heißesten Liebe nun nur allein zu Ihm, zu Ihm, dem allerheiligsten Vater! Ob sie rein ist, - Vater, das weiß ich nicht; doch was Du auch immer mit mir machen wirst - ob mich wieder annehmen, oder verwerfen -, es wird ja doch nur Dein heiliger Wille geschehen, und dieser ist ja ewig allzeit über alles gut! Daher - geschehe Dein heiliger Wille!«

25] Bei diesem letzten Worte aber ergriff ihn schon der Abedam an der Hand und sagte darauf: »Hored, du Starker, du Heißer, du Fels der Liebe nun, jetzt komme her an die Brust deines ewigen, heiligen Vaters, und schmecke da zum ersten Male, wie sich's da ruhen läßt, - ruhen im hellsten Bewußtsein des ewigen Lebens, - ruhen an der Brust des liebevollsten, heiligsten Vaters!

26] Mein Hored, wenn Ich komme, da gilt es allzeit dem Leben, aber nicht dem Tode!

27] Und also bist du nun auch für ewig lebendig. - Siehe, hier ist auch die treue Naeme! Jetzt erst bist du für sie und sie für dich von Mir gesegnet; denn Ich habe sie erwählt für Meine Hand. Darum aber gebe Ich sie jetzt dir, weil du eben jetzt zu Meiner Hand geworden bist!

28] Jetzt aber folge Mir an Meiner Hand mit den übrigen zum großen Sabbatsmahle daheim auf der Höhe! Amen. »





39. Kapitel: Sabbatmahl auf der Morgenhöhe.
01] Und der Hored folgte anfangs wonnestumm; denn diese Begegnung von Seite des Abedam war für den Hored etwas zu unaussprechlich heiligst Großes, als daß er darüber hätte können seinem Herzen gehörig Luft machen. Er war förmlich wonnetot; nur der allerwilligste Gehorsam belebte seine Glieder.
02] Als sie aber ungefähr den halben Weg zurückgelegt hatten, da auch erst fing der Hored an, ein wenig aufzutauen von. seiner übermäßigen Liebwonnestummheit und einen tiefen Odem zu schöpfen für ein ernstes, großes Wort in diesem neuen Zustande. Allein der Abedam sagte alsbald zu ihm: »Mein geliebter Hored, laß nun in der Ruhe deine Zunge; so sehr auch immer du deine Zunge mit deinem Herzen in die volle Übereinstimmung zu bringen vermagst, so kannst du aber doch von Mir aus vollkommenst versichert sein, daß Mir dessenungeachtet allein die Sprache deines Herzens viel lieber und angenehmer ist, als wenn sie durch der Zunge natürliche Rauheit vieles verliert an ihrer lebendigen Anmut, wenn auch der Wahrheit unbeschadet. Siehe, alles, was du nur immer ansiehst, predigt dir beständig die ewige Wahrheit; aber nur die Liebe ist das allerinwendigste, unsichtbarste Leben der Wesen!

03] Darum auch bleibe in dir, und zerstreue nicht fruchtlos, was dein Herz gesammelt hat; es wird aber schon für dich eine Zeit kommen, da du wirst Meine Äcker bestellen müssen! Darum spare deinen herrlichen Samen des Lebens aus Mir für die Zeit, wann Ich dich berufen werde!

04] Und so laßt uns im Frieden ziehen der Heimat zu, allwo du noch so manches erfahren sollst! Amen.«

05] Und also zog diese Gesellschaft an der Seite des Vaters der Morgenhöhe zu. Und als sie die Vollhöhe erreicht hatten, da war auch schon in hundert und hundert großen Körben ein über reiches Mahl wohl bereitet, bestehend aus lauter allerherrlichsten, edelsten, frischesten und wohlschmeckendsten Speisen, als: Früchten, Honig, Brot und in den Krügen reinster und köstlichster Beerensaft.

06] Als nun der Abedam sah, daß da alles in der Ordnung war, da segnete Er die Speise und den Trank und sagte dann zu den Vätern, welche die Speisen herbeigeschafft hatten: »Ruft herbei alle eure Kinder, und laßt sie behende austragen und verteilen die Speisen und den Trank an alles Kindervolk, und sie sollen alle davon essen und trinken und sollen fröhlich sein in Meinem Namen und sollen nun auch alle erfahren also von Munde zu Munde, daß Ich, ihrer aller Vater, sichtbar unter ihnen bin!

07] Drei Körbe aber sollen für uns hier auf der Vollhöhe verbleiben; und nun gehet und tuet!

08] Du, Lamel, aber siehe dorthin gen Abend! Siehe, gerade da, wo drei hohe Zedern den Scheitel eines Hügels schmücken, wirst du einen armen Vater mit seinem Weibe und seinen sieben Kindern, wovon drei Knaben und vier Mägde sind, antreffen! Diese Familie ist noch von der alten, allerdrückendsten knechtlichen Ehrfurcht befangen, also zwar, daß sie sich nicht einmal ihre Füße von da weiter zu setzen getraut, woselbst sie der Hütte Adams ansichtig wird.

09] Darum hebe dich behende dahin und bringe sie samt und sämtlich hier' her zu Mir; und also gehe und tue!

10] Du, Lamech, aber nimm diesen mittleren Hauptkorb, und trage ihn hin zum Adam; und du, Gabiel, nimm den zweiten für dein Haus; und der dritte aber bleibe hier für Mich, für den Henoch, für den Jared, für Lamech und sein Weib, für Meinen Namensgefährten, für Kisehel und Sethlahem und seine anderen Brüder, für das Weib Zuriels, für dich, Meinen Hored, und die Naeme, für den Jura, Bhusin und Ohorion und für die Familie, die der Lamel sogleich hierher bringen wird!

11] Alle anderen sollen sich entweder um den Korb Adams setzen - und die, die da von Morgen her sind, um den Korb Gabiels!«

12] Es bedünkte (berührte) aber den Adam heimlich schmerzlich, daß der Abedam nicht an seinem Korbe wollte teilnehmen.

13] Der Abedam aber sagte sogleich zu ihm: »Adam, ist denn ein Unterschied in den Körben? - Du sollst aber darum nicht liebehrgeizig traurig sein darum (weil) Ich die Schwachen um Mich her versammle!

14] Es stehen aber die drei Körbe ja hier ohnehin also aneinandergereiht daß sie nur durch geringe Zwischenräume getrennt werden; wozu also des Rangkummers?

15] Bin Ich nicht der Vater, und bin Ich nicht hier in euer aller Mitte?! - Sei daher nur guten Mutes, und denke nicht nach der Rangzahl der Körbe, sondern lieber an Meine allgemeine Vaterliebe, so wird da sicher kein Unterschied sein, in welchen Korb Ich oder du greifst!

16] Meinst du aber etwa, dein Korb ist darum weniger gesegnet - Dieser Irre sei ledig! Amen.«

17] Darauf wurde es alsbald wieder wärmer und heller in der Brust Adams, und er bat den Abedam um Vergebung. Der Abedam aber erwiderte ihm:

18] »Adam, - wie sollte Ich dir denn deine Liebe zu Mir vergeben, als wäre sie eine Sünde?! Daher sei nur vollkommen ruhig; denn diesen deinen Schmerz erzeugte ja deine Liebe zu Mir. Daher also sei ganz vollends ruhig, und genieße die Speise heiter! Amen.«

19] Nach diesen Worten aber brachte auch schon der fertige Lamel seine überfromme Beute.

20] Der Abedam aber ging ihnen entgegen, dieweil sie sich sehr fürchteten, und sagte zu ihnen: »Kommt her, ihr Meine lieben Kindlein, und fürchtet euch nicht vor Mir, eurem ewigen, heiligen, überguten Vater.«

21] Und sie erkannten Ihn gar bald, fielen vor Ihm nieder und priesen und lobten Ihn überaus laut.





40. Kapitel: Der Herr und die unbändigen Lobschreier. Die Zahllosigkeit der Liebes- und Lebensstufen in der Schöpfung. Adams Tischgebet und Abedams Segen.
01] Und der Abedam ließ sie vollends zu Sich kommen und bedeutete dann ihnen, aufzuhören mit ihrem zu lauten Lobe; sie aber schrien nur noch ärger: ,Gelobt seist Du, heiliger Vater, gelobt Dein heiligster Name! Gepriesen seist Du, allmächtiger, großer Gott, Der Du ewig bist und unendlich! Dir allein gebührt alle Liebe, alle Anbetung, alle Ehre, aller Dank, alles Lob, aller Ruhm und alle unsere allergrößte Demut vor Dir! Nur Du allein bist würdig, solches alles von uns zu nehmen!«

02] Und also schrien sie fort und waren auf natürlichem Wege durchaus nicht zum Schweigen zu bewegen.

