Waldimir Putin über Atomkriegsrisiken, begrenzt auf Mittel- & Westeuropa – ggfs. ohne die USA
28.04.2024: W. Putin gibt vor seinem Rückflug am Flughafen von Taschkent eine PK
Dateianhang:
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“Der Krug geht solange zum Brunnen. bis er bricht!” Erwischt es zuletzt Mittel- & Westeuropa? Das wollten auch Journalisten von Präsident Putin wissen, bevor er noch seinen Flug zurück nach Moskau antrat:
Wladimir Putin beantwortet nach seinem Staatsbesuch
in der Republik Usbekistan Fragen der russischen Medien
Yegor Piskunov: Hallo, Herr Präsident. Jegor Piskunow, Fernsehsender Russia Today.
Ihr Besuch in Taschkent war in Bezug auf das dicht gedrängte Programm ein absolutes Novum. Sie haben zwei Nächte hier verbracht und einige von uns dachten, Sie könnten noch eine dritte Nacht bleiben. Sie hatten ein langes persönliches Gespräch mit dem usbekischen Präsidenten. Was sind Ihre Eindrücke? Welche Erwartungen haben Sie an die Zusammenarbeit mit Taschkent, insbesondere in Handels- und Wirtschaftsfragen? Und wie sind die Aussichten Usbekistans, an den Integrationsstrukturen im postsowjetischen Raum teilzunehmen? Ich danke Ihnen!
Wladimir Putin: Wie Sie wissen, bin ich am Sonntagabend hier eingetroffen, so dass wir an diesem Tag außer den offiziellen Veranstaltungen – einer Blumenniederlegung am Unabhängigkeitsdenkmal – nichts auf dem Programm hatten. Das war alles für diesen Tag.
Aber der nächste Tag war vollgepackt mit allen möglichen offiziellen Kontakten, Treffen und Gesprächen. Das alles geschah am Montag und wir arbeiteten bis spät in den Abend hinein. Das ist wahr. Die Gastgeber haben unseren Besuch auf diese Weise geplant. Es war das erste Mal, dass wir an einem Treffen der Regionen teilnahmen.
Wissen Sie, warum dieser Besuch so erfolgreich war? Die Zusammensetzung unserer Delegation war beeindruckend: Sie umfasste fast die Hälfte der russischen Regierungsmitglieder mit allen wichtigen Ministern. Es versteht sich von selbst, dass ein Treffen, an dem die Leiter der Regionen und die Kabinettsminister beider Seiten teilnahmen, zu einer umfassenden und erfüllenden Diskussion führte. Ich beziehe mich dabei nicht einmal auf die Zahl der unterzeichneten Dokumente, sondern auf den tatsächlichen persönlichen Kontakt zwischen den Personen, die zusammenarbeiten wollen und wissen, wie das geht. Russland hat ein echtes Interesse am Ausbau seiner Beziehungen zu Usbekistan.
Erstens ist Usbekistan derzeit nach Russland das zweitbevölkerungsreichste Land im postsowjetischen Raum. Heute leben dort 37 Millionen Menschen und jedes Jahr kommen eine Million hinzu. Auf diese Weise wächst die Bevölkerung Usbekistans.
Das Land verfügt über eine pulsierende, schnell wachsende Wirtschaft, die erheblich an Schwung gewonnen hat. Im vergangenen Jahr ist das BIP Usbekistans um sechs Prozent gewachsen, was im Vergleich zu anderen Ländern der Welt eine große Leistung darstellt. Der Präsident Usbekistans hat einen wirksamen Regierungsrahmen und ein wachstumsorientiertes Wirtschaftsmodell eingeführt.
Wir haben viele gemeinsame Pläne in den Bereichen industrielle Zusammenarbeit, Energie und Infrastruktur, wie Sie wahrscheinlich gesehen und auch gehört haben.
Usbekistan steht vor einigen Problemen, weil es ein Binnenland ist und keinen Zugang zum Meer bzw. Ozean hat. In diesem Zusammenhang können wir und andere regionale Partner Maßnahmen ergreifen und unseren Freunden in Usbekistan bei der Lösung dieser logistischen Aufgabe helfen, um ihnen wesentliche Voraussetzungen für den Zugang zu externen Märkten zu verschaffen. Wir haben hier eine Menge zu besprechen. Es gibt also sehr viele Fragen und es gibt ein großes Volumen an potenziellen Projekten.
