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 Betreff des Beitrags: Ich halte Dich
BeitragVerfasst: Fr 17. Sep 2021, 16:49 
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Ich halte Dich

Ich halte Dich, fest graben sich meine Hände in Deine Haut. Rau ist sie, alt ist sie. Ich kann Dich riechen, so unnachahmlich Dein Duft.

Wieder einmal rinnen meinen Tränen über Deinen Leib. Sie werden nicht ausreichen Deinen Durst zu löschen. Sie haben verboten Dich zu tränken und jene eingesperrt, die es dennoch wagten. Die letzten Gerechten, die letzten Mutigen, die letzten Mitfühlenden, die letzten Bewahrenwollenden, sie sind gefallen, so wie all die Deinen vor ihnen.

Ich schaue in dümmliche Gesichter, in leeren Augen, betrachte mir die seelenlosen Hüllen, reine Befehlsempfänger ohne jedweden eigenen Willen, absolut nichts hinterfragend.

Beton um Dich herum, flächendeckende Versiegelung, Grau, kalt, leblos. Sie erfassen Deine Schönheit nicht, bereifen nicht den Sinn Deines Überlebens. Du bist der Letzte! Dich zu bewahren stehe ich hier. Angekettet an Deinen Leib trotze ich ihren Sägen und Äxten.

Eingekreist haben sie uns. Wütende Stimmen. Die Meine ist verstummt, zu viele Worte die keinen fruchtbaren Boden gefunden haben auf dem sie hätten gedeien können, denn auch sie sind versiegelt, sind zubetoniert, sind kalt, leblos und Grau.

Sie passen in diese Welt, so, wie wir nicht mehr zu ihr gehören. Längst schon habe ich aufgehört zu hinterfragen, weshalb sie nicht begreifen wollen, weshalb sie sind, wie sie sind.

Obgleich wir die selbe Sprache sprechen, verstehen wir einander nicht, reden wir aneinander vorbei, sind wir uns fremd.

Ich spüre Deine Angst und dennoch versuchst Du mich zu trösten. Wisperworte an meinem Ohr, Deine Mörder können sie nicht vernehmen, zu lange bereits sind sie unempfänglich dafür. Dein warmer würziger Atem rieselt auf mich herab. Blätterschattenspiele auf meinem Gesicht. Sonnenpunkte huschen über meine Haut.

Kurz nur, die milchiggraue Masse, jene Wand aus immerwährender Verdunkelung, kann dieses wahrliche kurze Intermezzo nicht gutheißen.

Sie sehen meine Tränen, es rührt sie nicht, ebenso wenig wie die vielen unterschiedlich schweren Wunden, die Dir bereits zugefügt haben.

Schmerzen, wir leiden. Körperlich und seelisch. Verzweiflung! Ich deute hinauf zu Deiner dichten Krone, zu Deinem einzigartigen Haupte. Sie werfen mit Steinen. Einige Deiner Blätter rieseln auf mich herab.

Einer der Geschosse schrammt dicht an meiner rechten Schläfe vorbei. Du bist noch stark, der Stein prallt an Dir ab, ohne eine Schaden zu hinterlassen.

Ich fühle mich Dir so nah. Wenn Du bleiben dürftest, würde auch mich gern mit Deiner Haut bekleiden, würde ich gern ein Teil von Dir werden, so jedoch kann ich einzig meine Seele mit der Deinen verbinden.

Ich versuche es ein allerletztes Mal und biete ihnen mein Haus, all meine Sachen, mein Geld, damit sie Dich am Leben lassen, damit Du bleiben darfst.

Jedoch, Du sollst und musst weichen für den allerletzten Mast, sie wollen den Kreislauf der vollständigen Überwachung gewährleisten. Die bereits hochgradig verstrahlte Masse giert nach 5G. Man hat ihr eingeredet, alles, ihr scheinbar bequemes Leben, würde zusammenbrechen.

Sie zerteilen die Kette, reißen mich weg, treten mich nieder. Der Klang der Kettensägen übertönt meine Schreie.

Hilf-und machtlos, bin ich gezwungen mit anzusehen, wie sie Dich gefühllos fällen, Dich zerstückeln und verbrennen.

Tanzend und lachend trampeln sie auf Deinen Blättern herum. Das letzte Grün, der allerletzte Farbtupfer, oh, diese indoktrinierten Narren, sie wissen nicht was sie tun.

Sie begreifen nicht, weshalb ich weine, weshalb ich zusammengebrochen bin.

Die grausige Aktion entwickelt sich zu einem spontanen Volksfest. Sie fressen und saufen, geben sich all ihren Gelüsten hin, bewerfen sich mit Deiner Asche und baden darin.

Mörder! Mörder! Mörder!

Ich liege da, mitten unter ihnen, zusammengerollt in meinen, hauptsächlich seelischen Schmerzen. Unter mir, einen Deiner Scheite, den Einzigen, den ich habe bewahren können. Tröstend drückt sich Deine Borke in meine Hand.


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„Verunglimpfungen sind für den, der sie ausspricht, schimpflicher als für den, dem sie gelten“. :jahaaa
(Plutarch von Chäronea)


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