03] Da dem Abedam aber sattsam wurde des Lobes und auch die Väter nicht mehr auswußten, was da werden und geschehen solle, damit diese Lobschreier zum Schweigen gebracht werden möchten, da erhob alsbald der hohe Abedam Seine Hand und zog den Zeigefinger vom Aufgange bis zum Niedergange; und alsbald durchzuckte das ganze weite Firmament ein unerhört starker Blitz, dem sogleich ein so starker Donner folgte, daß darüber nahe die ganze Erde bis in ihren Grund erbebte.

04] Diese Erscheinung brachte unsere Lobschreier zum demütigsten Schweigen, und alle die Väter schlugen sich auf die Brust und glaubten, der hohe Abedam müsse diesmal äußerst zornig geworden sein, -

05] Darum auch der Adam alsbald anfing, den neuen Lobschreiern ihren Ungehorsam gegen des Herrn Wort heftig zu verweisen.

06] Allein, es trat alsbald der hohe Abedam ins Mittel und sagte zum Adam: »Adam, warum ereiferst du dich denn, solange Ich hier unter euch bin?

07] Lasse die Sache nur Mir über, da Ich allein nur weiß, wozu alles dieses; du aber setze dich an deinen Korb, und genieße das Mahl mit den Kindern!

08] Also aber, wie diese neun, hast du' Mich noch nie gelobt, obschon du Mich länger kennst; warum sollte es dich nun ärgern, so Ich ihr großes Lob mittels Meines Fingers mit starken Feuerzeichen über die ganze Unendlichkeit hinzeichnete und euch allen dadurch anzeigte, wie groß ihr Lob war?!

09] Ich sage dir aber, der du Mich nun als höchst erzürnt betrachtetest: Wohl dem, welchen da treffen wird solch ein Zorn von Mir; denn er wird ihn alsbald erwecken zum ewigen Leben!

10] Verstehest du solchen Zorn Meiner Vaterliebe an jene Kindlein, die sich aus lauter Liebe zu Mir, ihrem Vater, nicht zu helfen wissen, darum ihre Freude unbändig wird und taub ihr Ohr, da die zu große Liebe sie gefangenhält in aller heiligen Unmäßigkeit?!

11] Wahrlich, wahrlich, sage Ich euch allen: Wer da nicht unmäßig und unbändig wird in der Liebe zu Mir, dessen Name wird nicht also geschrieben unter und über den Sternen wie die Namen dieser neun Armen der Erde, aber Überreichen der Liebe!

12] Adam, begreifst du nun dieses Zeichen und diesen Meinen Zorn?

13] Daher sei ruhig und verzehre heiter dein Mahl mit deinen Kindern! Amen.«

14] Diese Worte aber gingen dem Adam gewaltig zu Herzen, darum er dann alsbald tief seufzend ausrief:

15] »O Vater, wenn es also ist, wer wird da das ewige Leben erreichen?!«

16] Der Abedam aber erwiderte darauf dem Adam: »Was seufzest du umsonst, so du nicht verstehst Meine Wege?

17] Sind denn die Sterne des Himmels alle gleich und alle Pflanzen der Erde? So ein Stern aber leuchtet - ob groß oder klein -, regt er nicht das Licht deiner Augen an, auf daß es in dir lebendig widerstrahlt?! Und welche Pflanze hast du je tot dem Boden der Erde entwachsen sehen?!

18] Darum wird auch der geringeren Herzens Liebende leben; aber nur wird sein Leben sein gleich seiner Liebe, und es wird darum auch sein ein großer Unterschied zwischen Leben und Leben unendlichfach.

19] Siehe, es lebt auch eine Sandmilbe; aber welch ein Unterschied zwischen ihrem und deinem Leben!

20] Daher kümmere dich nicht um die Frucht der Liebe, sondern um die Liebe selbst; denn die Frucht wird sein wie die Liebe! Verstehe solches wohl! Amen.«

21] Und der Adam ward beruhigt und rief unter vielem Danke und Lobe die Kinder zum Mahle und bedeutete auch dem Gabiel, solches im Namen des Herrn zu tun.

22] Und als sich darauf um die zwei Körbe reichlich die gehörigen Gäste versammelt hatten, da sagte der Adam mit aufgehobenen Händen:

23] »Kinder, nun laßt uns zuvor loben und preisen den heiligen Geber dieser herrlichen Speisen und dieses herrlichen Trankes, und laßt uns erbitten Seinen Segen!

24] O heiliger Vater Jehova Abedam, Dir danken wir; Dich loben und preisen wir; Dir sei aller Ruhm, alle Ehre, alle unsere Liebe, alle unsere Demut und vollste Anbetung im innersten Geiste der Liebe und aller Wahrheit aus ihr!

25] O heiliger Vater, segne uns und die Mahlzeit für uns nach Deinem heiligsten Willen! Amen.«

26] Und der Abedam trat hinzu zum Korbe Adams und segnete ihn und also auch den des Gabiel. Dann aber trat Er alsbald wieder zurück an Seinen Korb, berief die Erwählten zu Sich und ließ Sich mit ihnen zum Korbe nieder; doch diesen Korb segnete Er nicht und sagte:

27] »Wo Ich bin, da ist auch der allerhöchste Segen vorhanden!

28] Daher esset und trinket ohne Sorge; denn Ich, euer Vater, speise ja mit und unter euch, und in euch! Amen.«



41. Kapitel: Henochs Gespräch mit Lamech von der Höhe über gute Ordnung und über böse menschliche Rangordnung. (18.05.1843)
01] Das anbefohlene Mahl ward bald bereitet, und die Geladenen kamen herbei; die Tische wurden bestellt und wurden gesondert nach der Maßgabe Lamechs.

02] Henoch aber sagte zum Lamech: »Bruder, es ist zwar eine Ordnung allenthalben gut, und wir sollten nichts tun außerhalb einer gewissen Ordnung - denn die Ordnung ist die Macht des Herrn; aus und in Seiner Ordnung hat Er alle Dinge erschaffen -; aber dessenungeachtet ist dem Herrn doch eine Ordnung, die die Menschen untereinander aufgestellt haben oder wenigstens aufstellen möchten, beinahe ganz unerträglich, und das ist die Rangordnung!

03] Wenn du ganz gleiche Dinge in einer geraden Linie aufgestellt hättest, und es käme aber dann jemand und verstellte die Dinge aus ihrer von dir bestellten geraden Linie, fürwahr, du würdest dich darob ärgern und würdest den Verrücker deiner Ordnung mit zornigen Augen ansehen!

04] Wenn aber der Herr alle Menschen völlig gleich erschaffen hat und hat sie vor Sich hingestellt in einer geraden Linie, wie mögen wir da des Herrn gerade gestellte Linie krümmen nach unserm Belieben?!

05] Wir können es freilich wohl tun und können in gewissen Tätigkeitsrücksichten sagen: ,Der ist das und jener dies!' - und was ein vom Herrn vorgesetzter Bruder dem andern ratet, den der Herr nicht berufen hatte, daß dieser es tue!

06] Das ist die rechte Rangordnung, die wir vom Herrn Selbst überkommen haben; aber bei solchen Gelegenheiten, da wir ein Mahl geben den Brüdern, sollen nicht drei gesonderte Tische stehen, sondern nur einer, damit wir alle als völlig gleiche Brüder und Schwestern untereinander am selben speiseten!«

07] Als solches der Lamech vernommen hatte vom Henoch, da ließ er sogleich die Tische zusammenstoßen und es ward so aus drei gesonderten Tischen ein Brudertisch nur.

08] Der Henoch aber lobte den Lamech ob seines Gehorsams nach dem Willen und nach der Liebe des Herrn.

09] Aber ganz heimlich trat der Lamech der Höhe hin zum Henoch und sagte zu ihm: »Höre, Vater Henoch, es ist recht wohl und gut, was du nun geredet hast zu meinem Namensgefährten in der Tiefe; aber nun begreife ich eines nicht so ganz recht aus dieser deiner kurzen Rede bezüglich der Rangordnung unter den Menschen.

10] Siehe, Kinder sind doch sicher geringer denn ihre Eltern; denn es wäre dem Herrn doch sicher nicht recht, wenn sich die Kinder ihren Eltern gleichstellen wollten!

