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 Betreff des Beitrags: Sprich es aus!
BeitragVerfasst: So 30. Mai 2021, 11:14 
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Sonntagspoesie

Sprich es aus!

Ich habe überlebt, wieder einmal. Erneut ein Busunfall, ich als einzig Verschonte. Körperlich auf dem Weg der Besserung, streikt meine Seele, knüpft an, an die hinter mir liegende dreijährige Sprachlosigkeit, in die ich mich als Zehnjährige flüchtete.

All das Blut, all die abgerissenen Köpfe und Gliedmaßen, all die schreckgeweiteten Augen, all die fürchterlichen Schmerzensschreie, ehe alles verstummte.

Du hast mich herausgeführt, mich ins Leben, in die Realität zurückgeleitet, mir meine Stimme zurückgegeben. Dann bist Du gegangen, einfach so verschwunden, hast mich zurückgelassen, mir die Erinnerungen an Dich genommen.

Doch seit drei Wochen weiß ich, Du hast existiert. Ja, es hat Dich gegeben, wir sind einen Teil des Weges zusammen gegangen.

Ich habe Dich so sehr vermisst!

Nun bist Du, so, wie es sein soll, hier, wieder hier bei mir. Nicht dort draußen in der Realität, sondern in dem von mir geschaffenen inneren Rückzugsort. Einzig hier bist Du präsent, einzig hier vermag ich Dich zu sehen, mit Dir zu kommunizieren.

Dein Name, er will mir noch immer nicht einfallen. Was Du tust, das tust Du richtig.

Ja, Du hast mich den Unfall vergessen lassen, hast das Trauma, das meine Seele besetzte, abgekoppelt, es in der hintersten Schublade meines Erinnerungsschrankes fest eingeschlossen, hast mir die Normalität zurückgegeben. Jedoch, um welchen Preis?

Schöne Erinnerungen löschen, Dich auslöschen, wie konntest Du nur?

Ich berühre Deine Wange und kann Dich tatsächlich fühlen. Dein Gesicht, jede Unebenheit, jede Sommersprosse, jede Falte, jede Narbe ist mir so vertraut. Ich schaue und taste, Du lässt mich gewähren.

Deine Fingerkuppen an meinem Kinn, die Hornhaut, sie ist noch vorhanden, Du spielst also noch immer Gitarre, Du mein Lehrer, mein Mentor – Ich vermisse unsere Klavierstunden. Ich vermisse Deine Finger auf Meinen, Dein warmer Atem in meinem Ohr, ich zwischen Dir und der Gitarre. Doch Du weißt so gut wie ich, die Musik ist nicht das Einzige, das uns verbindet.

Freunde, wir waren und sind, beste Freunde. Heute, jetzt gerade, sehe ich Dich in einem anderen Licht. Ich möchte mehr. Mehr sein, als nur das stumme, verletzliche Kind, das Du gerettet hast. Bemerkst Du, das ich erwachsen geworden bin?

Dein Abschiedskuss, ich spüre ihn noch immer auf meiner Stirn. Oh, wie sehr sehnen sich meine Lippen nach Deinen.

Glücklich soll ich werden, gabst Du mir mit auf den Weg ins vertraute Unbekannte. Und auch jetzt wünschst Du Dir für mich alles Glück der Welt, denn, wieder einmal soll ich zurückkehren in die Realität – Oh, wie sehr fürchte ich dieses Gefängnis aus Leiden, Schmerzen, Sehnsüchten und Qualen!

Ich bade im Blau Deiner Augen. Eisblau, manchmal gletscherfarben, im Moment jedoch Taubenblau – Wandelbar je nach Lichteinfall, Deiner momentanen Stimmung geschuldet - Jedoch Meeresblau und, das weißt Du, dieses einzigartige Meeresblau, es soll den ganzen Tag auf mir liegen!

Du wünschst mir Glück! Was, wenn ich alles Glück der Welt schon besitze? Wenn es bereits mir gehört? Was, wenn dieses Glück, sprich, was, wenn ihr beide blind seid, ihr nicht bemerkt, dass ihr zu mir gehört?

Was, wenn ihr den Grund nicht erkennt, weswegen ihr mich immer wieder verlasst, ihr euch jedes Mal erneut von mir entfernt?

Weshalb kannst Du nicht darauf vertrauen, dass ich weiß, dass ich mir sicher bin, dass ihr, dass Du, einzig und allein mir, mir ganz allein, gehört?

Glück sollte nicht, sollte wirklich niemals, unglücklich machen! Es sollte keine Pakte für die Zukunft schließen, wenn es bereits jetzt und hier an der einzig richtigen Stelle verweilt!

Glück, es trägt Deinen Namen! Darf das Glück, darfst Du, denn nicht auch glücklich sein?

Dort draußen, außerhalb der Zeit, außerhalb von mir, ohne Dich, nur mit mir allein, werde ich verzweifeln, werde ich alles andere als glücklich sein!

Henriette Hermann, [30.05.21 11:50]
Dort draußen in der Kälte, in die Dunkelheit verbannt, an all meine schrecklichen Erinnerungen gefesselt, gekettet an meine Seelenschmerzen, von meinen Gedanken gemartert, ich sei der personifizierte Tod, öffne ich Selbigen Tür und Tor, denn, immer und immer wieder bin ich die einzig Überlebende - Sag, bin ich ein Massenmörder, bin ich verflucht?

Und, wieder einmal bittest Du mich darum zurückzukehren! Ich fürchte mich davor! Verstehst Du mich? Unglücke, ich ziehe sie regelrecht an! Ich bin der Tod, Du jedoch, Du bist das Heil!

Ich umarme Dich, mag Dich nicht loslassen, Dich niemals wieder hergeben. Dein Atem umschließt meine fiebrig heiße Haut. Ummantelt von Deinem, von mir so schmerzlich vermissten Geruch, teilen wir gedanklich unsere gemeinsamen Erinnerungen. Oh, wie sehr möchte ich neue Erinnerungen schaffen.

Sieh mich an, bitte, schau mich an! Betrachte mich mit anderen Augen! Das Kind, welches ich einmal war, darf und soll unbedingt in Dir weiterleben.

Im Nachhinein betrachtet, erscheint es mir kinderleicht, mich ins Leben zurückzuführen, obgleich es für Dich geistige, emotionale und körperliche Schwerstarbeit war. Tag und Nacht warst Du präsent, ich habe Dich beansprucht, jede einzelne Sekunde lang.

Es tut mir nicht Leid - Nein, das tut es nicht, denn damals ist gewachsen, ist entstanden, was ich heute fühle.

Bitte, lass auch Du es zu!

Dieser Pakt, den Du mit mir schließen möchtest, ich gehe darauf ein. Jedoch, er sollte auf Gegenseitigkeit beruhen. Ich werde meine innere Zuflucht verlassen, werde mich dem äußeren Leben stellen, wenn Du Dir und mir eingestehst, was ich in Deinen Augen lesen kann, was mir Dein Körper verrät, was Deine Gesten mir mehr als nur deutlich vermitteln, was Deine Lippen, die mein Handgelenk liebkosen himmlisches verheißen.

Sag es, sprich aus! Ich traue mich: „Ich liebe Dich! Ich liebe Dich!“


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Und sollte ich vergessen haben, jemanden zu beschimpfen, dann bitte ich um Verzeihung!
Johannes Brahms


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