Wie Sie wissen, haben wir einen 500-Millionen-US-Dollar-Fonds zur Durchführung gemeinsamer Arbeiten eingerichtet, wobei die russische Seite 400 Millionen US-Dollar zu diesem Betrag beigetragen hat. Das bedeutet nicht, dass wir mehr Geld haben, sondern dass wir große Interessen in diesem Teil Asiens verfolgen, um diese zu verwirklichen, zumal das politische System stabil ist und die Bedingungen für Investitionen in die usbekische Wirtschaft stimmen. Ich wiederhole, wir sind sehr interessiert und das erklärt unsere intensiven Kontakte.
Was die Integrationsprozesse betrifft, so bestehen wir nie auf etwas. Um ehrlich zu sein, hatte Nursultan Nasarbajew, der erste Präsident Kasachstans, diese Integrationsprozesse in Bezug auf die EAEU eingeleitet (wir sprechen natürlich vor allem über die Wirtschaft). Diese Organisation hat eine beträchtliche Dynamik entwickelt und hat für alle Beteiligten echte Ergebnisse hervorgebracht. Es steht jedoch jedem souveränen Staat frei, sich für oder gegen eine Teilnahme zu entscheiden. Diese Entscheidung wird von bestimmten Interessen, vor allem wirtschaftlicher Natur und wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit geleitet. Wir haben unterschiedliche Niveaus der wirtschaftlichen Entwicklung und Entwicklung des Finanzsystems erreicht. Sowie eine bestimmte Regierung eine relevante Entscheidung über die Teilnahme (oder Nichtteilnahme) an einem bestimmten Integrationsverband trifft, geht sie in erster Linie von diesen Überlegungen aus.
Wenn eine Volkswirtschaft wie die usbekische der Assoziation beitritt, dann kann diese meiner Meinung nach davon nur profitieren. Aber auch die usbekische Wirtschaft sollte davon profitieren. Das ist ein ziemlich komplizierter Verhandlungsprozess, denn bei der Gründung der EAEU haben wir viele Tage und Nächte darüber debattiert, welche konkreten verbindlichen Bedingungen und gegenseitigen Verpflichtungen sich daraus ergeben. Es handelt sich also um einen stetigen und reibungslosen Prozess.
Unsere Volkswirtschaften nähern sich an – entwickeln sich und zahlreiche gemeinsame Projekte sind im Entstehen. Wir werden schrittweise unsere gemeinsamen Interessen im Bereich der späteren Zusammenarbeit und der Beteiligung an Integrationsverbänden festlegen.
Pavel Zarubin: Guten Abend! Pavel Zarubin, Rossiya TV Channel.
Es tut mir leid, aber ich habe zwei Fragen, die beide umfangreich sind. Hier ist die erste: Sie sind nach Taschkent gereist und wir sind zusammen – praktisch direkt aus Minsk – mit Ihnen angekommen. In Folge sind wir an diesem Thema interessiert: In Minsk haben Sie auf die Frage nach der Legitimität von Selenskyj und mit wem man Gespräche führen sollte, Stellung bezogen, falls diese möglich wären. Sie sagten, man müsse gemäß Verfassung der Ukraine nachprüfen, welche Regierungsbehörden ohne Wahlen ihr Amt noch ausüben können. Nun, wenn man von der Verfassung der Ukraine ausgeht, ist die Werchowna Rada das einzige Organ, das jetzt walten kann. Kein Wort wird über die Erweiterung der Befugnisse des Präsidenten verloren. Selenskyj scheint weiterhin ausschließlich auf der Grundlage des Kriegsrechts im Amt zu bleiben. Sie sagten, es sei eine rechtliche Analyse erforderlich. Werden wir diese Analyse durchführen? Mit wem würden wir sprechen, falls wir das tun sollten?
Darf ich Ihnen gleich die zweite Frage stellen?
Wladimir Putin: Nur zu, bitte: Was immer Ihnen am besten passt.