11] Zudem erinnere ich mich so mancher Erscheinung auf der Höhe, wo der Herr Selbst so ganz bedeutende Unterschiede unter den Menschen gemacht und durchaus nicht alle gleich behandelt hat!

12] Denn die drei Speisekörbe auf der Vollhöhe sind eine unleugbare Tatsache, daß Er dich zum Hohenpriester gemacht hat und die Purista, wie auch die Ghemela, erhoben hat sichtbar! Wer kann solches in eine völlige Abrede stellen?!

13] Es geht aber aus dem doch unfehlbar hervor, daß der Herr sonach eine gewisse Rangordnung unter den Menschen aufgestellt hat, und darum kann ich nun nicht so recht klug werden aus deiner Rede! - Gib mir daher einen näheren Bescheid darüber!«

14] Und der Henoch wandte sich zum Lamech und sprach: »Mein Sohn, du bist in einer starken Irre! Was der Herr tut, ist sicher etwas ganz anderes, als was der Mensch tut und tun soll; denn Er allein ist ja der Herr!

15] Die Rangordnung aber, welche der Herr unter uns Menschen aufgestellt hat, ist nur auf unsere Liebe zu Ihm gegründet, und da heißt es: ,Je mehr du Liebe zu Mir, deinem heiligen Vater, hast in deinem Herzen, desto näher auch bist du bei Mir; mit je weniger Liebe zu Mir aber bist du auch desto ferner von Mir!

16] Siehe, darin liegt der Henoch als gestellter Hoherpriester, die drei Körbe auf der Vollhöhe, die Purista und die Ghemela, wie die Pflicht der Kinder gegen ihre Eltern, die da die ersten Hohenpriester von Gott gestellt ihren Kindern sind!

17] Solches ist alsonach nur das Verhältnis der Liebe zu Gott; aber unter Menschen soll in liebtätigen Stellungen solches nicht also sein, daß sie sich voneinander sondern sollten, als dünkte sich der eine mehr denn ein anderer!

18] Nur vor Gott sind wir unterschiedlich durch unsere Liebe zu Ihm aber unter uns soll kein selbstgemachter Unterschied walten!

19] Denn wer da groß wird sein wollen, der wird klein sein vor Gott sind wir aber lauter Liebebrüder untereinander, so werden wir es auch sein vor Gott!

20] Also verstehe, mein Sohn, die Sache! - Doch, die Tische sind vereint so lasset uns Platz nehmen an denselben! Amen. »




42. Kapitel: Aufstellung des zweiten Tisches im Thronsaal. Das Festmahl. Die Tischrede des Unbekannten am zweiten Tisch. (19.05.1843)
01] Die Zahl der geladenen Gäste war groß und konnte daher an dem einen großen Tische nicht untergebracht werden; daher kam der Lamech zum Henoch wieder und fragte ihn:

02] »Höre, geliebtester, erhabenster Bruder und des Herrn alleiniger Hoherpriester, mehr denn die Hälfte der geladenen Gäste haben, wie du es selbst sehen kannst, nicht Platz am vereinten Tische! Wenn wir sie nun darum sondern müssen und für sie bereiten lassen einen zweiten Tisch, werden sie sich dadurch nicht herabgesetzt finden, so wir sie doch notwendig werden an den zweiten Tisch setzen lassen müssen und sie somit nicht an dem Tische werden Platz nehmen können, an dem wir sitzen werden und du dich eigentlich schon gesetzt hast?

03] Und der Henoch lächelte den Lamech an und sagte dann zu ihm: »Siehe, lieber Bruder, Notwendigkeit ist keine Herabsetzung! Um aber die Sache doch so wenig als nur möglich unterschiedlich zu machen, so laß auch den zweiten Tisch in diesem für wenigstens zehntausend Menschen genug großen Saale aufrichten, und es wird dann gar wenig darauf ankommen, bei welchem Tische wir sitzen! Also laß es geschehen, und es wird vollends recht sein!«

04] Und der Lamech sah, daß es also gut war, und ließ daher durch seine Diener alsogleich alles herrichten also, wie es ihm der Henoch geraten hatte.

05] Und die Überzahl der Gäste fand vollkommen Platz an diesem zweiten Tische und frohlockte, daß ihr eine so große Gnade widerfahren ist, sogar im Thronsaale neben den erhabenen hohen Gästen und großen Freunden Gottes zu Tische zu sitzen.

06] Da der Lamech solchen Jubel vernahm, daß solche Einrichtung so gut aufgenommen wurde, so ward er selbst heiter und voll Fröhlichkeit und setzte sich auch alsbald zum Tische, wo schon der Henoch mit dem Lamech von der Höhe Platz genommen hatte.

07] Also ward alles geordnet; die Speisen wurden aufgetragen und dem Herrn ein Lob aus aller Gäste Herzen und Munde laut dargebracht. Die Tische wurden dann vom Henoch im Namen des Herrn gesegnet, und alle langten mit ihren Händen nach den gesegneten Speisen und aßen und tranken unter hier und da laut sich vernehmen lassenden Preisungen des Herrn.

08] Nachdem sich aber alle gesättigt hatten, richtete sich am zweiterrichteten Tische einer der geladenen Gäste auf und richtete folgende Worte an seine Tischgenossen:

09] »Brüder, Freunde und Schwestern! Welcher Mensch könnte es wohl in der größten Glut und Flamme seines Herzens wagen, zu sagen, er könnte Gott, dem allmächtigen Herrn Himmels und der Erde, danken zur Genüge je in alle Ewigkeit für solch eine unaussprechlich große Gnade, die Er uns dadurch erwiesen hat, daß Er den vorher so harten König Lamech in einen so herrlichen Bruder und übergroßen Freund der Menschen umgewandelt hat? Fürwahr, Ich kann mir nichts Größeres denken!

10] Es muß dem allmächtigen Herrn wohl ein leichtes sein, tausend Welten zu erschaffen; aber einen freien Menschengeist ungerichtet also umzuwandeln, wie da der Lamech und durch ihn auch all sein Anhang umgewandelt ward, das ist denn doch mehr, als Sonnen und Erden und Monde zu gestalten im Augenblicke des allmächtigen, göttlichen Wollens!

11] Denn bei der Erschaffung der Dinge kommt es sicher nur auf den Willen Gottes an, und es wird dasein, was Gott haben will! Ein von Ihm ausgesprochenes allmächtiges,Werde!' genügt, und zahllose Sonnen und Welten drehen sich schon in ihren übergroßen Kreisen vor dem Auge des allmächtigen Werkmeisters!

12] Aber beim freien Geiste ist das allmächtige Werde!' ein Gericht schon, welches ist des Geistes Tod! Da muß an die Stelle der Allmacht denn nur die große Liebe, Erbarmung, Geduld, Sanftmut und endlos weiseste Führung Gottes treten und muß den Geist des Menschen wie einen zweiten Gott leiten, führen und lehren, damit dieser dann durch die Selbsterkenntnis in sich das werde, was er sein soll nach der göttlichen Ordnung. Und das ist mehr, als Welten und Sonnen erschaffen!

13] Oh, darum soll aber auch der Herr von uns allen gelobt und geliebt sein, wie da bis jetzt Er noch nicht ist geliebt und gelobt worden; denn jetzt erst erkennen wir die Größe Gottes!

14] Auf, Brüder, und lasset uns loben und preisen den Herrn, da Er uns eine so große Gnade erwies!«

15] Diese Rede des Gastes machte alles im Saale stutzen, und alles ward ergriffen von der Kraft dieser Worte.




43. Kapitel: König Lamechs Staunen wegen der Worte des unbekannten Gastes. Die Rede des Unbekannten über die zweifache Nahrung des zweifachen Menschen. (20.05.1843)
01] Der Lamech aber wußte nicht, was er in der Schnelligkeit tun sollte. Er wandte sich darum alsobald an den Henoch und sagte zu ihm: »Höre, du mein geliebtester, erhabener Freund und Bruder in aller Liebe des Herrn, dieser Mensch spricht ja, als wenn er auch zu einem Führer vom Herrn aus erwählt wäre!

02] Fürwahr, solche Worte hätten auch deinem Munde durchaus keine Schande gemacht, und ich selbst würde mich für endlos glücklich preisen, wenn mein Mund ähnlichermaßen einer solchen Rede fähig wäre; aber da hat's eben bei mir noch einen überaus starken Haken!

03] Sage mir doch, du mein geliebtester Henoch, so es dir gut deucht: Sollen wir diesen überaus weisen Redner nicht alsobald an unsern Tisch ziehen?!

