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 Betreff des Beitrags: Über die Natur des Menschen
BeitragVerfasst: Mo 23. Jan 2023, 22:14 
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Über die Natur des Menschen
O ihr armen, elenden Menschen, ihr unsinnigen Völker, ihr Nationen, die auf euer
Unglück versessen und für euer Heil mit Blindheit geschlagen seid, ihr laßt euch das schönste Stück eures Einkommens wegholen, eure Felder plündern, eure Häuser
berauben und den ehrwürdigen Hausrat eurer Väter stehlen! Ihr lebet dergestalt,
daß ihr getrost sagen könnt, es gehöre euch nichts; ein großes Glück bedünkt es
euch jetzt, wenn ihr eure Güter, eure Familie, euer Leben zur Hälfte euer Eigen
nennt; und all dieser Schaden, dieser Jammer, diese Verwüstung geschieht euch
nicht von den Feinden, sondern wahrlich von dem Feinde und demselbigen, den ihr so groß machet, wie er ist, für den ihr so tapfer in den Krieg ziehet, für dessen Größe ihr euch nicht weigert, eure Leiber dem Tod hinzuhalten. Der Mensch, welcher euch bändigt und überwältiget, hat nur zwei Augen, hat nur zwei Hände, hat nur einen
Leib und hat nichts anderes an sich als der geringste Mann aus der ungezählten
Masse eurer Städte; alles, was er vor euch allen voraus hat, ist der Vorteil, den ihr ihm gönnet, damit er euch verderbe. Woher nimmt er so viele Augen, euch zu
bewachen, wenn ihr sie ihm nicht leiht? Wieso hat er so viele Hände, euch zu
schlagen, wenn er sie nicht von euch bekommt? Die Füße, mit denen er eure Städte niedertritt, woher hat er sie, wenn es nicht eure sind? Wie hat er irgend Gewalt über euch, wenn nicht durch euch selber? Wie möchte er sich unterstehen, euch zu
placken, wenn er nicht mit euch im Bunde stünde? Was könnte er euch tun, wenn ihr nicht die Hehler des Spitzbuben wäret, der euch ausraubt, die Spießgesellen des Mörders, der euch tötet, und Verräter an euch selbst? Ihr säet eure
Früchte, auf daß er sie verwüste; ihr stattet eure Häuser aus und füllet die
Scheunen, damit er etliches zu stehlen finde; ihr zieht eure Töchter groß, damit er der Wollust fröhnen könne; ihr nähret eure Kinder, damit er sie, so viel er nur kann,
in den Krieg führe, auf die Schlachtbank führe; damit er sie zu Gesellen seiner
Begehrlichkeit, zu Vollstreckern seiner Rachbegierden mache; ihr rackert euch zu
Schanden, damit er sich in seinen Wonnen räkeln und in seinen gemeinen und
schmutzigen Genüssen wälzen könne; ihr schwächet euch, um ihn stärker und straff zu machen, daß er euch kurz im Zügel halte: und von so viel Schmach, daß sogar das Vieh sie entweder nicht spürte, oder aber nicht ertrüge, könnt ihr euch frei machen, wenn ihr es wagt, nicht euch zu befreien, sondern nur es zu wollen. Seid
entschlossen, keine Knechte mehr zu sein, und ihr seid frei. Ich will nicht, daß ihr ihn verjaget oder vom Throne werfet; aber stützt ihn nur nicht; und ihr sollt sehen, daß er, wie ein riesiger Koloß, dem man die Unterlage nimmt, in seiner eigenen Schwere zusammenbricht und in Stücke geht.

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Und sollte ich vergessen haben, jemanden zu beschimpfen, dann bitte ich um Verzeihung!
Johannes Brahms


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