Pavel Zarubin: Von hohen westlichen Podien dringen immer kriegerischere Töne herab. Jetzt heißt es sogar, man wolle Kiew erlauben, mit westlichen Waffen tief in russisches Gebiet zu treffen. Der EU-Verteidigungsminister hat sich heute zu diesem Thema geäußert und der NATO-Generalsekretär verlautete Folgendes: «Wir übergeben an Kiew Waffen und betrachten sie von diesem Moment an als ukrainisch, so dass die Ukraine mit diesen Waffen machen kann, was immer sie möchte, um gegebenenfalls auch auf russischem Gebiet zuzuschlagen, falls sie es für notwendig erachteten».
Ich danke Ihnen vielmals!
Wladimir Putin: Die erste Frage bezog sich auf die Legitimität der ukrainischen Macht. Es ist in der Tat notwendig, eine ernsthafte und tiefgreifende Analyse dieser Frage anzustellen.
In der ersten Frage, die sich stellt und von meinen Kollegen erwähnt wurde, geht es um Folgendes: Die Verfassung der Ukraine erweitert nur die Befugnisse der Rada. Sie sagt nichts über die Ausweitung der Befugnisse des Präsidenten aus. Das ist der erste Punkt.
Zweitens: Das Gesetz der Ukraine über die Rechtsstellung, die Rechtslage und das Kriegsrecht besagt in der Tat, dass in Zeiten des Kriegsrechts keine Präsidentschaftswahlen stattfinden. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie [die Präsidentschaft] verlängert würde. Die Wahlen werden nicht abgehalten, aber wer hat gesagt, dass sie verlängert werden müsste? In der Verfassung steht nichts dazu. In Artikel 111 der ukrainischen Verfassung heißt es nur, dass in diesem Fall die Befugnisse der obersten Gewalt, d. h. die Befugnisse des Präsidenten, auf den Parlamentspräsidenten übergingen. Dies gilt umso mehr, als die Befugnisse des Parlaments in Zeiten des Kriegszustands erweitert sind. Dies ist eine vorläufige Analyse. Wir sollten uns noch eingehender mit dieser Frage befassen.
Einige Fachleute sagen, dass es Widersprüche zwischen der Verfassung, die nur die Ausweitung der Befugnisse der Rada während des Kriegsrechts vorsehe und dem Gesetz gebe, das ich gerade erwähnt habe – ich denke, es ist das Gesetz aus dem Jahr 2016, das den rechtlichen Status des Kriegsrechts definiert. Wie ich bereits sagte und ich wiederhole es: Dieses Gesetz vor, dass die Präsidentschaftswahlen nicht abgehalten werden, aber es wird darin nichts über eine Verlängerung gesagt und das ist ein Problem.
Woran liegt das? Es geht darum, dass die ukrainische Staatlichkeit im Wesentlichen auf der Idee einer parlamentarisch-präsidentiellen Republik und nicht auf der einer Präsidialrepublik beruht. Die wichtigsten Hebel der Macht sind im repräsentativen Staatsorgan konzentriert. Daher ist es nur logisch, dass die Verfassung selbst und andere auf ihrer Grundlage erlassene Rechtsakte auf diese Weise ausgelegt werden.
Streng genommen bleiben also – ich spreche hier nur von einer vorläufigen Einschätzung – das Parlament und der Präsident der Rada die einzige legitime Macht. Wenn sie also Präsidentschaftswahlen abhalten wollten, hätten sie demnach einfach das Kriegsrecht aufheben und Wahlen abhalten können. Aber das wollten sie aus einer Reihe von Gründen nicht.
Ich meine und das hat nichts mit der Verfassung zu tun, dass die derzeitigen Bosse der Ukraine, die in Übersee residieren, unter Umständen alle unpopulären Entscheidungen der derzeitigen Exekutive aufbürden wollten. Dazu gehört auch die Verabschiedung eines weiteren Beschlusses zur weiteren Senkung des Alters zur Wehrpflicht. Es lag bei 27 Jahren, jetzt liegt es bei 25 Jahren und demnächst vielleicht bei 23 oder sogar 18 Jahren.
Ich glaube, dass nach diesen und anderen unpopulären Entscheidungen diejenigen, die heute als Vertreter der Exekutive dastehen, durch Personen, die nicht für die unpopulären Entscheidungen verantwortlich waren, ersetzt werden würden. Diese Vertreter würden im Handumdrehen einfach ausgetauscht. Wenn dies die Idee ist, wäre die Logik im Prinzip verständlich. Warten wir ab, was als Nächstes passiert.