04] Und der Henoch erwiderte dem Lamech: »Wenn aber du, mein geliebter Bruder, solches tust, wirst du dadurch nicht diesem Tische mehr Ehre einräumen, als sie da hat der andere Tisch?!

05] Darum meine ich, es ist genug, so wir Seine Worte wohl behorchen und ihren guten Sinn in uns behalten!

06] So du dieses ein wenig überdenkst, da sage mir dann, ob du damit nicht auch einverstanden bist; derin hier bist du zu Hause und sollst doch auch einen freien Willensrat haben in dir und danach handeln!«

07] Hier sann der Lamech ein wenig nach und kam bald mit folgenden Worten heraus, welche also lauteten: »O liebster, herrlicher Bruder Henoch, was soll ich da noch nach meinem Willensrat handeln, wo ich auf den ersten Augenblick ersehe, wie aus deinen Worten eine nur zu sehr leuchtende Weisheit strahlt?!

08] Daher will ich mir den Redner bloß nur recht gut merken und will ihn erst nach der aufgehobenen Mahlzeit an mich ziehen und mich mit ihm in eine nähere Bekanntschaft setzen! Ich meine, das wird doch wohl nicht gefehlt sein?«

09] Und der Henoch sprach zum Lamech: »Geliebtester Bruder, tue das, was du dir vorgenommen hast, und es wird recht und billig sein vor Gott und aller Welt!«

10] Nach dieser Rede Henochs erhob sich wieder der Gast am andern Tische und fing an, also zu sprechen, und seine Worte lauteten:

11] »Freunde, Brüder und Schwestern! Wir haben uns alle bestens gestärkt an dieser guten Mahlzeit. Unsere Glieder zucken darob vor freudigem Wohlgefühle, und unsere Seele hat nun eine leichte Mühe, dem Leibe eine wohlgeschmeidige Regsamkeit zu geben. Dafür sei dem erhabensten, heiligen Geber aller guten Gaben aller Dank auch und alle unsere Liebe allzeit und ewig!

12] Aber es ist der Leib nicht die Hauptsache des Menschen, sondern nur ein werkzeugliches Mittel zur Erreichung des ewigen, heiligen Zweckes, welcher da steht im Grunde der ewigen, göttlichen Ordnung.

13] Wenn es sich aber mit unserem Leibe notwendig doch also nur und unmöglich anders verhält, so ist es ja doch sonnenklar, daß dann im Menschen ganz etwas anderes, also noch ein ganz anderer, höherer Mensch stecken muß, um dessentwillen so ganz eigentlich der Leib, den wir alle jetzt so recht tüchtig abgefüttert haben, da ist, und um dessen vorteilhafteste Ernährung wir demnach denn auch allzeit am allermächtigsten besorgt sein sollten.

14] Ihr saget nun sicher unter euch so in euren Herzen: ,Das wäre freilich wohl sehr gut und nützlich; wenn man aber nur auch sogleich wüßte, womit man so ganz eigentlich den innern Menschen ernähren sollte!

15] Wir sehen wohl auf der Erde allerlei Früchte für den Leib erwachsen und reifen; aber einen Baum, auf dem da Früchte zur dienlichen Ernährung des innern Menschen wachsen und reifen möchten, vermögen wir nicht ausfindig zu machen!'

16] Das ist richtig, Meine geliebten Freunde, Brüder und Schwestern; aber Ich will euch hier etwas anderes sagen, und so höret denn:

17] Sehet, der Herr hat alles also geordnet, daß da die Materie sich ernährt aus der Materie, die Seele aus der Seele, die Liebe aus der Liebe und der Geist aus dem Geiste!

18] Die Liebe aber ist des Geistes Grund und des inneren Menschen allereigentlichstes Wesen, und wir können demnach unserem inneren Menschen keine bessere Nahrung verschaffen, als wenn wir ihn sättigen mit der Liebe zu Gott. Durch diese Liebe wird er kräftig und mächtig und wird ein Herr in diesem seinem Hause werden, welches da ist die unsterbliche Seele und der sterbliche Leib.

19] Es müssen aber die Speisen für den Leib entweder schon von der Natur oder durch die Kochkunst der Menschen vorbereitet werden, auf daß sie genießbar sind; so denn muß auch um so mehr die Kost für den Geist bestens vorbereitet sein!

20] Das Wort in uns aber ist diese Vorbereitung der Kost des Geistes; darum wollen wir denn auch mit dem Worte die Kost vorbereiten und dann erst stärken mit ihr unsern Geist!"

21] Hier zupfte der Lamech den Henoch und sagte zu ihm: »Bruder, was sagst denn du dazu? Der redet ja wie ein Prophet!«

22] Der Henoch aber sagte zum Lamech: »Er ist noch nicht zu Ende; daher wollen wir Ihn weiter hören und dann erst unsere Betrachtungen darüber anstellen! - Er beginnt zu reden; also horchen wir!«

Hierzu eine Anmerkung Anselm Hüttenbrenners (Graz), dessen Abschrift des Lorberschen Originals dieser Auflage zugrunde liegt: Nach dritthalb Jahren (2 1/2 Jahren) beruft sich Jakob Lorber auf den 25. und 26. Vers (in obigem Kapitel: Vers 18 und 19) in einem Schreiben aus Greifenburg in Oberkärnten, datiert vom 25. Nov. 1845, und führt dieselben wortgetreu an, mit Ausnahme der zwei Worte, denn' und ,bestens' im 25. Verse. Das Sonderbare bei dieser Zitation (Sitation) ist, daß Jakob Lorber von diesem großen Werke, das er aus Eingebung niederschrieb, weder das Original noch irgendeine Kopie besitzt. Diese zwei Verse wurden ihm demnach neu eingegeben, und zwar mit Angabe der Original-Bogenzahl 450; oder er trägt all das ihm Geoffenbarte fortwährend geistig anschaulich in sich.«



44. Kapitel: Natürliche, seelische und geistige Sättigung. Langeweile als Hunger der Seele, und Wißbegierde als Hunger des Geistes. (22.05.1843)
01] Und der Redner am andern Tische sprach weiter: »Das Wort, lebendig kommend aus unserm Herzen, ist es aber, das Ich als die Vorbereitung der Liebe zu Gott, welche da ist die wahre Kost für den Geist, bezeichnet haben will.

02] Ich sage euch: Das Wort, ja das lebendig wahre, rechte Wort aus dem Grunde unseres Herzens, ist alles in allem; es durchdringt die Materie, löst sie auf in Geistiges und nährt dann mit der Auflösung der Materie den Geist.

03] Das ist's aber dann - wie Ich ehedem schon bemerkt habe -, daß nämlich der Geist nur den Geist, wie die Seele die Seele und die Materie die Materie nährt.

04] Denn das Wort in uns, als der sich hell aussprechende Gedanke im Herzen, ergreift die Materie, teilt sie und beschaut sie in ihrem Wunderbaue. In dieser Beschauung sättigt sich schon die Seele; denn das entzückende Gefühl der Seele an der Beschauung wunderbar schöner Formen ist ihre Sättigung!

05] Es ist aber vom Schöpfer der Mensch durchaus also eingerichtet, daß da die Sättigung des einen Teiles allzeit die sichere Erhungerung des andern mit sich bringt.

06] Um solches aber so recht in der Tiefe zu fassen, soll uns ein Beispiel recht wohl behilflich sein, und so habt denn guten Herzens acht!

07] Wenn ihr dem Leibe nach hungrig seid, da lechzt ihr alle nach einer guten Mahlzeit, und befindet ihr euch dann bei einer gut besetzten Tafel, da seid ihr dann auch voll Lust; denn ihr könnet euch nun den quälenden Hunger stillen.

08] Wenn es aber hieße: Ihr müsset volle acht Tage an der Tafel sitzen bleiben, oder einen Monat, oder gar ein Jahr, - saget, würde euch dabei nicht die entsetzlichste Langweile verzehren?!

09] Ja, Ich sage euch, Meine geliebten Freunde, Brüder und Schwestern, ihr würdet in solch einem Falle sicher zu verzweifeln anfangen!

10] Weil denn aber solches doch sicher der Fall sein würde, so kann Ich ja fragen: Warum da die Langweile, die Verzweiflung, da der Leib gesättigt wird?

11] Weil die Sättigung des Leibes die sichere Erhungerung der Seele bewirkt, welche sich allzeit in der bitter empfundenen verzweifelten Langweile ausspricht!

