Rothschild-Bank soll in Milliarden-Deal von der Börse genommen werden Die Rothschild-Familie will den Aktionären ein Übernahmeangebot für den M&A-Spezialisten vorlegen. Auch eine üppige Sonderdividende ist geplant. Die Aktie steigt kräftig.
08.02.2023
Frankfurt. Die Bank Rothschild & Co. könnte von der Börse genommen werden. Entsprechende Pläne äußerte die Rothschild-Familie, der größte Aktionär der Bank, am Montag. Die in Paris gelistete Aktie von Rothschild & Co. stieg daraufhin um rund 17 Prozent auf 47 Euro.
Die Familienholding Concordia sei für eine Übernahme zu 48 Euro pro Aktie bereit, heißt es in der Erklärung der Familie. Demnach wird die Bank mit rund 3,7 Milliarden Euro bewertet. Die Familie besitzt Daten des Finanzdienstes Refinitiv zufolge 55 Prozent der Aktien und zwei Drittel der Stimmrechte.
Der Rückzug von der Börse ist ein weltweites Phänomen – die sogenannten Delistings sorgen dafür, dass das Angebot auf dem Kurszettel geringer wird. Gründe sind unter anderem die hohen Kosten der Notierung sowie der regulatorische und juristische Aufwand. Außerdem treten vermehrt aktivistische Investoren auf, die gegenüber den Vorständen auf geänderte Unternehmensstrategien dringen.
Rothschild & Co. hat drei Geschäftsbereiche: die Investmentbank, das Asset- und Wealth-Management sowie die Geschäftskundensparte. Concordia zufolge benötigt keiner der Geschäftsbereiche Kapital von der Börse beziehungsweise den öffentlichen Märkten. Die langfristige Performance in privatem Besitz sei wichtiger als das kurzfristige Denken in Quartalsgewinnen an der Börse.
Das Übernahmeangebot soll den Aktionären am 25. Mai vorgelegt werden. Zudem soll eine Sonderdividende von acht Euro pro Aktie ausgezahlt werden. Derzeit befinde sich Concordia in fortgeschrittenen Verhandlungen mit Investoren und Banken, um die Finanzierung der Übernahme abzuschließen, hieß es.
Rothschild: Eine der ersten Adressen im deutschen Investmentbanking Im Beratungsgeschäft mit Fusionen und Übernahmen war Rothschild & Co. im vergangenen Jahr die globale Nummer sechs. In den USA hat die Bank ihr Geschäft in den vergangenen Jahren ausgebaut. Bemerkenswert ist der Umstand, dass Rothschild trotz des turbulenten Marktumfelds den Ertrag im Jahr 2022 in jedem Quartal steigerte.
In Deutschland stand die Investmentbank 2022 bei der Beratung von Fusionen und Übernahmen an der Spitze, der Marktanteil betrug laut Refinitiv 34 Prozent. Die Banker waren beispielsweise am Börsengang von Porsche im vergangenen Jahr beteiligt und auch auf der Beraterseite bei der Verstaatlichung von Uniper aktiv. Im Asset-Management belief sich das verwaltete Vermögen zuletzt auf 98,6 Milliarden Euro.
Die Rothschild-Gruppe blickt auf eine über 200-jährige Tradition zurück, die aktuelle Struktur rührt von einer Neuordnung im Jahr 2012 her. Damals kam es zur Fusion zwischen der französischen Bank und der britischen Handelsbank NM Rothschild & Sons. Die Konzernstruktur wurde unter der französischen Mutter vereinheitlicht – so wurde die jahrzehntelange Rivalität auf beiden Seiten des Kanals befriedet.
Vor vier Jahren kam es zum Stabwechsel an der Spitze von Rothschild, als David de Rothschild den Weg frei machte für seinen Sohn Alexandre, der nun in siebter Generation die Führung übernommen hat. David de Rothschild blieb zunächst an der Spitze des Aufsichtsrates der Bank und gab diesen Posten zum 1. Januar 2023 an den langjährigen Rothschild-Manager Marc-Olivier Laurent ab.
Erstmals in der Geschichte der Bank wird dieser Posten damit von jemandem bekleidet, der nicht der Rothschild-Dynastie entstammt. Laurent gilt aber als enger Vertrauter der Familie. David de Rothschild gehört dem Aufsichtsrat als Ehrenvorsitzender weiter an.
Gegründet wurde Rothschild von Mayer Amschel, der in Frankfurt ein Münzgeschäft betrieb. Er schickte seine fünf Söhne unter anderem nach London, Paris, Neapel und Wien. Bekannt ist beispielsweise, dass Rothschild den Sieg des Duke of Wellington über Napoleon bei der Schlacht von Waterloo 1815 finanziert hat.
Mit dem geplanten Delisting endet die mehr als hundertjährige Börsengeschichte von Rothschild. Der Vorläufer der Bank notierte erstmals 1838 an der Pariser Börse, damals unter dem Namen Paris-Orléans.
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