Aber, wie ich in Minsk schon sagte, sollte das letzte Wort beim politischen und rechtlichen System der Ukraine liegen. Dieses System sollte formulieren und erklären, was in der Ukraine zu geschehen hätte. Ich glaube, das ist in der Tat nicht allzu schwierig. Ich wiederhole zum dritten Mal, dass das Gesetz von 2016 unter Kriegsrecht die Durchführung von Präsidentschaftswahlen verbietet, aber nichts über die Ausweitung besagter Befugnisse wissen lässt. Also, was nun? Siehe Artikel 111 der Verfassung: Alle Befugnisse werden dem Präsidenten des Parlaments übertragen.
Was die Angriffe [auf russisches Territorium] angeht, bin ich mir ehrlich gesagt nicht sicher, wovon der NATO-Generalsekretär spricht. Als er noch norwegischer Ministerpräsident war, standen wir miteinander in Kontakt und adressierten schwierige Fragen im Zusammenhang mit der Barentssee und anderen Themen.
Im Allgemeinen kamen wir klar und er [der NATO Chef] machte den Eindruck, dass er damals noch nicht an Demenz litt.
Wenn er heute davon spricht, russisches Territorium möglicherweise mit Präzisionswaffen großer Reichweite angreifen zu lassen, dann sollte er als Leiter einer militärisch-politischen Organisation, auch wenn er, wie ich nur Zivilist ist, wissen, dass Präzisionswaffen mit großer Reichweite nicht ohne weltraumgestützte Aufklärung eingesetzt werden können. Das ist mein erster Punkt.
Mein zweiter Punkt ist, dass die endgültige Ziel-Auswahl und die so genannte Start-Abschuss-Auftragserteilung nur von hochqualifizierten Spezialisten vorgenommen werden kann, die sich auf besagte technischen Aufklärungsdaten [aus dem Weltraum] stützen. Bei einigen Angriffssystemen, wie Storm Shadow [Marschflugkörper aus britischer Produktion], kann diese Start-Abschuss-Auftragserteilung automatisch durchgeführt werden, ohne dass ukrainische Militärs dafür benötigt würden.
Wer macht das? Diejenigen, die diese Angriffssysteme herstellen und diejenigen, die sie an die Ukraine mutmaßlich lieferten, tun dies.
Dies kann und wird ohne die Beteiligung des ukrainischen Militärs geschehen.
Der Abschuss anderer Systeme, wie z. B. ATACMS [Marschflugkörper aus US-Produktion], beruht ebenfalls auf Weltraum-Aufklärungsdaten, wobei die Ziele identifiziert und automatisch an das entsprechende Bedienungspersonal, die möglicherweise nicht einmal wissen, was sie genau tun, übermittelt werden. Das Bedienungspersonal – gegebenenfalls sogar ein ukrainisches – gibt dann die entsprechenden Abschuss-Einsatz[daten] ein.
Die Einsatz[daten] werden jedoch von Vertretern der NATO-Länder zusammengestellt, nicht vom ukrainischen Militär.
So, diese Offiziellen der NATO-Länder, welche in Europa und speziell in den kleinen europäischen Ländern stationiert sind, sollten sich also völlig im Klaren darüber sein, was auf dem Spiel steht.
Sie sollten beachten, dass es sich um kleine und dicht besiedelte Länder handelt, was ein Faktor ist, mit dem man rechnen muss, bevor sie anfangen anzukündigen, tief ins russische Hoheitsgebiet zu zielen.
Es handelt sich um eine ernste Angelegenheit, die wir zweifelsohne sehr genau im Auge halten.
Das Hauptaugenmerk liegt auf den Entwicklungen in den Außenbezirken von Charkow. Aber sie waren es, die diese Ereignisse provozierten. Ich habe öffentlich klargestellt – ich meine, es war vor sechs Monaten, dass wir einen Sicherheitsbereich schaffen müssen, wenn sie weiterhin Wohnviertel angreifen. Es ist noch nicht lange her, dass wir damit anfingen, genau das zu tun, was ich damals angekündigt habe.