12] Was wird man denn aber anstellen müssen, um nach der Sättigung des Leibes auch zu sättigen die Seele?

13] Man steht von der Tafel auf und begibt sich ins Freie, zum Beispiel auf einen kleinen Berg, oder in einen schönen Garten, allda sich dann die Seele sättigt an den schönen Formen, an dem Gesange der Vöglein und an den ätherischen, also seelischen Wohlgerüchen der Blumen, und an mehr derlei Annehmlichkeiten für die Seele.

14] Wenn jemand aber dergleichen lange genug betrachtet hat und hat dadurch hinreichend gesättigt seine ehedem hungrige Seele, da werden ihn alsbald auch diese herrlichen Speisen wieder anfangen für die Seele zu langweilen, und er wird sich bald entweder nach Hause zu sehnen anfangen, um seinem durch die Sättigung der Seele hungrig gewordenen Leibe wieder eine neue Stärkung durch einen guten Bissen zu verschaffen, oder es wird sich im bessern Falle der Geist zu rühren anfangen und wird durch die Seele dem Leibe sagen: ,Mich hungert es gewaltig!'

15] Wie aber wird sich dieser Hunger aussprechen? - Durch eine stets mehr und mehr brennende Wißbegierde.

16] Er wird die Materie und ihre schönen Formen begreifen wollen; denn sie sind also für ihn nicht genießbar, - sie müssen aufgelöst werden durchs Feuer, Licht und genügende Wahrheit.

17] Was aber ist das Feuer? Es ist die begierliche Liebe. Was ist das Licht? Es ist der sich im Herzen klar aussprechende Gedanke. Was ist die Wahrheit? Sie ist das aus dem Feuer und dem Lichte hervorgehende und ausgesprochene Wort!

18] Durch dieses Wort ergreifen wir denn dann diese feste Materie und ihre liebliche Form, lösen die Materie auf, und finden in der aufgelösten Materie die Bedeutung und den geistigen Sinn der Form.

19] Dadurch wird unser Geist dann entzückt, und diese zufriedene, selige Entzückung ist dann aber schon auch die stärkende Sättigung für den Geist; denn er findet darinnen seine Heimat, seine Ruhe, seinen Stoff; seinen Ursprung und in diesem seine wahre Liebe zu Gott und die allmächtige Liebe Gottes zu ihm!

20] Da fällt der Geist dann in aller Liebe und Demut nieder vor der unendlichen Liebe Gottes, dankt Gott und betet wahrhaftig zu Gott, und Gott ist dann seine Hauptsättigung zum ewigen Leben.

21] Also wollen wir denn auch die Werke Gottes betrachten und suchen Seine große Liebe und Erbarmung darinnen. Und hat jemand etwas gefunden, so lasse er es in guten, wahren Worten vernehmen dann allen seinen Brüdern, und er und sie werden dann erbaut werden im Geiste und in der Wahrheit, und diese Erbauung ist denn dann die wahre, lebendige Kost für den Geist, durch welche er kräftig wird zu wirken in der Liebe zu Gott, welches Wirken aber dann auch ist das wahre, ewige Leben!«

22] Hier hielt der Redner inne. Es erstaunte aber alles Volk über seine Weisheit, und der Lamech ward beinahe außer sich.

23] Aber der Henoch beruhigte ihn und sagte: »Gedulde dich nur, denn der Redner ist noch nicht zu Ende; wenn Er aber wird ausgeredet haben, dann erst wollen wir - wie ich schon bemerkt habe - darüber ein paar Worte sprechen!«






45. Kapitel: Frage der hartverständigen Kritiker über die Kraft des Wortes. Worte des weisen Redners über das innere lebendige Herzenswort. (23.05.1843)
01] Es waren aber einige beim andern Tische, allda sich der Redner befand, die da etwas hartverständig waren. Diese wandten sich mit folgender etwas dummen Frage an den Redner und sagten:

02] »Guter, weiser Freund und Bruder, du hast viel Licht in dir und redest weise Worte! Das können wir dir durchaus nicht in Abrede stellen; denn auch wir sind ziemlich mit der Weisheit ausgerüstet und können daher gar wohl beurteilen, ob das, was da jemand spricht, weise ist oder dumm!

03] Aber auch bei dir können wir nicht sagen, als hättest du nicht weise geredet, sondern wir erkennen deine Weisheit als vollkommen an.

04] Aber ein Punkt kommt darinnen vor, der uns zur Sättigung des Geistes nicht recht munden will, wenigstens in der Art nicht, wie du ihn uns aufgetischt hast!

05] Siehe, du sagtest: Das Wort löst die feste Materie auf in ihre inneren Grundformen, in deren Beschauung sich die Seele sättige; und wenn dann die Formen erst bis in den innersten Grund aufgelöst werden, daß wir dadurch dann in ihnen den Sinn des Geistigen erschauen, so nähren wir dadurch den Geist.

06] Das wollen wir dir allerdings zugeben; aber daß der Mensch mit seinem ohnmächtigen Worte die feste Materie lösen kann, wie allenfalls das glühende Erz einen Wassertropfen, - Bruder, denke nur selbst ein wenig nach, und du wirst deinen Hieb ins Blaue sicher auf der Stelle merken!

07] Rede zu einem Steine tausend Jahre und darüber, - wenn du überhaupt so lange leben kannst -, und der Stein wird ein Stein bleiben also, wie er geschaffen ward - freilich wohl durch ein mächtigeres Wort, als da ist das unsrige!

08] Daher aber möchten wir, weil uns auch an deiner Ehre sehr viel liegt wenn wir auch nicht wissen, aus welchem Stadtteile du zu uns kamst -, wohl sehr gerne haben, daß du möglicherweise diese Scharte auswetzen sollest, wenigstens jetzt, da dort am andern Tische sogar die hohen Gäste auf unser Geplauder zu achten scheinen, und sogar die zwei Mächtigen aus der Höhe!«

09] Der Redner aber erhob sich und sprach zu den gutmeinenden Kritikern: »Richtet sich die wahre Weisheit nach der ewigen Wahrheit, oder nach der Schwäche der Welt? - Welche Antwort wollt ihr Mir denn auf diese Frage geben? Wer von euch die Weisheit besitzt, der rede!

10] Ihr schweiget und suchet eine Antwort; Ich aber behaupte, daß ihr diesmal keine finden sollet, die Mir genügete! Habe Ich denn von einer materiellen oder mechanischen Löse der Materie geredet?

11] Ihr seid ganz gutmütig verlegen um Meine Ehre vor den hohen Gästen des andern Tisches; was soll denn nun Ich tun, um eure Ehre zu retten, indem ihr durch diese eure Frage und durch diese eure kritische Beurteilung Meiner Rede an euch zu eurem Wohle eine mehr als echt altweiberhafte Dummheit ans hellste Tageslicht gebracht habet?

12] Hatte Ich denn nicht geredet von einem innern lebendigen Worte der Liebe aus dem Herzen, welches sich zuerst in klaren Gedanken oder seelischen Formen ausspricht und dann übergeht in die Sprache des Gesichtes und dann erst, wenn es not tut, ob der Schwäche der Menschen von bloß groben Sinnen in die Mundsprache, damit die groben Sinne solch schwacher Menschen aus der öfteren Sättigung des Geistes in ihnen möchten verfeinert werden und sie dann mit solchen verfeinerteren, also lebendigeren Sinnen möchten beschauen die Dinge in ihrer Wahrheit und dadurch stets mehr und mehr sättigen ihren Geist, damit er als das eigentliche Leben im Menschen erstehe und ein vollkommener Herr sei in seinem Hause, - während er also gestaltet, wie es sich in euch nun bekundet hat, ein barster, nichtssagender Knecht der Materie, des Gerichtes und somit auch des Todes ist?!

13] Wenn Ich also nur von einem solchen Worte geredet habe, sagt Mir dann, wie ist vor Gott und aller Welt da euer Verständnis bestellt, daß ihr solches nicht habt fassen können und wolltet lieber mit eurer groben Dummheit euch auszeichnen als etwa mit einer freundlich-demütig-bescheidenen Frage über irgendeinen Punkt Meiner Rede, der euch etwas dunkel vorkam?«

14] Hier sahen einander die früheren Kritiker ganz verdutzt an, und keiner war imstande, auch nur eine allergeringste Rechtfertigung hervorzubringen.