Zuerst haben sie uns im Donbass provoziert. Acht lange Jahre haben sie uns hinters Licht geführt und uns glauben gemacht, dass sie das Problem friedlich lösen wollten, doch haben uns schließlich dazu gebracht, mit Hilfe der Streitkräfte zu versuchen, den Frieden wiederherzustellen. Dann haben sie uns während des Verhandlungsprozesses getäuscht und beschlossen, dass sie uns auf dem Schlachtfeld besiegen wollten, um Russland eine strategische Niederlage zu bereiten. Wir haben sie davor gewarnt, in unser Territorium einzudringen und Belgorod und die angrenzenden Gebiete zu beschießen, da wir ansonsten gezwungen wären, eine Sicherheitszone einzurichten.
Schauen Sie sich an, was Ihre westlichen [Medien-]Kollegen berichten: Niemand spricht vom Beschuss Belgorods oder anderer angrenzender Gebiete. Sie reden nur davon, dass Russland eine neue Front eröffnete und Charkow angreife. Kein einziges Wort, warum dem so sei?
Sie haben es mit ihren eigenen Händen angerichtet. Nun, sollen sie doch die Früchte ihrer Raffiniertheit ernten.
Das Gleiche kann passieren, falls die von Ihnen angesprochenen Präzisionswaffen mit großer Reichweite eingesetzt werden.
Ganz allgemein kann diese nicht enden wollende Eskalation schwerwiegende Folgen nach sich ziehen:
Wenn Europa mit diesen schwerwiegenden Folgen konfrontiert würde, was werden die Vereinigten Staaten angesichts unseres strategischen Waffengleichstands tun? Das ist schwer zu sagen.
Sind sie auf einen globalen Konflikt aus? Ich denke, sie wollten sich auf strategische Waffen [-Abkommen] einigen, aber wir sehen nicht, dass sie wirklich darauf aus scheinen, dies zu tun. Sie reden zwar darüber, tun aber nicht viel, um es zu verwirklichen. Wir werden abwarten und sehen, was als Nächstes passiert.
Viktor Sineok: Herr Präsident, mein Name ist Viktor Sineok, Izvestiya.
Mehrere Monate vor Ihrem Besuch kamen Delegationen des US-Finanzministeriums und anderer Behörden, die das Sanktionsregime umsetzen, in zentralasiatische Länder, darunter auch Usbekistan. Auf die zentralasiatischen Hauptstädte wurde ein noch nie dagewesener Druck ausgeübt, um alle Möglichkeiten und Aussichten einer Zusammenarbeit mit Russland auszuschließen und abzuwürgen. Was halten Sie von diesem Verhalten? Kann Russland diesem Druck auf die zentralasiatischen Länder, einschließlich Usbekistan, entgegenwirken?
Wenn Sie gestatten, möchte ich ganz kurz eine zweite Frage stellen: Es wurde bekannt, dass Russland die Möglichkeit in Betracht ziehe, die Taliban von der Liste der terroristischen Organisationen zu streichen. Wie ist diese Entscheidung zustande gekommen und warum? Wie wird sie sich auf unsere Beziehungen zu Afghanistan auswirken und wann wird sie in Kraft treten?
Wladimir Putin: Ich werde mit dem zweiten Teil beginnen.
Darüber wird ständig diskutiert und ich werde mich jetzt nicht dazu äußern, denn die Beziehungen zu den Taliban und Afghanistan werden ständig diskutiert. Es lässt sich nicht leugnen, dass es in Afghanistan Probleme gibt. Jeder weiß das sehr gut.
Wie können wir unsere Beziehungen zu dem derzeitigen Regime gestalten? Das ist eine ganz andere Frage. Aber wir müssen es tun. Das sind die Leute, die das Land und sein Territorium kontrollieren – sie sind heute die Macht in Afghanistan. Wir müssen uns der Realität stellen und die Beziehungen entsprechend gestalten.
Wir stehen in Kontakt mit vielen Partnern – auch mit vielen Partnern in der zentralasiatischen Region. Wir berücksichtigen die Meinung eines jeden Partners und Freundes und werden diese Position gemeinsam festlegen.
Was den ersten Teil Ihrer Frage anbelangt, so ist daran nichts Neues. Ich meine die “Reisenden”, die in der ganzen Welt herumfliegen, sei es in Lateinamerika, in Afrika oder im Osten und alle bedrohen. Es sind die Elemente imperialen Verhaltens. Amerikanische politische Beobachter und Analysten sagen direkt, dass die Vereinigten Staaten ein Imperium und ihre imperialen Ambitionen in hohem Maße mit innenpolitischen Ereignissen verbunden wären. Die Präsidentschaftswahlen stehen kurz bevor und die derzeitigen Machthaber wollen ihren Status als Imperium untermauern. Vielen in den Vereinigten Staaten gefällt das nicht, sie wollen kein Imperium sein und die imperiale Last schultern. Sie wollen keine solche Verantwortung tragen, ihr Land keinen Gefahren aussetzen und es nicht in eine schwierige Situation bringen.
Was ist mit Zentralasien? Usbekistan ist nicht nur das größte Land in Zentralasien. Es ist nach Russland das zweitgrößte Land in Zentralasien – 37 Millionen Einwohner. Aber die “Reisenden” aus den USA fliegen in alle Teile der Welt. Wie Sie wissen, besuchte die Finanzministerin vor kurzem, so glaube ich, auch China. Worüber hat sie gesprochen? Ich meine schon in Minsk daran erinnert zu haben: Sie [Janet Yellen] sagte, die Chinesen würden zu viele Autos produzieren. Sie sprachen über die Überproduktion von Autos. Ich glaube nicht, dass die US-Finanzministerin eine bildungsferne Person ist. Es ist einfach nur ein Jonglieren mit Fakten.
Was ist Überproduktion? Wenn wir unter Marktbedingungen leben, regelt der Markt, ob es sich um Überproduktion handelt oder nicht. Solange Menschen Produkte kaufen und diese mit Gewinn produzieren, gibt es keine Überproduktion. Wie sonst kann man ein anderes Land zwingen, die Produktion verschiedener Produkte einzustellen? Durch Gewaltanwendung – durch Sanktionen – doch, das sind Varianten der Gewaltanwendung und so versuchen sie überall auf der Welt aufzutreten.
Schwache, unsichere Länder, vor allem solche mit Dutzenden von NRO [Nicht-Regierungsorganisationen], die sich aus amerikanischen Händen nähren, picken sich natürlich das heraus, was ihnen eingegeben wurde und natürlich ist es in diesen Ländern leichter, das öffentliche Bewusstsein zu manipulieren, leichter, die amtierenden Behörden unter Druck zu setzen. Aber die Länder, in denen sich die Behörden selbstbewusst fühlen, in denen sie ihre gesamte Tätigkeit der Stärkung der Souveränität, den Interessen ihres Volkes und ihres Landes widmen, reagieren nicht auf solch zwingenden Befehle von jenseits des Ozeans. Dies gilt für große Länder und kleine Staaten, sofern sie unabhängig und würdevoll geblieben sind.
Wir wissen, dass auch auf Zentralasien Druck ausgeübt wurde. Bis jetzt habe ich noch keine Leute getroffen, die niederknien, um blindlings irgendwelchen Erlassen von jenseits des Ozeans zu gehorchen.
Amerikaner und Europäer unternehmen sicherlich bestimmte Schritte, die unseren Partnern schaden, aber letztendlich ist dies eine souveräne Entscheidung eines jeden Landes, wie es seine Politik gestalten will, ob es für seine Souveränität kämpft oder nicht oder, ob es Souveränität als Wert betrachtet oder nicht und in diesem Sinne.
Ich denke, Souveränität stellt einen Wert dar. Denn, wenn ein Land erfolgreich sein möchte, hat es souverän zu sein, selbst auf sozioökonomischer Ebene. Wenn es erfolgreich sein will, muss es souverän sein. Andernfalls werden andere Staaten es stets unter Druck setzen und fremden Interessen unterwerfen – so wie sie es jetzt mit China mit den E-Autos versuchen.
Sie werden dasselbe mit Düngemitteln, Chemikalien, Flugzeugen – was auch immer – tun. Wir sind damit konfrontiert. Ja, wir sehen das und es liegt nichts Gutes darin. Dies schadet sowohl der internationalen Sicherheit als auch der Weltwirtschaft.
Konstantin Panjuschkin: Guten Tag, Herr Präsident. Mein Name ist Konstantin Panyushkin, Channel One.