15] Der Lamech aber sagte zum Henoch: »O Bruder Henoch, wenn es noch mehr solche Weise in dieser meiner Stadt gibt, da werde ich mich an ihrer Seite ganz sonderbar ausnehmen; - denn dieser redet ja, als wäre er schnurgerade aus den Himmeln hierher gekommen!«

16] Der Henoch aber sagte zum Lamech: »Bruder, gedulde dich nur! Der Redner ist noch nicht fertig; wenn Er aber wird fertig werden, dann werde ich dir schon sagen, was du zu tun hast! Es wird aber schon noch besser kommen; des kannst du völlig versichert sein. Daher nur Geduld! Amen.«





46. Kapitel: Rede des weisen Hauptredners über die innere Geistsprache und die äußere Mundsprache. (24.05.1843)
01] Nach einer Weile aber stand dennoch einer von den Kritikern auf und richtete folgende Worte an den Redner und sagte: »Höre, lieber Freund und Bruder! Daß du offenbar weiser bist als wir alle bei diesem Tische, das habe ich und sicher wir alle nun aus deinen Worten entnommen. Und so bin ich auch schon im voraus überzeugt, daß du uns allen meine folgende Hauptfrage lösen wirst; und so denn ersuche ich dich darum, daß du mich anhören möchtest

02] Der Hauptredner aber sagte zu diesem, der ihn fragen wollte; »Höre, die wahre Weisheit aus dem Herrn Gott Zebaoth sollte weder fragen, noch gefragt werden! Denn dem wahrhaft Weisen sagt sein inneres lebendiges Wort den Grund aller Wahrheit. Und der gefragte wahrhaftige Weise hat ebenfalls nicht vonnöten, gefragt zu werden; denn der Geist tut ihm kund das Bedürfnis seines Bruders.

03] Wenn du Mich aber fragen möchtest, sage, wie ist dann bestellt deine Mir ehedem von dir selbst als scharfem Kritiker angerühmte Weisheit?

04] Siehe, so du aber ein rechter Weiser bist, da solltest du im Lichte deiner Weisheit ja alsbald erschauen, daß Mir als einem Weisen ohne deine naturmäßig menschliche Frage bekannt sein muß, was dich drückt!

05] Du aber willst Mich fragen; bist du demnach ein Weiser, und hältst du Mich wohl für einen Weisen in der Tat und im Grunde deines Lebens?

06] Meinst du, die hohen Gäste wissen etwa solches nicht? Oh, gehe nur hin zu ihnen, und sie werden es dir sagen, was Ich dir nun gesagt habe!«

07] Hier ward der Kritiker sehr verlegen und wußte nicht, was er machen sollte; denn er entnahm den Worten des Hauptredners genau, daß dieser es gemerkt haben mußte, daß er ihm in dieser seiner aufstellen wollenden Frage habe eine kleine Fangschlinge legen wollen.

08] Da er aber dabei auch alsbald gewahrte, daß es sich mit diesem Hauptredner nicht so leicht werde abfertigen lassen, so fing er nach und nach ganz andere Saiten in seinem Herzen aufzuziehen an.

09] Und da der Hauptredner solches merkte, da richtete er alsbald folgende Worte an den Kritiker und sagte:

10] »Höre, Ich will dir auf deine Frage, die du, um Mich zu fangen, Mir ehedem geben wolltest, eine rechte Antwort geben, darum du in deinem Herzen nun einen andern Geist hast aufsteigen lassen; das aber sei die Antwort:

11] Du meintest, daß der Mensch ohne Wort sich nicht verständlich vor seinen Menschenbrüdern ausdrücken könnte, und so sei das Mundwort die Vollendung des stummen Gedankenwortes im Herzen, weil der Mensch dadurch sich erst als Mensch manifestiert vor allen andern Geschöpfen der Erde; und so müßte man Gott den Herrn ja nur allzeit mit den vollendeten Worten, aber nicht mit den inneren den Geist nur sättigenden Gedanken oder Gefühlsworten anbeten und danken und loben und preisen.

12] Siehe, das ist gerade der ganz verkehrte Weg! Eben dadurch, daß der Mensch ein Sinnen- und Weltdiener geworden ist und sich nach außen gekehrt hat, ist er auch in die äußere Mundsprache gekommen und kann nun seinen Bruder nicht anders verstehen denn durch das Wort des Mundes, welches an und für sich nichts ist als bloß nur die allerauswendigste Rinde eines Baumes.

13] Er hat aber dadurch unberechenbar viel verloren durch diesen scheinbaren Gewinn; denn wäre der Mensch bei seiner inneren Geistsprache geblieben, so stünde die ganze Schöpfung für ihn sprachfähig da, und er könnte verstehen die Dinge in ihrem Grunde. So aber ist er ein stummer Betrachter geworden und hat in sich verdorben alle seine Sinne durch seine Nachaußenkehrung, daß er darob taub, blind und gefühllos ward gleich der Rinde des Baumes und nichts vom Grunde der Dinge versteht; ja nicht einmal sich selbst kennt er und nicht das klagende Herz seines Bruders!

14] Möchtest du nun nicht noch auch dazu die Anerkennung und Anbetung Gottes, der doch das allerinwendigste Leben im Menschen Selbst ist, ganz nach außen richten, damit du dadurch auch Gott verlieren könntest und werden zu einem Heiden oder gar zu einem völligen Gottesleugner?!«

15] Hier ward es allen ganz sonderbar zumute am Tische des Redners sowohl als - bis auf den Henoch, den oberen Lamech und Hored - auch den am Haupttische Sitzenden.

16] Und der untere Lamech fing an, sich gar gewaltig hinter den Ohren zu kratzen, und hätte gern wieder eine Bemerkung gemacht, - aber der Redner war noch nicht zu Ende; darum harrte er auch geduldig auf den Ausgang dieser Sache.



47. Kapitel: Der aufgezwungene, unfreie Glaube und der freie, durch die Liebe zu Gott lebendig gewordene Glaube. (27.05.1843)
01] Nach einem kurzen Innehalten aber fing der Hauptredner an, wieder also fortzureden: »Du siehst nun, da Ich dir ein Lichtlein angezündet habe, ganz verdutzt Mich an und weißt nicht, was du aus Mir und Meinen Worten machen sollst.

02] In dir selbst fragst du dich: ,Wie sollte ich ein Heide, wie ein Gottesleugner werden, so ich bete mit dem Worte des Mundes zu Gott?! Könnte ich mit dem Munde wohl Gott bekennen, so ich Ihn nicht zuvor bekennete im Herzen, also in den Gedanken des Herzens?'

03] Ja, Mein Freund und Bruder, du bekennst zwar nun wohl Gott also, daß dein Mundwort ist ein Ausdruck dessen, was du in deinem Herzen denkst; warum aber?

04] Weil du den Herrn, deinen Gott, geschaut hattest und darum zu glauben genötigt bist, daß es einen Gott gibt, und wie Er ist beschaffen, und hast von Ihm gehört, was Er will mit dem Menschen!

05] Aber dieser Glaube ist keine Freiheit des Geistes, sondern eine tötende Knechtschaft desselben nur, indem du nun glauben mußt, daß Er es ist, Gott der Herr, weil du Ihn sahst und hast dich in der Macht Seiner Rede und Seines Tuns überzeugen müssen davon.

06] Aber dieser Glaube wird also nur dich halten und wird nicht übergehen können in dieser deiner überzeugenden Kraft auf deine Nachkommen; denn was du nun in dir überzeugend bekennst, das werden deine Nachkommen als mündliche Überlieferung darum halbwegs kaum für wahr halten, weil es nur eine mündliche Überlieferung sein wird, also bei weitem schwächer als da war deine Selbstanschauung.

07] In zehn Generationen von dir vorwärts aber wird diese deine entstellt überlieferte Überzeugung kaum mehr einer Beachtung gewürdigt werden, und das Heidentum wird die Frucht deines Mundglaubens sein, und dieser Frucht wird folgen die gänzliche Gottesleugnung und dieser doch etwa allersicherst das Gericht, indem der Mensch ohne im (das heißt außer dem) Verbande mit Gott schon gerichtet ist in seiner eigenen Todesnacht.

08] Wenn du aber Gott bekennst in deinem Herzen, das heißt durch deine lebendige Liebe zu Ihm und betest also im Geiste und in der Wahrheit zu Ihm, so wirst du abschütteln dein jetziges genötigtes Glaubensgericht, aus dem dir nie ein Heil erwachsen wird, und wirst dafür übergehen in den lebendigen Glauben, das heißt in ein lebendiges Schauen deines Geistes in dir, in dem sich ja am Ende alle deine Lebenskraft einen muß, wenn du ewig leben sollst.