Gestern wurde berichtet, dass der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Oleksandr Syrskyj, den Einsatz französischer Söldnerausbilder, die als Militärs benannt werden können, auf dem Territorium der Ukraine genehmigt hat. Nun ist es offiziell und wurde letztlich öffentlich gemacht. Außerdem hofft Syrskyj, dass auch die anderen Partner des Kiewer Regimes dem französischen Beispiel offiziell folgen werden. Was denken Sie darüber und wie weit kann das gehen?
Erlauben Sie mir bitte, im Anschluss an die Frage der Legitimität noch eine kleine Klarstellung vorzunehmen. Aus Ihrer Antwort geht klar hervor, dass Sie in der Ukraine praktisch niemanden haben, mit dem Sie reden können, solange die westlichen Handlanger Selenskyj in Kiew nicht ablösen würden. Aber ich wollte fragen: Hat Alexander Lukaschenko Ihnen das ukrainische Militär als Gesprächspartner angeboten?
Wladimir Putin: Mit wem? Den Militärs?
Konstantin Panjuschkin: Ja, das Militär.
Wladimir Putin: Leider hat Herr Lukaschenko noch nicht das Kommando über das Militär in der Ukraine. Wäre das der Fall, hätten wir diesen Konflikt schon längst und zur beiderseitigen Zufriedenheit beendet. Wir hätten eine Lösung für die Ukraine gefunden, falls die Ukraine dann von Menschen geführt würde, die sich von nationalen Interessen leiten ließen, doch nicht von den Interessen ihrer Herren in Europa oder Übersee.
Was die Tatsache betrifft, dass es in der Ukraine möglicherweise Söldner gäbe, so ist uns das durchaus bekannt, das ist nichts Neues. Die Tatsache, dass die Militärs in der Ukraine jetzt sagen, dass sie [die Franzosen] kommen könnten, liegt daran, dass sie schon seit langem dort sind. Wir hören Englisch, Französisch oder Polnisch im Sprechverkehr. Wir wissen, dass sich diese Söldner dort aufhalten.
Aber unter dem Deckmantel der Söldner gibt es dort auch Spezialisten.
Es gab eine Frage zu den Präzisionswaffen großer Reichweite und wer diese Waffen kontrolliert und betreut? Natürlich die gleichen Ausbilder, die nur als Söldner getarnt sind. Es gibt sie und sie erleiden Verluste. Vielleicht wurde diese Aussage gemacht, weil es für sie offenbar immer schwieriger wurde, diese Verluste zu verbergen. Vielleicht ist es deshalb an der Zeit, zu zeigen, dass es sie offiziell gibt, so dass diese Verluste realistisch und legal ausgewiesen werden können. Ich weiß es nicht – vielleicht.
Was die verschiedenen Kontingente betrifft, so habe ich bereits darüber gesprochen. Die polnischen Behörden sagen, sie seien bereit, ihre Kontingente zu entsenden. Wir können polnischen Sprechverkehr hören, wobei es viele Söldner aus Polen gibt. Sowie einige Kontingente aus europäischen Ländern zusammen mit den Polen in die [Ukraine] eingereist sind, werden nachfolgend andere wieder abgezogen, während jedoch die Polen das nie tun werden. Das ist offensichtlich, zumindest für mich. Ich könnte mich irren, aber ich bezweifle das.
Daher ist dieser Vorwand, “einige ukrainische Einheiten an der Grenze freizusetzen, sie freizusetzen, um sie auf das Schlachtfeld zu werfen und sie [die Söldner] an den Grenzen zu halten, um die Sicherheit zu gewährleisten”, das ist Unsinn: Wenn sie dort sind, dann fallen sie auch unter das Einsatzgebiet unserer Streitkräfte.
Ich glaube nicht, dass dies die richtige Entscheidung oder einen guten Ausweg darstellt.
Das ist eine Eskalation und ein weiterer Schritt in Richtung eines großen Konflikts in Europa und weltweit.
Brauchen sie [der kollektive Westen] das? Sie sind willkommen! Wir werden weiterhin das tun, was wir für richtig halten, unabhängig davon, wer sich auf dem Territorium der Ukraine aufhält. Und das sollten sie sich merken.
Alexej Golowko: Alexej Golowko, Fernsehsender Rossija.
In der westlichen Presse wurde berichtet, dass die westlichen Länder nach der Schweizer Konferenz über die Ukraine angeblich eine weitere Konferenz in Saudi-Arabien abhalten und Russland offiziell dazu einladen wollen, um Moskau eine vergeblich gemeinsame Position zu bieten und eine Art von Gesprächen zu beginnen.
Herr Präsident, wenn wir einen solchen Vorschlag erhalten, würde Russland an dieser Konferenz teilnehmen? Wenn ja, unter welchen Bedingungen?
Wladimir Putin: Ich habe jetzt keine Antwort, denn ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Sie sagen, dass sie jetzt nicht bereit wären, Russland einzuladen, doch später würden sie es sein. Wir haben ihnen nie eine Absage erteilt: Weder jetzt, noch später, noch vor einem Jahr. Wir haben gesagt, wir sind bereit.
Es waren nicht wir, die die Gespräche abgebrochen haben. Uns wurde gesagt: “Das war’s, wir werden keine Gespräche mehr mit euch führen”. Sie hätten auch sagen können, dass sie mit den in Istanbul getroffenen Vereinbarungen nicht zufrieden gewesen wären. Die Gespräche wurden in Minsk aufgenommen und in Istanbul abgeschlossen bzw. zu einem gewissen Abschluss gebracht. Sie hätten dies sagen können, wenn der Leiter des ukrainischen Verhandlungsteams die Zusammenfassung der Vereinbarung, die wir als Entwurf vorbereitet hatten, nicht unterzeichnet hätte.
Er hat es paraphiert, was bedeutet, dass es der Ukraine passte. Es wurde ihnen befohlen, die Vereinbarung in die Mülltonne werfen und zu versuchen, Russland auf dem Schlachtfeld zu schlagen, um Russland eine strategische Niederlage zu bereiten. Aber er [der ukrainische Verhandlungsführer] hat direkt und öffentlich gesagt: “Hätte man uns nicht aus dem Ausland (in diesem Fall aus Großbritannien, das heißt aus den USA – was dasselbe ist) befohlen, hätten die Feindseligkeiten schon vor anderthalb Jahren aufgehört. Er hat dies gesagt.
Wir haben uns nie geweigert, auf dieser Grundlage zu sprechen und wir sind bereit, den Verhandlungsprozess fortzusetzen. Aber wir wissen nicht, was und wer uns in einer angenommenen weiteren Phase offeriert würde, angesichts der Legitimität der ukrainischen Vertreter. Daher habe ich keine Antwort auf diese Frage.
Ich bin immer wieder erstaunt über die Eskapaden unserer “Freunde” und Partner, die behaupten, Russland lehne Gespräche ab.
Ich habe das schon tausendmal gesagt, aber anscheinend fehlen ihnen die Ohren: Nein, wir lehnen die Gespräche nicht ab.
Die Ukraine hat sie öffentlich abgelehnt. Sie hat das Abkommen paraphiert und es abgelehnt, um uns auf dem Schlachtfeld zu besiegen. Das ist ihnen nicht gelungen. Jetzt sind sie bereit. Nun, wenn Sie bereit sind, sollten Sie zurückkommen. Wo liegt das Problem?
Doch sie malen sich aus freien Stücken was aus – ausgehend von ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen, um den Anschein weltweiter Unterstützung zu wecken und dies als konsolidierte Position der internationalen Gemeinschaft darzustellen – doch, das wird ihnen nicht gelingen. Das zeigt, dass sie nicht zu einer Einigung kommen wollen, sondern immer noch versuchen, etwas zu erreichen, um das Blatt auf dem Schlachtfeld zu wenden – doch vergeblich. Je mehr Versuche sie unternehmen werden, desto mehr Verluste werden sie einfangen und diese Verluste werden keineswegs zu Gunsten der Streitkräfte der Ukraine ausfallen.
Warum ist das so? Die derzeitigen Machthaber der Ukraine haben kein Mitleid mit diesen Menschen. Sie betrachten sie nicht als ihr eigenes Volk. Das ist der Kern des Problems und der Tragödie der Ukraine heute.
Sie betrachten dieses Volk nicht als ihr eigenes Volk.
Sie schützen heute die Interessen des ukrainischen Volkes nicht: Ich hoffe, dass die Menschen das irgendwann doch noch begreifen werden!