09] Und in diesem lebendigen Schauen wirst du erst Gott wahrhaft erkennen und lebendig bekennen im Geiste und in der Wahrheit; und du wirst dieses Bekenntnis auch trachten in deinen Nachkommen zu erhalten, und diese werden es dir gleich tun, und das Heidentum, die Gottesleugnung, das Gericht und der Tod werden ferne bleiben allen deinen Nachkommen.

10] Denn das ist doch sicher und höchst ordnungsmäßig gewiß, daß da des Menschen Geist das Allerinwendigiste ist, gleichwie da ist der lebendige Keimfunke im Inwendigsten einer jeden Frucht.

11] Glaubst und betest du deinem Auswendigen, sinnlich Materiellen nach, so lockst du deinen Geist ja ebenfalls in dein Auswendiges und Materielles, das da aber ist dein Gerichtetes und somit Totes.

12] Tust du aber solches, so tust du in gleichem Maße geistig dasselbe, als so du möchtest eine Fackel, wenn sie brennt, in eine Schlammpfütze stecken! Ich frage dich: Wird sie da dann wohl noch fortbrennen und wird dir erleuchten deinen finsteren Pfad?

13] Dein Geist ist dein Licht und dein Leben; wenn du aber diesen erlöschest, was hast du dann wohl noch mehr Übriges, daraus dir ein Leben erwachsen solle?

14] Du lebst nun freilich wohl, da du Gott geschaut hast, und mußt nun glauben, daß Er ist; Ich aber sage dir, du wirst mit diesem Leben nicht übers Grab kommen, wenn du nicht in deiner Materie vergessen wirst, was du gesehen hast, und das Vergessene nicht neu durch die mächtige Liebe zu Gott wiederfinden wirst in deinem Geiste!

15] Was Ich dir jetzt aber gesagt habe, das halte so (ebenso) hoch, als was du gesehen hast, so wirst du das Leben haben ewig, sonst aber nur bis zum Grabe.

16] Solches verstehe wohl, und rede, so dir etwas dunkel ist, auf daß Ich es dir erhelle! Amen.«




48. Kapitel: Demütigung eines unaufrichtigen, gafflustigen Kritikers. Die Tauglichkeit des Mundwortes zur Lüge. (29.05.1843)
01] Und der ehemalige Kritiker bedachte sich eine kurze Zeit, ganz durchdrungen und zerknirscht von der Rede des Hauptredners, was er nun reden, erwidern oder welche Frage über irgendeine Dunkelheit in sich er so ganz eigentlich nun dem Hauptredner stellen solle.

02] Und es fiel ihm plötzlich nach einem eben nicht zu langen Nachsinnen ein, daß der Lamech die Einweihung des Bergtempels vorhabe; darum sagte er denn auch zum Hauptredner:

03] »Höre, du mein hochgeschätzter Freund und Bruder, ich bin von der tiefsten Wahrheit deiner an mich gerichteten Rede vollkommenst durchdrungen, erfüllt und klärlichst überzeugt, darum ich denn auch eine gar große Lust hätte, dich mit tausend und abermal tausend Fragen zu belästigen! Aber siehe, der Lamech hat noch am heutigen Tage die Einweihung des neuen Tempels auf dem Berge vor und macht Miene zum Aufstehen, und so wird sich vor dieser hochheiligen Handlung eben nicht zu viel mehr reden lassen; aber nach dieser Handlung will ich dich ganz und gar in Beschlag nehmen!«

04] Der Hauptredner aber sagte darauf zum Kritiker: »Höre, Bruder und Freund, - sind denn wir mit unserm Gespräch dem Lamech im Wege zu seiner bevorhabenden (bevorstehenden) Handlung?

05] Der Kritiker sprach: »Ja, es kommt hier meines Erachtens nur darauf an, daß wir entweder auch bei dieser Handlung dabeisein müssen, oder weil, wie ich merke, auch der Lamech, der Henoch und seine Begleiter aus der Höhe gar sehr auf deine Worte aufzupassen scheinen - wir halten damit den Lamech mit unserm Gerede auf!

06] Das wären darum die Umstände, die meines Erachtens unsere Gesprächsfortsetzung hier etwas überflüssig zu machen scheinen, von mir betrachtet dir zur Antwort, weil du mich darum gefragt hast. Übrigens aber will ich damit durchaus keine feste Behauptung aufgestellt haben vor deiner großen Weisheit; denn du wirst der Sache sicher tiefer auf den Grund kommen als ich, indem du doch ums unberechenbare weiser bist denn ich. Bestimme daher auch du, was hier zu tun ist, und ich will mich fügen nach deiner Weisheit!«

07] Und der Hauptredner erwiderte dem Kritiker: »ich meine aber also: Zur Tafel sind wir geladen worden und sind darum auch hierher gekommen; auf den Berg aber sind wir noch nicht geladen worden, und es ist uns auch nicht gesagt worden, was da nach der aufgehobenen Tafel geschehen soll. So haben wir auch mit der Einweihung des neuen Tempels auf dem Berge nichts zu tun!

08] Lamech und der Henoch werden schon ohne uns wissen, was sie zu tun haben, oder was sie tun wollen, und werden sich von unserer Beredung keine Schranke setzen lassen! Wollen sie uns etwa auch mithaben, so werden sie uns solches schon kundgeben, und wir werden ihnen, redend unter uns, folgen; im entgegengesetzten Falle aber werden wir doch etwa tun können, was wir unter uns wollen?!

09] Sage Mir, ist dieser Grund nicht richtiger und wirksamer als deine beanständlichen Bemerkungen? - Was meinst du darob nun?'

10] Der Kritiker aber wußte nicht was er auf diese Frage erwidern sollte und fing an, darob sehr stark nachzudenken; denn er war sehr schaulustig, und es lag ihm daran, die Einweihung mit anzugaffen.

11] Der Hauptredner aber merkte solches gar wohl und sagte darum zum verlegenen Kritiker: »Höre, Bruder und Freund! Ist es denn gar so schwer, in allen Dingen und Wendungen der Verhältnisse des Lebens aufrichtig zu sein?!

12] Siehe, da liegt in dir und vor dir sonnenklar, für was das Mundwort am besten taugt! Die Tauglichkeit des Mundwortes spricht sich nirgends so brauchbar aus als eben in der Lüge!

13] Du hast Mir Umstände angegeben, welche uns hindern sollten an unseren Unterredungen, die aber von dir ausgehend völlig erlogen sind; denn dich kümmert weder die Einweihung des Tempels noch die dazu bestimmte Zeit Lamechs, und ebensowenig seine Aufmerksamkeit, auf Meine Worte gerichtet, - sondern allein deine Gafflust kümmert es!

14] Denn du möchtest schauen die Zeremonie; damit du aber von dieser deiner Lust nichts vergeben dürftest, so möchtest du, daß Ich darob schweigen solle. Ist es nicht also?!

15] Welche Ehre für den Mann aber ist das wohl, so er hat ein weibisch Herz, das da ist voll geheimer Finten, vor denen Mich und jeden wahrhaft weisen Mann ekelt?!

16] Ich aber sage dir: Bessere dich, und reinige dein Herz darum, damit es Mich nicht ekeln solle, noch ferner zu reden mit dir über Dinge, die da alle wichtiger sind denn die nicht viel sagende Einweihung des Tempels!«

17] Diese Worte versetzten unserem Kritiker einen gewaltigen Stoß, und er fing an, sich ganz gewaltig zu schämen, daß er darob fliehen wollte; aber der Hauptredner hielt ihn ab von dieser flüchtigen Unternehmung.




49. Kapitel: König Lamech und Henoch im Gespräch über den weisen Redner und die Bergtempelweihe. Die innere Entsprechung des Tempels. König Lamech ladet den weisen Mann ein zur Tempelweihe. (30.05.1843)
01] Es hatte aber auch der Lamech vernommen solches Gespräch zwischen den zweien des andern Tisches und wandte sich darum zum Henoch und fragte ihn:

02] »Höre, Bruder im Herrn, dieser Mann dort ist für einen gewöhnlichen Menschen doch ein wenig zu weise, das heißt, ich will damit sagen: für einen Menschen in dieser Ebene und unteren Flachheit.

03] Er ist sicher auch von oben her etwa vom Herrn zu mir oder zu meinem Volke als ein Lehrer in der höheren und tieferen Weisheit des Lebens beschieden!

04] Daher meine ich, da er schon selbst von der allfälligen Einladung zur Weihe des Bergtempels angezogen (gesprochen) hatte, so wäre es doch sicher sehr schicksam, daß ich sogleich hinginge und brächte ihm somit selbst die gebührende Einladung dar! Meinst du nicht, daß solches gar rechtlich wäre?«

05] Und der Henoch erwiderte darauf dem Lamech: »Mein geliebter Bruder, - nun gehe hin und tue nach deinem Herzen; denn jetzt ist es an der Zeit!

06] Es muß aber dieser Weise bei der Weihe ja zugegen sein; denn der Tempel auf dem Berge bezeichnet ja die Weisheit des Herrn, welche Er uns gegeben hat aus Seiner großen Liebe und Erbarmung, und so muß dieser Tempel ja auch mit der göttlichen Weisheit unter uns, wie in uns eingeweiht werden!

07] Der Tempel in der gereinigten Tiefe gilt der Liebe und Erbarmung des Herrn und ist gleich dem Herzen im Menschen zugerichtet, das ehedem war eine Pfütze voll allen Unrates und allen Geschmeißes. In dieser Kloake mußte getötet werden die Fleischliebe (Siehe die Geschichte mit den Hofweibern unter dem Boten Kisehel an!), dann erst mußte durch starke heiße Winde alles Sumpfwerk ausgetrocknet werden, dann geebnet der Boden, und das Erdreich mußte durch ein starkes Feuer gleich den ehemaligen fleischlichen Hofweibern zum reinen Golde umgestaltet werden, und es mußten fein behauene Steine herbeigeschafft werden zum Baue des Tempels, also ein ganz neues Material, welches da fest ist und dauerhaft, nicht wie ein morsches Holz und schmutzig wie der stinkende Schlamm der Pfützen.

08] Siehe, also ist der innere Tempel Gottes im Herzen des Menschen durch den Tempel in der Ebene bildlich dargestellt und von Gott Selbst geweiht worden!

09] Der Herr aber hat dir dann auch geboten, einen Tempel auf dem gereinigten Berge zu errichten.

10] Der Tempel aber soll darstellen eure Weisheit und alles, was dieselbe bedingt.

11] Also müssen auch bei der Einweihung desselben die Menschen gegenwärtig sein, welche der Herr zu dem Behufe mit großer Weisheit aus Sich ausgerüstet hat.

12] Jener Mann aber ist ein wahrhaftiger Weiser aus Gott; daher gehe hin und lade Ihn zu der Einweihung des Tempels auf dem Berge!

13] Aber du sollst da niemand andern mehr laden; wenn aber jener Mann noch jemanden mitnehmen will, so sei da ein jeder, den Er mitnehmen wird, von dir als völlig geladen betrachtet!

14] Denn die Weisheit ist das Licht der Liebe, und dieses Lichtes Ausstrahlung ist wesenhafte, ewige Wahrheit. Darum gehe nun hin und tue nach deinem Herzen! Amen.«

15] Und der Lamech machte nach diesen Worten Henochs nur sozusagen einen Satz hin zum weisen Manne und lud ihn zur bevorstehenden Weihe des Tempels auf dem Berge ein.

16] Und der Mann sagte darauf zum Lamech: »Freund und Bruder, da du Mich geladen hast, so werde Ich auch kommen, dessen sei völlig versichert; aber den Ich mitnehme, der soll dir angenehm sein!

17] Denn Ich gehe einher auf dir unerforschlichen Wegen der ewigen Weisheit in Gott; darum ist auch ein jeder, den diese Weisheit ergreift, ein Diener der Weisheit aus Gott, und du sollst sein Bruder sein ewig!

18] Gehe aber nun hin, berichte solches dem Henoch, und er wird dich sogleich verstehen!

19] Erhebet euch aber bald, damit der Tempel noch am Tage eingeweiht werde auf der Erde! Amen.«


50. Kapitel: Rede des Weisen über den Zweck der Tempelweihe. Einladung des ganzen Volkes. (31.05.1843)
01] Als der Lamech aber diese Worte vernommen hatte, da grüßte er sogleich ehrfurchtsvollst den Redner und begab sich sogleich zum Henoch.

02] Allda angelangt, kündete er ihm alsbald, was er vom weisen Redner vernommen hatte.

03] Die Worte erfreuten aber alle Gäste des Haupttisches, und der Henoch sagte darauf gar freundlich zum Lamech:

04] »Also mache denn, daß wir uns erheben, damit der Tag nicht ehedem ende, als wir im Namen des Herrn werden den Tempel der Weisheit eingeweiht haben!«

05] Und der Lamech verkündete solches sogleich vom bestiegenen Throne, und alles Volk erhob sich.

06] Es machte aber das Tafelvolk auch Miene zum Mitgehen, welche Miene den Lamech etwas verlegen machte; aber der weise Redner ging hin zum Lamech und sagte zu ihm:

07] »Kümmert dich denn dessen, so die Kinder auch den Weg der Weisheit wandeln wollen? Ich aber meine, wir sollen es niemandem verwehren, der uns auf dem Wege der Gerechtigkeit Gottes folgen will.

08] Denn was die bevorstehende Tempelweihe nur bildlich darstellt, das soll lebendig zuvor von uns und vom Volke lebendig im Geiste geschehen.

09] Bevor der tote Tempel eingeweiht wird von dir, da sollen ehedem die vielen Tempel des Geistes Gottes in unseren Brüdern und Schwestern, die da sind ihre Herzen, eingeweiht werden! Siehe, das tut not, und ohne dem ist die Tempelweihe zu nichts nütze!

10] Wenn du aber das Volk daheimlassen möchtest und ohne es weihen den Tempel, sage Mir, für wen wird dann der Tempel geweiht sein?

11] Willst du als ein Unheiliger vor Gott - Ihm, dem allein Heiligen - den Tempel heiligen?

12] Das wird wohl nicht angehen, indem doch nur der Heilige, aber nicht der Unheilige etwas heiligen kann!

13] Gott aber sorgt nur für das Volk, und nicht für den Tempel, und ließ den Tempel des Volkes wegen von dir erbauen, aber nicht, daß Er je das Volk erschaffen hätte dieses erst einzuweihenden Tempels wegen!

14] Und so ist bei der bevorstehenden Handlung ja nur das Volk, aber nicht der Tempel, die Hauptsache und muß daher notwendig zugegen sein!

15] Denn wird das nicht der Fall sein, so wird der Herr für Sich die lebendigen Tempel im Volke wohl einweihen; aber dem toten Tempel auf dem Berge wird Er Seine Heiligung - versagen und den Berg wieder machen zu einer Wohnstätte der Schlangen und Nattern!

16] Also lade das Volk dazu und sende Herolde aus in die ganze Stadt; denn Ich habe es dir ja ehedem gesagt, daß du dem gestattest mitzugehen, den Ich werde mitnehmen wollen.

17] Siehe, der aber, den Ich mitnehmen will, ist das Volk! Und sonach kümmere dich nicht mehr; denn die Weisheit des Herrn im Menschen erkennt allein nur die rechten Wege des Herrn!«

18] Diese Worte brachten den Lamech fast um; denn er konnte über die hohe Weisheit dieses Menschen nicht genug erstaunen.

19] Er lief darum auch alsbald zu seiner Dienerschaft und sprengte sie sozusagen in die ganze große Stadt aus das Volk zu laden zur Tempelweihe auf dem Berge.

20] Als er aber wieder ebenfalls sehr schnellen Schrittes in den großen Saal trat, da ging ihm der Henoch entgegen und sagte zu ihm:

21] »Aber Bruder Lamech, warum hast du denn mich nicht um Rat gefragt, ob du das tun sollst, was dir der weise Redner geraten hat, da ich doch darum da bin?«

22] Der Lamech ward darob etwas verlegen - denn er wußte es nicht, daß ihn der Henoch nur prüfte - und sagte darum zum Henoch: »Bruder Henoch, ich war zu überrascht von der großen Weisheit des Mannes und auch überzeugt von der großen und tiefen Wahrheit, die da lag in seinen Worten, und konnte daher nicht umhin, zu tun danach!«

23] Und der Henoch umarmte den Lamech und sagte dann zu ihm: »Du hast vollkommen recht getan! Laß uns aber daher auch alsbald abziehen, damit wir vor dem Untergange der Sonne noch begehen die heiligende Handlung; solches geschehe im Namen des Herrn! Amen.«

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Und sollte ich vergessen haben, jemanden zu beschimpfen, dann bitte ich um Verzeihung!
Johannes Brahms


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